Ach, Elise! Beethovens Berühmteste wird 200

War's nun für Elise, oder eher für Therese, war's für die Angebetete, die Freundin, die Muse - oder svchließlich gar nicht vom Meister selbst? Ach, Elise!
War's nun für Elise, oder eher für Therese, war's für die Angebetete, die Freundin, die Muse - oder svchließlich gar nicht vom Meister selbst? Ach, Elise! Foto: beethovenhaus-bonn.de

Dideldideldidel-Dideldumm – früher begann so das meistgespielte Klavierstück in deutschen Wohnzimmern, heute ist es einer der beliebtesten Klingeltöne. Am Dienstag wird Beethovens „Für Elise“ 200 Jahre alt.

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Bonn – Dideldideldidel-Dideldumm – früher begann so das meistgespielte Klavierstück in deutschen Wohnzimmern, heute ist es einer der beliebtesten Klingeltöne. Am Dienstag wird Beethovens „Für Elise“ 200 Jahre alt.

YouTube hat's: „Für Elise“ in allen Variationen

Jeder Klavierschüler fühlt sich ein bisschen wie Richard Clayderman, wenn er „Für Elise“ zum ersten Mal halbwegs hinbekommt. Für die robusteren Naturen unter uns: Das ist so wie Aufrücken in die B-Jugend. Das Stück heißt so, weil Beethovens Notenblatt die Aufschrift trug: „Für Elise am 27 April zur Erinnerung von L. v. Bthvn“. Da das Blatt im Jahr 1810 entstand, ist das also am Dienstag genau 200 Jahre her.

Jeder hatte seine ganz persönliche Elise

Ach, Elise! Generationen von pubertierenden Pianisten in spe haben sie vor ihrem geistigen Auge vor sich gesehen. Jeder hatte seine ganz persönliche Elise: eine wilde Fantasie mit langen schwarzen Haaren, oder eher ein Abbild der eigenen Klavierlehrerin mit strengem Zopf.

Wenn man romantischen Vorstellungen von Elise anhängt, sollte man ein Quellenstudium tunlichst vermeiden – das kann nur auf eine Enttäuschung hinauslaufen. Man kennt das ja: Das Lächeln der Mona Lisa soll an einer Gesichtslähmung liegen, der Erfinder von „Pu dem Bär“ war zu Kindern gemein.

Und Elise? Die gab's gar nicht.

Ludwig van Beethoven (1770-1827) war nie verheiratet, wohl ab und an unglücklich verliebt. Eine Elise war nicht dabei. Denkbar ist natürlich, dass Elise ein One-Night-Stand war, der in der Geschichte weiter keine Spuren hinterließ. Aber solch eine Bekanntschaft bedenkt man vielleicht eher weniger mit einem Klavierstück in a-Moll. Beethoven war Mittelklasse-Bürger, und sein Anspruch ging ins Höhere.

Die Biografen des Meisters haben längst eine wissenschaftlich trockene Erklärung gefunden: Demnach ist Elise ein Lesefehler. Da hat einfach einer nicht richtig hingeschaut. Seltsamerweise tauchte das „Für Elise“-Original erst lange nach Beethovens Tod zum ersten Mal auf. Der Musikwissenschaftler Ludwig Nohl (1831-1885) entdeckte es in einem Münchener Privathaus – und verbummelte es anschließend wieder. Herrschende Lehrmeinung ist: Wo Nohl „Elise“ las, stand in Wirklichkeit „Therese“.

Einer Therese von Malfatti machte Beethoven 1810 einen Heiratsantrag, das würde also passen. Man fragt sich nur: Wieso sollte Professor Nohl, der größte Beethoven-Experte seiner Zeit, so schlecht hingeschaut haben?

...oder vielleicht gab's sie doch?

Der Berliner Forscher Klaus Kopitz kam im vergangenen Jahr nun doch mit einer richtigen Elise, die man sich sogar auf einem Ölgemälde anschauen kann: Nach seiner Überzeugung handelt es sich bei der weltberühmten Unbekannten um die Opernsängerin Elisabeth Röckel (1793-1883), für ihre Freunde Elise. Sie war nachweislich ziemlich dicke mit Beethoven. Wie sie erzählte, konnte er es „in der Ausgelassenheit seines rheinischen Naturells“ nicht lassen, sie „zu stupfen und zu necken“ und „aus lauter Zuneigung immer in den Arm“ zu kneifen. Eine von ihr aufbewahrte Haarlocke des Kneifers befindet sich heute im Bonner Beethoven-Haus. Die meisten Experten sind von der Theorie aber nicht überzeugt.

Vielleicht ist sie gar nicht von Beethoven?

Wieder eine andere Idee kam dem italienischen Forscher Luca Chiantore. Er hat sich acht Jahre mit „Für Elise“ beschäftigt und meint: Das Stück ist gar nicht von Beethoven! Laut Chiantore fand Noll in dem Münchener Privathaus lediglich ein Skizzenblatt und schuf auf dieser Grundlage eine eigene Komposition.

Wie dem auch sei, die Tantiemen dieses einen Werkchens allein würden Beethoven heute zum x-fachen Millionär machen. Ironie des Schicksals, denn zeitlebens plagten ihn Geldsorgen. Gerade im Elise- Jahr 1810 fluchte er: „Hol' der Henker das Ökonomisch-Musikalische!“ Christoph Driessen, dpa

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