Berlin

Müllhalde in Ghana wird Unicef-Foto des Jahres

Auf einer Müllhalde hält ein Junge die Reste eines Bildschirms in die Höhe: Mit dieser Aufnahme aus der Giftmüllhalde Agbogbloshie in der Nähe von Ghanas Hauptstadt Accra hat der Deutsche Kai Löffelbein (30) den internationalen Unicef-Wettbewerb «Foto des Jahres» gewonnen.

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Das Bild zeige «die Schattenseite des technologischen Fortschritts: Wie Elektroabfall eine Bedrohung für das Leben von Kindern auf anderen Kontinenten werden kann», würdigte Unicef-Schirmherrin Bettina Wulff das preisgekrönte Bild des in Siegen geborenen Fotografen am Dienstag in Berlin. Nach UN-Schätzungen werden allein aus Deutschland jährlich etwa 100 000 Tonnen Elektromüll nach Afrika verschifft.

Für Unicef das «Foto des Jahres». Kai Löffelbein (30) hat das Bild auf der Giftmüllhalde Agbogbloshie in der Nähe von Ghanas Hauptstadt Accra gemacht. Auf seiner Seite hat er in einer Galerie mit dem Namen „Kids of Sodom“ noch weitere eindruckvolle Aufnahmen von dort. Seine Bildreportage zeigt, was aus dem europäischen Elektrokonsum wird: Der Schrott landet in Afrika, zum Beispiel Ghana. Junge Menschen schlachten ihn dort aus. Beim Schmelzen der Edelmetalle auf offenem Feld entstehen hochgiftige Dämpfe.

Kai Löffelbein

Den 2. Preis erhält der Spanier JM Lopez: Seine Bilder zeigen, wie chronische Mangelernährung die Kinder in Ostguatemala zeichnet. Der Klimawandel lässt die Böden austrocknen, eine Agrarreform fehlt.

JM Lopez

Kinderlähmung und die in Nigeria politisch umkämpfte Impfung dagegen sind das Thema der US-amerikanischen Fotografin Mary F. Calvert. Weil Muslime befürchteten, der Westen wolle mit der Impfung AIDS verbreiten oder Frauen unfruchtbar machen, sind jetzt 3000 Kinder mit dem Polio-Virus infiziert. Ein Umdenken hat begonnen.

Mary F. Calvert

Sie leben in Sibirien, sind noch Kinder und träumen davon, als Topmodel die Mode-Metropolen der Welt zu erobern. Manche der zarten Teenager werden sich in der brutalen Welt des schönen Scheins sogar durchsetzen. Der Preis dafür wird allerdings hoch sein – das verdeutlicht die Londonerin Anastasia Taylor-Lind (ehrenvolle Erwähnung der Jury).

Anastasia Taylor-Lind

In permanenter Angst und Unsicherheit leben die Roma in Rumänien: Auf dem mühsamen Weg aus der kommunistischen Diktatur in die freie Marktwirtschaft suchen viele einen Sündenbock. Wie unangepasste Menschen am Rand der Gesellschaft leben (müssen), zeigt der Rumäne Mugur Varzariu – dafür von der Jury lobend erwähnt.

Mugur Varzariu

Waisenkinder sind eng aneinander gelegt, damit sie sich im kalten Raum gegenseitig wärmen. Doch internationale Hilfe lässt die nordkoreanische Regierung nur in wenigen Ausnahmen zu. Die Folgen, vor allem Kleinwüchsigkeit unter Kindern, dokumentieren die Fotos des deutschen Fotografen Jürgen Escher – ehrenvoll erwähnt.

Jürgen Escher

Gestrandet nach den Fluten: Der Italiener Luca Tommasini zeigt, wie die Menschen nach den immensen Überschwemmungen in Pakistan wieder Boden unter die Füße zu bekommen versuchen – bis die nächste Flut kommt: Ehrenvolle Erwähnung.

Luca Tommasini

Disziplin und patriotische Gesinnung stehen hier hoch im Kurs: Der Moskauer Fotograf Sergey Kozmin hat die „Moskauer Pension der staatlichen Zöglinge“ porträtiert – eine Kadettenschule für Mädchen vom 5. bis zum 11. Schuljahr. Von offizieller Seite werden sie gern als die „kleinen Beschützer des russischen Vaterlandes“ gelobt.

Sergey Kozmin

Somalia ist ein Epizentrum der Krise – ein Viertel der Bevölkerung hat allergrößte Überlebensnot. Doch viele Hilfsorganisationen haben sich zurückgezogen, weil die politische Lage zu unsicher ist. Diesem Leben nähert sich Jan Grarup mit zurückhaltendem Blick. „Ich könnte die Lage vor Ort auf eine Art fotografieren, die so grausam ist, dass der Betrachter sich abwendet. Aber das würde den Flüchtlingen nicht helfen", sagt der Norweger – von der Jury ehrenvoll erwähnt.

Jan Grarup

Der zweite Preisträger des Wettbewerbs, der Spanier JM Lopez, dokumentiert die Auswirkungen der Unterernährung im Osten Guatemalas für die Zukunft dieser und der nächsten Generation. Für ihre Arbeit in Nigeria wurde die amerikanische Fotografin Mary F. Calvert mit dem dritten Preis ausgezeichnet. Sie zeigt Kinder in Nigeria, die gegen Kinderlähmung geimpft werden.

Löffelbein ist Student der Fotografie an der Hochschule Hannover und zwölfter Preisträger des seit dem Jahr 2000 international ausgeschriebenen Wettbewerbs. In diesem Jahr hatten 119 von Experten nominierte Fotografen aus 32 Ländern insgesamt 1228 Bilder eingereicht.