A-Rosa „Corona“: Kann man in diesen Zeiten eine Flusskreuzfahrt auf Rhein und Mosel unternehmen?
Unser Reisechef Michael Defrancesco hat sich das Hygienekonzept auf einer Flusskreuzfahrt angeschaut – an Bord der „A-Rosa Flora“, die auf dem Rhein fährt.
Ja, in Corona-Zeiten ist alles anders. Liebhaber von Schiffsreisen haben die Einschränkungen schmerzlich zu spüren bekommen. Die Hochseekreuzer, die Anfang des Jahres noch en masse über die Weltmeere schipperten, liegen irgendwo vor Anker oder an einem Pier – die weltweiten Häfen sind voll von geparkten Kreuzfahrtschiffen. Nur zaghaft beginnen die großen Reedereien wieder mit ersten Testreisen: Aida oder TUI Cruises fahren ohne Landgang ein paar Tage von deutschen Häfen aus raus aufs Meer.
A-Rosa gehörte zu den ersten, die sich auf dem Fluss wieder aus dem Lockdown trauten. Wir sind also neugierig, wie das Hygienekonzept aussieht – und vor allen Dingen interessiert es uns, ob es von den Passagieren angenommen wird.
Die Themen „Maske“ und „Abstand“ sind natürlich vor allen Dingen an Bord eines Schiffes wichtig. Auf der „Flora“ gilt daher die Regel: Wer auf dem Schiff im Innenbereich unterwegs ist, muss eine Maske tragen, die Mund und Nase bedeckt. Schummelversuche werden von der Crew rasch entdeckt und freundlich, aber bestimmt angesprochen: „Bitte ziehen Sie die Maske auch über die Nase.“ Da die Wege auf der „Flora“ aber überschaubar kurz sind, ist nicht genügend Nervpotenzial vorhanden. Heißt: Auf den paar Metern kann wirklich jeder problemlos Mund und Nase verhüllen – da lohnt der Aufstand nicht. Entsprechend hoch ist auch die Akzeptanz dieser Vorschrift unter den Gästen.
Sobald der Passagier dann Platz genommen hat – im Restaurant oder in der Lounge –, darf er die Maske ablegen, wieder frei durchatmen und sein Essen oder seinen Cocktail genießen. Auf dem Sonnendeck darf die Maske sogar auch beim Herumlaufen abgelegt werden – Bedingung ist allerdings, dass der Abstand zu den Mitreisenden eingehalten wird.
Abstand – die zweite große Regel an Bord der „Flora“. Kontaktfreudige Reisende müssen sich im Zaum halten: Man darf nur Personen aus dem eigenen Haushalt näher als 1,5 Meter kommen. Ansonsten bleibt es – so wie überall am Festland auch – beim Sicherheitsabstand. Dies funktioniert mal besser, mal schlechter. Beim Herumspazieren auf dem Schiff kreuzt man sich an engeren Stellen nur kurz – doch problematischer wird es, wenn man gemeinschaftsfördernde Erlebnisse hat. Wenn die „Flora“ an der Loreley vorbeigleitet, während Händels „Wassermusik“ aus den Lautsprechern schallt, dann kommen sich die Fotografen unter den Gästen auch schon mal näher als 1,5 Meter. Doch insgesamt ist zu beobachten, dass die Gäste sich immer wieder der Abstandsregel besinnen und erneut auf Distanz zueinander gehen. Am einfachsten ist das, wenn alle brav an den Tischen oder auf den Sonnenliegen bleiben: Denn die stehen in ordentlichem Abstand zueinander, sodass man davon ausgehen kann, dass nichts passiert.
Die größte Umstellung für Crew und Gäste ist das Essen. Normalerweise sind die A-Rosa-Schiffe Büfettschiffe – die Gäste können kommen und gehen, wann sie wollen, holen sich ihr Frühstück, Mittag- und Abendessen selbst und setzen sich an einen freien Platz. Dies würde unweigerlich zu Gedränge führen – geht also derzeit nicht.
Also gibt es Tischzeiten und feste Sitzplätze im Restaurant. Unsere Reise war die dritte Reise, die die „Flora“ überhaupt mit dem neuen Konzept unternahm – und schon auf dieser Reise lief der Service meist reibungslos. Positiv: Die Crew war bereit, sich auf Verbesserungsvorschläge einzulassen. Wie kann man der Familie helfen, die das Frühstück gern „süß“ beginnt und „herzhaft“ beendet – aber das frische Omelett kommt sofort, während der Nutella-Kellner lange auf sich warten lässt? Oder was macht die Familie mit kleinen Kindern, die einfach nicht beim Abendessen auf ihre Chicken Nuggets warten können, bis ihr Tisch an der Reihe ist?
Auch an Land zeigt sich, dass die touristischen Orte auf Gäste vorbereitet sind. Das weltoffene Rüdesheim empfängt die Passagiere mit dem Gruß „Gude! Abstand halten!“, der überall auf Aufklebern zu finden ist. Erstaunlich: Bei unserem Besuch ist die Drosselgasse fast wie ausgestorben.
Auch Bernkastel-Kues weiß mit den „Flora“-Passagieren umzugehen: Die Geschäftsinhaber haben überall in der Innenstadt Desinfektionsmittelspender aufgestellt, und die Besucher sind so aufeinander eingespielt, dass man wie von selbst in den engeren Gassen eine Vorfahrtsregelung einhält – ich bleibe stehen, komm du zuerst durch diese Gasse gelaufen.
In Cochem wandern die Gäste auf die Reichsburg, von Mehring aus lassen sie sich nach Trier chauffieren – auch im Bus sind die Sitze markiert, die freigehalten werden müssen. Und Mainz und Koblenz sind ohnehin gewohnt, mit vielen Menschen umzugehen – da fallen die gut 100 Gäste der „Flora“ nicht weiter auf.
Was die Loreley auf dem Rhein ist, das sind die vielen Schleusen auf der Mosel: eine Attraktion. Die Gäste der „Flora“ kommen aus ganz Deutschland und sind ganz aufgeregt, als sich das große Schiff unmittelbar hinterm Deutschen Eck auf die erste Schleuse zubewegt. Da bleibt so mancher Mund offen stehen, als die „Flora“ wie im Riesenfahrstuhl von einer Ebene auf die andere der Mosel gehievt wird. Und die Einheimischen hören amüsiert die Diskussionen, wie so etwas überhaupt funktioniert. Wie kann man einen Fluss so aufstauen, dass verschiedene Ebenen entstehen? Man ist sich einig: Es ist ein Wunder der Technik. Ein Wunder, das allerdings bald Alltag wird. „Ah, eine Schleuse“, brummt man, wenn sich beim Abendessen auf einmal die Fenster vor dem Restaurant verdunkeln.
Auf einem Schiff entsteht bald ein familiäres Gefühl. Auch auf den größten Kreuzfahrtschiffen begegnet man den immergleichen Passagieren immer wieder. Man nickt sich zu, man weiß voneinander. Und gerade zu Corona-Zeiten spüren alle Mitreisenden, wie wichtig es ist, Rücksicht aufeinander zu nehmen. Nach einer Woche auf dem Fluss nimmt man nur schweren Herzens Abschied voneinander – und man verneigt sich vor Crew und Mitreisenden wie die Japaner, um seine Wertschätzung und seinen Dank zu zeigen. Flusskreuzfahrt mit Hygienekonzept funktioniert – wenn alle mitmachen und sich umeinander kümmern. Wer gern auf dem Egotrip ist oder zu den Maskenverweigerern gehört, der sollte derzeit eher keinen Fuß an Bord eines Flusskreuzers setzen ...