Region
Wildschweine halten Flieger am Boden

Von Wildschweinen umgepflügte Wiesen und Äcker sind nur für die Borstentiere ein Vergnügen. Foto: Vollrath

Region. Wie die Vandalen ziehen ganze Wildschweinhorden seit Wochen über die Wiesen im Kreis Ahrweiler. Aus Weideland werden unbrauchbare Äcker, weil die Grasnarbe zerstört wird. Auch wenn die Bauern von den Jägern entschädigt werden, sind beide Seiten nicht glücklich. Denn trotz verstärkter Bemühungen, die Zahl der Schwarzkittel zu dezimieren, steigt die Population.

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Region. Wie die Vandalen ziehen ganze Wildschweinhorden seit Wochen über die Wiesen im Kreis Ahrweiler. Aus Weideland werden unbrauchbare Äcker, weil die Grasnarbe zerstört wird. Auch wenn die Bauern von den Jägern entschädigt werden, sind beide Seiten nicht glücklich. Denn trotz verstärkter Bemühungen, die Zahl der Schwarzkittel zu dezimieren, steigt die Population.

Aber es sind nicht nur die Bauern und Jäger, die klagen. Der Luftsportverein Mönchsheide Bad Breisig sieht seinen Sportbetrieb gefährdet, weil die Tiere auf der Suche nach Fressbarem die Start- und Landebahn in eine Mondlandschaft verwandeln.

Vor allem Klimawandel und die steigende Zahl der Ackerflächen, die mit Mais und Raps bepflanzt werden, sind es, die den Tieren bessere Lebensbedingungen bescheren. Aber auch die vielen verwilderten und zugewachsenen Flächen in Dorfnähe, die früher noch bewirtschaftet wurden, bieten den Sauen besten Unterschlupf.

Und dennoch: „Es ist der blanke Hunger, der die Wildschweine in diesem Herbst aus den Wäldern auf die Wiesen treibt“, weiß Kreisjagdmeister Joachim Polch. Weil es fast keine Eicheln und Bucheckern gibt, verlassen die Tiere ihre natürliche Deckung, um auf die Suche nach Fraß zu gehen, wie es im Fachjargon heißt. Auf den Wiesen graben sie dann nach Würmern, Mäusen und anderen Kleintieren. Vor allem unter Kuhfladen und Schafskötteln vermuten sie reiche Beute.

Und dabei sind die Tiere nicht zimperlich, wie die zerfurchten Wiesen allerorten zeigen. Deshalb sollten die Landwirte am Ende der Weideperiode die Wiesen förmlich mit dem Rechen abziehen, fordern die Jäger. „Abschleppen“, lautet der Fachterminus.

Die Futtersuche der Schwarzkittel auf freier Fläche hat aus Sicht der Jäger auch Vorteile. Zum einen bieten die Tiere ein besseres Ziel für die Grünröcke. Vorausgesetzt, der Jäger hat eine Spürnase für die richtige Wiese und ausreichend Mondlicht.

Zum anderen weiß man aus Erfahrung: Fehlen Grundnahrungsmittel wie Eicheln und Buch-eckern, kommt in den nächsten Monaten auch weniger Nachwuchs. Bei guter Nahrungslage werfen die frühreifen Borstentiere mitunter auch zweimal pro Jahr, wenn sie den ersten Nachwuchs mangels Futter verlieren.

Grundsätzlich bleibt jedoch seit Jahren ein bundesweites Problem: Trotz verstärkter Bemühungen der Jäger, das Schwarzwild im Bestand drastisch zu dezimieren, wächst die Population weiter. Selbst Rekordjahre wie die Jagdsaison 2008/09, in der im Kreis Ahrweiler vom 1. April bis zum 31. März 5157 Tiere erlegt wurden, bringen keine nachhaltige Entlastung. Zumal es im Jagdjahr 2009/10 „nur“ 2144 Tiere waren, die den Jägern vor die Flinte liefen. Für die Jagdsaison 2010/11 rechnet Kreisjagdmeister Joachim Polch wieder mit 4000 bis 4500 Abschüssen. „Die Zahlen im Kreis werden monatlich erfasst. Beim Zwischenstand Ende Oktober (1937 erlegte Tiere) wurde deutlich, dass die Abschüsse über dem Vorjahr liegen.“

Und weil mit der Zahl der Tiere auch die Kosten für die Erstattung der Wildschäden steigen, haben viele Jagdpächter mittlerweile auch keine Probleme mehr damit, zeitgleich revierübergreifende Treibjagden zu organisieren. Das erhöht deutlich die Chancen, möglichst viele Tiere zu erlegen. „Jagdneid ist mittlerweile bei vielen Grünröcken der Einsicht gewichen, dass man besser zusammen etwas unternimmt“, weiß Polch.

Dem Bad Breisiger Luftsportverein, dessen Start- und Landebahn unter den Wühlattacken der Schweine schon erheblich gelitten hat, helfen derlei Solidarisierungsaktionen der Jäger indes wenig. Gejagt werden darf dort laut Auskunft des Vereins nicht.

Von unserem Redakteur Uli Adams