Berlin

Fürs „YouTube“-Orchester online vorspielen

„Übe! Übe, übe, übe – bis du umfällst!“ Es sind Musiker großer Orchester, die diesen eindringlichen Aufruf via Internetvideo an Musiker in der ganzen Welt richten: „Lad’ dir deine Noten runter, dann übe deinen Teil. Und dann nimmst du dich auf Video auf und bewirbst dich.“ In diesen Tagen startet dieses globale Vorspiel in der digitalen Welt des Internets. Gesucht werden wieder Musiker aus aller Welt für das zweite „YouTube“-Orchester.

Lesezeit: 2 Minuten
Anzeige


Die größte Internetvideoplattform des Planeten startet wieder eine Initiative in der Welt der klassischen Musik – eine Wiederholung des gelungenen Experiments von vor zwei Jahren. Wieder können sich alle bewerben, die ein Instrument spielen und Spaß daran haben, ihr Können zu zeigen und sich mit anderen Talenten vom ganzen Globus auszutauschen. Wieder wird es ein Konzert geben: Nachdem 2009 das „YouTube“-Orchester in der Carnegie Hall in New York auftrat, geht es diesmal nach Australien: Im März 2011 soll das internationale Ensemble im Opernhaus von Sydney spielen.

„Bei ,YouTube’ gibt es eine gigantische Klassikgemeinde – auch wenn sie im gesamten Videoportal eher eine kleine Nische besetzt“, erklärt Oliver Klug von der Hamburger PR-Agentur a+o, die das Projekt begleitet. „Millionen von Menschen hören Klassik oder spielen sogar ein Instrument. Ihnen bieten wir eine wichtige Plattform.“ Künstler zusammenführen, Aufmerksamkeit auf die vor allem in den elektronischen Medien oft stiefmütterlich behandelte klassische Hochkultur lenken: Das sind Ziele des Projekts, das vom London Symphony Orchestra, den Berliner Philharmonikern und der Sydney Symphony unterstützt wird.


So funktioniert das virtuelle Vorspielen: Auf der „YouTube“-Internetseite gibt es einen sogenannten Kanal für das Orchesterprojekt, in dem alle Informationen zusammenlaufen. Unter der Portaladresse gibt es Infos zum Projekt, Videos, in denen Musiker der beteiligten Orchester ermuntern und erklären, sowie die Noten für das Vorspiel zum Download. Sortiert nach Instrumenten erhält so jeder Interessent den Orchesterauszug, den er einüben soll. Wenn er sich bereit fühlt, setzt er sich vor seine Videokamera, spielt seinen Part und sendet das Video ein.


Eine Jury und die Internetnutzer beurteilen dann die Kandidaten und wählen diejenigen aus, die im März im realen Orchester mitspielen dürfen. Am Pult wird dann wieder der internationale Dirigentenstar Michael Tilson Thomas stehen, der auch schon in der Carnegie Hall die Netz-Talente anleitete.


Das Konzert in Sydney soll der Höhepunkt werden. Für Oliver Klug ist jedoch die Phase davor mindestens genauso spannend: „Das Internet bietet eine Möglichkeit, die es sonst nicht gäbe: Das Zusammenführen von Klassikfreunden aus aller Welt. Die Bewerbungsvideos werden veröffentlicht, und allein deshalb kommt es zum Austausch zwischen den Musikern. Da kann man dann zum Beispiel auch von anderen lernen und sich selbst weiterentwickeln.“


Und auch für die Orchester ist das Projekt ein willkommener Anlass, über das Web Aufmerksamkeit zu bekommen. „Viele Orchester stellen sich bereits online vor, stellen Konzerte ins Netz und kommen so an ihre Zuhörer“, sagt Klug. Von der Vernetzung des „YouTube“-Orchesters profitieren also auch sie. (Tim Kosmetschke)