Mädchen auf Y-Titty-Konzert: „So schön in echt wie im Internet“

Foto: Sarah Kern

Philipp Laude, Matthias Roll und Oğuz sind im Netz besser bekannt als Phil, TC und OG und betreiben den erfolgreichsten deutschen YouTube-Kanal: Y-Titty. Seit Samstag tourt die Band durch Deutschland. RZ-Mitarbeiterin Sarah Kern war beim Konzert in Frankfurt dabei.

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Von Sarah Kern

Normalerweise ist doch alles anders. An so einem Konzertabend. Es ist kurz nach 18 Uhr, also die Zeit, zu der man sich üblicherweise den Lidstrich zieht und sich zur Konzertmusik schon mal einstimmt. Aber mein Freund und ich sind tatsächlich schon die Letzten, die ins Kulturzentrum Batschkapp in Frankfurt zum Y-Titty-Konzert hetzen. Ob wir auch was zu Trinken dabei haben? Und der Türsteher knetet auch schon meine Tasche. Da in der Ecke stapeln sich dreihundert Flaschen, aber nicht Wein- oder Bier. Limo und Apfelsaftschorle.

An einem Bartisch im Vorraum lehnt ein Mann. In den Vierzigern. Er liest eine Sonntagszeitung. Ansonsten ist der Bereich, wo man sich doch normalerweise bei einem Konzert zum Plaudern trifft, so einsam, dass man perfekt eine Parallelveranstaltung starten könnte. Eine Party für Erwachsene. Dass das Konzert der Newcomer Y-Titty ausverkauft ist, 1500 überwiegend acht bis 16-jährige Mädchen sich in der Batschkapp befinden und eine Band hypen, die im Internet auf YouTube startete, würde man in diesem Vorraum nicht glauben, wenn man keine Ohren hätte. Die Mädchen kleben schon seit 18 Uhr an dem Geländer vor der Bühne und kreischen um ihr Leben.

„Die Tour ist so gut wie ausverkauft“, erklärt Marina Brunner, Tourmanagerin von Y-Titty.
Für sieben von zwölf Konzerten gebe es keine Karten mehr.

„Meine Tochter ist da drin, sie steht ganz vorne“, erzählt Rainer Schädlich (44), der Mann vom Bartisch. Seine Stirn ist gerunzelt, seine Augen gucken belustigt. Und das Mädchengekreische übertönt locker das Bassgewumme. „Lisa ist 14 und kennt Y-Titty seit drei Jahren, ich finde das gut, dass sie diese Musik mag, die Jungs sind lustig. Das ist besser, als wenn Lisa ganz in schwarz gekleidet rumlaufen würde“, fügt er hinzu.

Und klar, er hat sich die Jungs natürlich auch schon oft auf YouTube angesehen. Aber da mit reingehen, hinter die verschlossen Türen, in den Konzertsaal, wo so geschrieen wird, als würde man kleine Kälber schlachten, das will er dann doch nicht.

Wir, so in den Dreißigern, hätten uns das auch besser zweimal überlegen sollen. Besser wären wir im Vorraum geblieben. Hätten da Rad geschlagen und uns weiter mit dem sympathischen Vater, der seine Tochter zu Konzerten fährt, über das Leben unterhalten. Aber wird sind dann rein gegangen in das Mädchengedränge und Geschubse. Zwischen bunte Plakate, geflochtene Zöpfe und Zahnspangen.

„Mit denen kann man sich so gut identifizieren, sie sind meine Vorbilder“, schreit Celina (11) glücklich. Und sie formt ihre Hände zu einem Trichter, weil es so laut ist und sie die Frage nicht richtig verstehe kann. Dabei muss sie aber aufpassen, dass ihr Smartphone nicht runter fällt.

Y-Titty sind vor allem beliebt wegen ihrer Parodien auf bekannte Hits, wie zum Beispiel auf Gotyes „Somebody that I used to know“. Und die Lieder singen auch alle mit. Wir verstehen an dieser Stelle nicht, warum Parodien Vorbilder sein sollen. Aber vielleicht meint Celina mit Vorbilder auch das Motto ihrer Generation, für das auch Y-Titty stehen: YOLO (You Only Live Once – Du lebst nur einmal).

Y-Titty hatten in Köln ihren Tourneeauftakt. In Frankfurt ging es weiter. Und dann sollte es nach Norden gehen. Wir waren gespannt. Ob sie auch nach Bremen gehen würden? Sicher.

Sarah Kern

Sarah Kern

Sarah Kern

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Philipp Laude, Matthias Roll und Oğuz Yılmaz alias Y-Titty sind erst 22 Jahre jung und legen auf der Bühne jedenfalls eine beeindruckende Show hin. Wenn man bedenkt, dass sie eigentlich aus dem Internet kommen, von Bühnenperformance so gut wie keine Ahnung haben und eigentlich auch keine richtige Musik machen.

Und: „Sie sind auch so schön“, schwärmt Tabea (12), „so schön in echt wie im Internet“. Und sie hält ein rotes Pappherz in die Luft. Darauf steht in Mädchenschönschrift: „I love you TC“.

Jetzt sind wir ein wenig beruhigt. Versöhnt sozusagen. Im Grunde handelt es sich am Ende um eine ganz normale Teenieband. Um ein Teeniekonzert. Vergleichbar mit „Take That“ – damals, als ich in der ersten Reihe stand und meine Eltern draußen auf mich warteten.

Das Besondere ist, dass wir jetzt im Jahr 2014 sind. Und Karrieren im Netz starten. So läuft das eben. Von YouTube in die Konzertsäle. Und dann? Wir sind gespannt.