Im Phantasialand wird’s einem warm ums Herz

Im Phantasialand wird’s einem warm ums Herz
Ein Rausch für die Sinne: Auf dem neuen Kaiserplatz dreht sich ein Kettenkarussell inmitten von Wasserspielen. Foto: Michael Defrancesco

Es gibt wohl keinen anderen Freizeitpark der Region, der die Kindheitserinnerungen so vieler geprägt hat. Im Phantasialand fuhren sie durchs Drachenmaul in die Welt von Tausendundeiner Nacht, hier trieben sie in Blütenkelchen übers Wasser, hier flogen sie mit „Galaxy“ ins Weltall, rasten mit den Bobbahnen durchs Gebirge, fuhren im Wikingerboot an Nilpferden vorbei und flanierten durchs Brandenburger Tor.

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Es gibt wohl keinen anderen Freizeitpark der Region, der die Kindheitserinnerungen so vieler geprägt hat. Im Phantasialand fuhren sie durchs Drachenmaul in die Welt von Tausendundeiner Nacht, hier trieben sie in Blütenkelchen übers Wasser, hier flogen sie mit „Galaxy“ ins Weltall, rasten mit den Bobbahnen 1 und 2 durchs Gebirge, sangen mit dem Igel im Tanakra-Theater.

Sie liebten die Delfinshow mit Eddie van Stijn, genossen Zauberei, Swing und Showgirls im „Wintergarten“, fuhren im Wikingerboot an Nilpferden vorbei und im Phantasialand-Jet über alle Länder hinweg und flanierten durchs Brandenburger Tor. Und sie erschraken, als sie zusehen mussten, wie eine Kindheitserinnerung nach der anderen abgerissen wurde. Und obendrein ein neuer Schriftzug erfunden wurde.

Im Phantasialand hat sich viel geändert. Sehr viel. Und nicht jede Neuerung wurde mit Applaus begrüßt: Vieles schien nicht durchdacht. Es wurde zu wenig für Familien gebaut, zu viel in Thrill investiert. Aber wer in diesem Winter den Themenpark in Brühl bei Köln betritt, verliert sein Herz wieder. Die Operation hat wehgetan, ja, aber das „neue“ Phantasialand, das sich jetzt in Schnee und Lichterglanz präsentiert, hat seine Seele wiedergefunden.

Denn: Die Atmosphäre stimmt! Freundliche und kompetente Mitarbeiter begrüßen die Gäste, die Straßen von Berlin und Wuze Town sind mit Schauspielern belebt, es spielt eine Big Band auf, es ist sauber und zum Wohlfühlen, es duftet nach Waffeln und Weihnachten. Man kann auf einmal wieder flanieren, genießen, auf dem neuen Kaiserplatz den Kindern beim Schlittschuhlaufen zusehen – zu Hause sein. Wie früher.

Jagd auf die Mäuse

Und mit „Maus au Chocolat“ gibt es endlich auch wieder eine neue Attraktion, die einfach alle Besucher anspricht. Auf hohem technischen Niveau wurde gebaut, schon der Wartebereich liebevoll und detailliert gestaltet: Es geht in eine alte Berliner Konditorei mit einem großen Problem. Mäusebefall! Also müssen die Fahrgäste in kleine Wägelchen einsteigen und mit einem Spritzbeutel als Waffe die Mäuse, die sich überall tummeln, mit Schokokugeln beballern und verjagen. All dies ist ein fulminanter 3-D-Effekt, eine einzigartige Mischung aus Film und sich bewegender Bahn. Und weil es für jede verjagte Maus Punkte gibt, muss man einfach mehrmals hintereinander fahren und mit jedem Mal besser werden.

Danach trennt man sich, die Abenteuerfans ziehen weiter zu „Talocan“. Das ist wintertauglich, weil feurig und heiß. Aber Vorsicht: Hier sollten sich wirklich nur diejenigen anstellen, die die Welt gern auf dem Kopf stehen sehen – und sich nicht um die eigene Frisur scheren. Unaufhörlich dreht sich die Gondel an einer Schaukel bis in 18 Meter Höhe und wieder hinunter – und gleichzeitig um die eigene Achse. Und als wäre das noch nicht genug, schleudert „Talocan“ den Besucher auch noch gefühlte Millimeter an Felswänden und Feuerfontänen vorbei.

Ganze 120 Sekunden dauert eine Fahrt. Man sollte es sich also gut überlegen, bevor man in einer der beiden Sitzreihen Platz nimmt. Denn wer das Gerüttel nicht verträgt, dem wird die Fahrt schnell endlos lang.

Die „Black Mamba“ macht ihrem Namen alle Ehre: Wie eine Schlange schlängelt sich die Achterbahnstrecke durch die aufwendig gestaltete Themenwelt „Afrika“. Von der bekommt man während der Fahrt allerdings wenig zu sehen. Mit 80 km/h in der Spitze saust die Achterbahn durch enge Kurven, Looping und Schraube. Die Züge fahren dabei nicht auf der Strecke, sondern sie hängen darunter – und die Beine der Mitfahrer baumeln frei unter den Sitzen. Auch Nicht-Achterbahnfans sollten aber einmal eine Fahrt wagen, denn das typische Achterbahnruckeln gibt es nicht. Die Bahn gleitet gleichmäßig über die Strecke. Und da diese gerade einmal 800 Meter kurz ist, wird der, dem sich der Magen umdreht, auch schnell wieder aus dem Sitz befreit: Nach nur 47 Sekunden ist die Fahrt schon wieder vorbei. Ein kurzes Vergnügen – zu kurz, wenn man dafür an Tagen mit vielen Besuchern lange anstehen muss.

Das „Mystery Castle“ ist der Freefall-Tower, aber nicht nur das: Bevor es in den 65 Meter hohen Turm geht, durchläuft man die gruselige Burg, in der hinter so mancher Ecke ein Gespenst darauf wartet, dem Besucher noch mehr Angst einzujagen. Ist das geschafft, nimmt man in einer der sechs Gondeln Platz, um erst einmal in völliger Dunkelheit und mit einem lauten Zischen bis an die Decke des Turms geschossen zu werden.

Im freien Fall geht’s wieder hinunter – und noch mal hinauf – und wieder hinunter. Im Gegensatz zu anderen Freefall-Towern können hier aber auch Menschen mit Höhenangst mitfahren – denn sehen kann man im dunkeln Turm von „Mystery Castle“ ohnehin nichts.

Perfekt für den Winter sind die beiden Achterbahnen in Wuze Town, denn „Winja’s Fear“ und „Winja’s Force“ fahren durch eine Halle. Gemütlich ist trotzdem etwas anderes: Denn die Wagen der Achterbahn fahren nicht nur ruckelnd durch enge Kurven, sondern drehen sich während der Fahrt auch noch um die eigene Achse und kippen nach vorn oder zur Seite weg.

Ein Hoch auf die Klassiker

Die Familien besuchen indessen die beiden Klassiker: Die „Geisterrikscha“ dreht wie seit Jahrzehnten unverdrossen ihre Runden durch die chinesische Unterwelt, die Wagen der „Silbermine“ rattern durch ein mexikanisches Dorf. Und die Kinder fahren mit dem neuen „Würmling Express“, heizen mit Motorschlitten über einen Schneeparcours und lassen sich kostenlos als Einhörner schminken.

Showfans unterhalten sich bestens im „Wintergarten“ bei der neuen Show „Crazy Christmas“. Ja, auch hier ist der neue Geist zu spüren. Wie oft hatte das Phantasialand in den vergangenen Jahren Durchschnitt auf seinen Bühnen gezeigt. Doch jetzt stimmt der Spaßfaktor wieder – und am Ende schallt lauter Applaus durchs Gemäuer. Die Abendshow „Die magische Rose“ holpert hingegen noch dank einer simplen Geschichte voller Längen, doch wird der Besucher durch ein großes Feuerwerk entschädigt.

Und jetzt? Die Bagger haben das schiefe Haus, die „Casa Magnetica“ abgerissen. Aber das ist kein Grund zur Panik mehr. Denn man glaubt wieder, dass das Phantasialand weiß, was es tut.

Von unseren Reportern Michael Defrancesco und Anna Lampert