Bendorf. Wenn ein Ehepaar 25 Jahre verheiratet ist, feiert es Silberhochzeit. Wer so lange zusammen ist, hat die meisten Klippen oder Untiefen, die zu einer Trennung führen könnten, glücklich umsegelt. Die Schmetterlinge im Bauch mögen verflogen sein. Doch gemeinsam meistert man das Leben. Oft gehören auch schon mehrere Generationen zur Familie.
Das ist bei Rockfestivals nicht anders. Silberjubiläum feierte jetzt nämlich der Bendorfer Weihnachtsrock. Manches Problem musste in 25 Jahren gemeistert werden, es gab Höhen und Tiefen. Doch längst hat sich das Festival in der Kulturszene etabliert – wie die erfolgreiche Jubiläumsausgabe am Wochenende zeigte.
„In der Vorbereitung ist vieles inzwischen Routine. Doch wenn wir Bühne und Technik aufbauen oder den Soundcheck machen, kribbelt’s wie vor 25 Jahren“, sagt Michael Enchelmaier, der das Festival mit ein paar rockbesessenen Mitstreitern gegründet hat und bis heute jährlich mitorganisiert. Anfang der 80er-Jahre hatte die Stadt Bendorf mehrere Musikfestivals mit Amateurgruppen veranstaltet. Bei der Jugend kam das zwar gut an, wurde aber aus Kostengründen wieder gestrichen. Michael Enchelmaier, der damals 23 Jahre alt war, ergriff die Initiative und organisierte mit sieben Bekannten auf eigene Faust ein Festival. Als Termin wurde das letzte Wochenende vor Weihnachten gewählt – weil dann die meisten Interessierten zu Hause sind und Lust auf Abwechslung vom Weihnachtsallerlei haben, so die damalige gute Idee, die zum Dauerbrenner wurde.
1986: Premiere mit lokalen Bands
Am 20. Dezember 1986 war Premiere, damals noch in der Sporthalle an der Seilerbahn – mit den Bands Countdown, Ekdosis, Grand Slam und Past. Der Erfolg beim ersten Mal ermutigte zum Weitermachen. Das Festival sprach sich auch in der Musikerszene rum, und so haben in der 25-jährigen Geschichte zahlreiche deutsche und internationale Topgruppen in Bendorf gastiert, darunter die Rodgau Monotones, Fred Kellner, The Sweet, Saga, Spider Murphy Gang, Fury In The Slaughterhouse, Manfred Mann, Chris Farlowe oder Nazareth. „Unser Ziel war immer, ein Festival auf hohem Niveau mit professionellem Standard zu günstigen Preisen zu bieten“, betont Enchelmaier. Das Team arbeitet ehrenamtlich, Sponsoren unterstützen die Macher, und manchmal musste aus dem privaten Säckel was draufgelegt werden.
„Rockmusik ist ein ewig junges Thema“, sagt Enchelmaier. Und so haben sich die Bendorfer musikalisch dem jüngeren Publikum geöffnet. Wie in einer Familie gibt es bei den Besuchern mittlerweile eine zweite Generation. Das Silberjubiläum wurde daher an zwei Abenden gefeiert. Der erste galt den jungen Fans. Und auch die Musiker, die freitags auf der Bühne standen, waren allesamt jünger als das Festival. Revolving Door aus Thüringen haben schon als Vorgruppe von Silbermond gespielt. Sie begeisterten die Teenies und Twens in Bendorf ebenso wie die bereits renommierten Bands Bakkushan, bei der vor allem Drummer Jan Siekmann hervorstach, oder Luxuslärm, die dabei sind, sich im vorderen Feld der nationalen Szene zu etablieren. Zu Recht: Die Bühnenshow von Frontfrau Jini Meyer und das Gitarrensolo von Henrik Oberbossel beim Titel „Jemand anders sein“ waren fast schon alleine das Eintrittsgeld wert.
Knapp 1000 Besucher an beiden Abenden waren weniger als erwartet. Doch das Winterwetter spielte auch hier eine Rolle, zumal viele Fans von weit her anreisen, bilanzieren die Festivalmacher.
Urgesteine vor und auf Bühne
Der zweite Abend war dann musikalisch der „Gründergeneration“ des Weihnachtsrocks gewidmet – sehr zur Freude zum Beispiel der Bendorfer Conny und Bert Jakobs: „Wir gehören zu den Urgesteinen“, sagen die beiden.
Das könnte man auch über Heart & Soul sagen, die mit kraftvoller Musik und einer fesselnden Show die Kultsongs der Blues Brothers auf die Bühne brachten. Zu den Legenden zählen auch Lake, deren Stil eine Mischung aus Beach Boys, Doobie Brothers und Steely Dan ist. Der Höhepunkt des Abends war Julia Neigel – die mit neuen Songs an die alten Erfolge anknüpfen konnte. Glückwunsch!
Von unserem Mitarbeiter Winfried Scholz