Berlin/Brüssel
Willkommen in Deutschland

Endlich dürfen sie weiterreisen: Kinder winken zum Abschied aus Budapest. Hunderte Flüchtlinge aus Ungarn werden auch in Rheinland-Pfalz erwartet.

dpa

Berlin/Brüssel. Die Fernsehbilder von verzweifelten syrischen Bürgerkriegsflüchtlingen in Ungarn haben bei deren Ankunft in Deutschland eine Welle der Hilfsbereitschaft und Sympathie ausgelöst. Nach österreichischen Schätzungen reisten an diesem Wochenende rund 20 000 Flüchtlinge nach Deutschland - ein historischer Höchststand. Und überall wurden sie mit Beifall und Geschenken willkommen geheißen.

Von unserem Berliner Korrespondenten Gregor Mayntz

Unter diesem Eindruck traten am Abend die Koalitionsspitzen im Kanzleramt zusammen, um die nächsten Schritte zu besprechen. Union und SPD sind sich einig, durch eine Reihe von Rechtsänderungen sowohl die Unterbringung der Flüchtlinge zu erleichtern als auch die Bearbeitung ihrer Asylanträge zu beschleunigen. Zur Diskussion steht dafür auch eine Grundgesetzänderung. Am Grundrecht auf Asyl soll jedoch nicht gerüttelt werden, machte Bundeskanzlerin Angela Merkel klar. Bis zu weiteren Bund-Länder-Gesprächen am 9. und 24. September soll auch klar sein, mit wie viel zusätzlichen Milliarden sich der Bund an der Aufnahme der Flüchtlinge beteiligt. Nach aktuellen Schätzungen kommen auf Bund, Länder und Kommunen rund zehn Milliarden Euro zu.

In einer Telefonschalte hatten die Mitglieder des CSU-Präsidiums die zeitweise unbegrenzte Flüchtlingsaufnahme zuvor als „Fehler“ bezeichnet. Die Kanzlerin habe Ungarn aufgefordert, sich an die europäischen Regeln zu halten, daraufhin aber selbst diese Regeln aufgehoben, kritisierte CSU-Chef Horst Seehofer. Deutschland könne nicht fast alle Flüchtlinge aufnehmen, die in die EU strömten.

Merkel hatte das grüne Licht für alle Flüchtlinge an diesem Wochenende zuvor bereits als „Ausnahme“ angesichts der „Notlage an der ungarischen Grenze“ charakterisiert. Die österreichische Regierung kündigte an, nun Schritt für Schritt von Notmaßnahmen zur Normalität zurückzukehren.

Anders als aus der CSU bekam Merkel für die humanitäre Entscheidung Rückendeckung sowohl aus der CDU als auch von SPD, Grünen und Linken. Die sei angesichts der Situation in Ungarn die „absolut richtig“ gewesen.

Die EU-Kommission will am Mittwoch erstmals eine Liste mit sicheren Herkunftsländern von Flüchtlingen vorlegen. Wie die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ berichtete, stehen darauf die Staaten des westlichen Balkans wie auch die Türkei. Als weitere Maßnahme sollen Flüchtlinge nach einem festgelegten Schlüssel auf EU-Mitgliedsstaaten verteilt werden. Die Liste sicherer Herkunftsstaaten soll durch eine Verordnung im europäischen Recht verankert und somit für alle Mitgliedstaaten verbindlich werden. Bei Asylbewerbern aus diesen Staaten können die Verfahren dann beschleunigt werden. Deutschland führt bisher nur Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina als sichere Herkunftsländer. Ob Albanien, Montenegro und Kosovo so eingestuft werden, ist innenpolitisch umstritten.