Auch die sechste Auflage der 24 Stunden von Rheinland-Pfalz am Samstag und Sonntag mit Starts und Zielen am Wanderparkplatz Hennweilerer Lützelsoonschule war für 444 Teilnehmer und fast 300 Helfer wieder eine Grenzerfahrung. Bei idealem, von oben trockenem Wanderwetter brachten die drei Schleifen von 28, 22 und 28 Kilometern und (mindestens) 1585 Höhenmetern viele Mehrfachtäter aus ganz Deutschland an den Rand der Erschöpfung. Der Untergrund war nämlich teils noch ganz schön matschig. Knapp 200 der mehr als 400 gestarteten Teilnehmer aus ganz Deutschland liefen am Sonntagmorgen beifallumtost und mit Sekt begrüßt auf dem Schulhof ein. Schon vor dem Startschuss, den Bad Kreuznachs Oberbürgermeisterin Heike Kaster Meurer abfeuerte, standen drei Sieger fest: Das Kinderhilfswerk Human help Network, die Soonwaldstiftung und die Hennweilerer Vereinsgemeinschaft. Sie teilen sich den Reinerlös von rund 30.000 Euro. Die Summe kommt unabhängig vom Startgeld (15 Euro) durch die Spende von 72 Euro pro Starter (Kilometergeld) und Sponsorengelder zusammen. Da konnte, was den finanziellen Erfolg anbetrifft, nichts mehr schiefgehen. Dennoch atmeten die Veranstalter um Gabi Vogt von der Hunsrück-Schiefer- und Burgenstraße auf, als morgens um acht die letzten Unentwegten müde, aber glücklich ins Ziel trotteten.
80-Jähriger mit Premiere
Zum ersten Mal dabei war Helmut Magin (80) aus Alzey, der den Veranstaltern ein hohes Lob zollte. Im vergangenen Jahr war er mit Freunden mit dem Laufrad (!) von Alzey nach Paris und zurück unterwegs. Da passte die Berg- und-Tal-Herausforderung ideal. Als früherer Verkäufer bei Rheinmöwe in Worms traf er einen Kunden, der ihn nach 35 Jahren wiedererkannte. Ja, der Wiedererkennungswert ist groß beim Wanderspektakel. Man kennt plötzlich alle seine Muskeln, wenn endlich die Ziellinie auftaucht. Stammgäste wissen das. Wie zum Beispiel die „Soonwald Globetrotter“ mit Sitz in Odernheim mit Heiko Kreuscher, Matthias Bauer, Eric Bachmann, Matthias Henn, Diana Janicke und Matthias Uhland. Anspruchsvoll sei vor allem die Nachtetappe gewesen – schon durch die diesmal extreme Streckenlänge von 28 Kilometern. Dort sah auch Hennweilers Erster Beigeordneter Bernd Müller, der bereits fünfmal „finishte“, diesmal das „Highlight“. Nach steilem Abstieg von Schneppenbach zur Mitternachtsmusik der „Schnappebacher Kirb“ hinab zum Hahnenbach ging's im stockdunklen Wald giftig steil im Hohlweg hinauf nach Bundenbach. Das kostete richtig Körner. Die Hennweilerer Wandergruppe hielt zusammen und durch. Gut gemacht.
Trotz solcher Schlüsselstellen, die es auf der von Bernd Meurer ausgeklügelten Strecke mit krassen Wechseln von Gefällstrecken zu steilen Anstiegen gab, hielt sich die Zahl der Aussteiger in Grenzen. Etliche strichen mit dicken Blasen an den Füßen die Segel, andere wie Grünen-Bundestagsabgeordnete Tabea Rößner waren von Beginn an auf Kurzstrecke programmiert. Sie stieg nach 20 Kilometern im Kirner Brauereihof aus. Ein Termin in München rief.
Grüne Hölle begehbar gemacht
Das war und ist für die Mehrzahl der 24-Stunden-Macher keine Option. Zum Beispiel für Ortsbürgermeister Michael Schmidt und die große Helferschar. Vom Mulchen der Graswege durch die grüne Hölle bis zur erstklassigen Verpflegung mit zweimal Frühstück (Samstag und Sonntag, Abend- und Nachtessen) lieferte sie wieder perfekt ab in Hennweiler, standen weit länger als „nur“ die 24 offiziellen Stunden auf der Matte. Da sind die Schmerzen in jeder Muskelfaser der Extremwanderer leichter zu ertragen. Motto: Du weißt, es kann dir nix passieren, zur Not wirst du mit der Sänfte rausgetragen.
Was Gabi Vogt besonders freute: Diesmal musste der Shuttleservice niemanden von der Strecke abholen. Rund 20 Wanderer stiegen unterwegs in den Kleinbus, aber es gab keinen Notruf nach dem Motto: Bitte schnell abholen. Das ist bei einer Strecke von knapp 80 Kilometern wieder ein Aufatmen wert. Außer den üblichen Blasenbehandlungen meldete auch das DRK keine besonderen Vorkommnisse.
Der siebten Auflage 2018 steht also nichts im Wege. Nach dem Erfolg der sechsten Auflage dürfte die auf 444 Teilnehmer limitierte Veranstaltung, die Hunderte von Übernachtungen aus ganz Deutschland in die eher strukturschwache Region bringt, schon im Winter ausverkauft sein. Viele buchten im Herbst sofort, als das Onlineportal aufging. Die Bedeutung für den Tourismus der Nahe-Hunsrückregion ist inzwischen unbestritten, was auch die Ehrengäste um Starterin Heike Kaster-Meurer, Landrätin Bettina Dickes und Landtagsabgeordneter Denis Alt mit ihrer Präsenz unterstrichen.
Schade, dass keiner von ihnen die Steilvorlage von Bürgermeister Werner Müller bei der Eröffnung aufnahm und einige Sätze an die Wanderer richteten. Klar, die „scharrten schon mit den Hufen“, wollten endlich los. Schließlich fiel der Startschuss eine gute Stunde später als gewohnt.
Verpasste Gelegenheiten
Insgeheim hatte nicht nur Werner Müller von „seiner Freundin Heike“ erhofft, dass sie ein Bekenntnis ihrer Stadt Bad Kreuznach zur Naheland-Touristik abgibt. „Das wird eine politische Entscheidung“, merkte sie auf eine Frage an, ob die Kurstadt weiterhin Abwanderungsgedanken Richtung Rheinhessen hegt. Auch Landrätin Bettina Dickes enthielt sich der Stimme. Werner Müller hatte die herausragende Bedeutung des Wanderspektakels und die Leistung der ehrenamtlichen Helfer herausgestrichen, in Hennweiler und in allen beteiligten Orten, wo teils bis zum Morgengrauen mit angepackt wurde. Klasse. Wie auch immer: Die 24 Stunden haben ihren Wert für Teilnehmer, Ausrichter und Empfänger der enormen Spendensumme wieder eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Armin Seibert