Koblenz. Sie können es ja doch noch. Nach Wochen der sportlichen Dürre präsentierten sich die Zweitliga-Handballerinnen der Vulkan-Ladies Koblenz/Weibern im Heimspiel gegen Aufsteiger TG Nürtingen endlich wieder mal von ihrer besseren Seite und feierten einen nie gefährdeten 33:23 (19:10)-Heimsieg. Der noch viel höher ausgefallen wäre, hätten die Ladies nicht in der Schlussphase ein wenig die Zügel schleifen lassen.
Abwehr und Angriff funktionieren
Regelmäßige Besucher der Heimspiele trauten ihren Augen nicht. Vom Anpfiff weg spielten die Vulkan-Ladies, die in der Conlog-Arena zuletzt fünfmal hintereinander verloren hatten, im Stil eines Spitzenteams auf, führten nach sechs Minuten mit 5:1, nach einer Viertelstunde mit 10:5 und zur Halbzeit mit 19:10. Im Angriff zeigten sie flüssige und variantenreiche Kombinationen und trafen zuverlässig, vor allem durch Diana Sabljak (5 Tore vor der Pause), Dora Varga (4) und Lenka Hradilova (5, davon drei Siebenmeter).
In der Abwehr standen die Ladies kompakt, was ihren Trainer besonders freute: „Wir haben die Halbrechte und die Halblinke gut aus dem Spiel genommen“, stellte Caslav Dincic zufrieden fest. Dass die angesprochenen Spielerinnen, die bereits 36-jährige Verena Breidert und die Ungarin Silvia Szücs, trotzdem 16 der 23 Nürtinger Tore erzielten, wirft ein Licht auf die beschränkten Möglichkeiten des schwäbischen Teams. Doch in den letzten Wochen haben sich die Ladies oft genug gerade gegen die vermeintlich schwächeren Mannschaften der Liga blamiert, Kirchhof, Bretzenheim und Trier.
Woran lag es also, dass diese Europa-Auswahl von begabten Individualistinnen plötzlich funktionierte wie eine richtige Mannschaft? „Wir haben uns diese Woche professioneller vorbereitet“, knurrte Dincic und verwies auf gemeinsame Videostudien des Hinspiels. Manfred Sattler, der Geschäftsführer der Vulkan-Ladies, wusste mehr: „Die Mädels haben sich zusammengesetzt, ganz ohne Trainer oder Offizielle, und sich ausgesprochen. Hinterher kamen sie und sagten: Wir glauben, wir haben den Knoten zerschlagen.“
Die reinigende Aussprache bestätigte Ladies-Kapitänin Dora Varga, die als neunmalige Torschützin mal auf Linksaußen, mal im Rückraum, geglänzt hatte: „Wir haben am Dienstag fünf Minuten ganz für uns gehabt und untereinander geredet. Bisher ist jede ihren eigenen Weg gegangen, jetzt haben wir einen gemeinsamen Weg gefunden. Und endlich haben wir wieder gewonnen, endlich hat es wieder Spaß gemacht. Wir sind wieder da!“ Inhalte der klärenden Sitzung wurden naturgemäß nicht verraten: „Der Grund, dass die Mannschaft jetzt wieder zusammenwächst, bleibt unser Geheimnis“ raunte Varga.
Viel gesprochen, nichts gesprochen
„Gesprochen haben wir doch jede Woche“, wollte Dincic dem reinigenden Gewitter keine große Bedeutung beimessen, während seine Co-Trainerin Andrea Marenbach aus Erfahrung wusste: „Manchmal muss die Mannschaft sich am Schlafittchen packen und sich selbst aus dem Sumpf herausziehen.“ Und Franziska Ringleb, als fünfmalige Torschützin quirlig und effektiv wie selten, verriet: „Wir haben uns vorgenommen, die Vorkommnisse zu vergessen und mit klarem Kopf Handball zu spielen.“
Was auch immer da geschehen ist, ganz offenbar hat es die Mannschaft ohne Zutun der sportlichen Leitung geschafft, sich wieder aufs Wesentliche zu besinnen. „Wir hatten als Trainerteam ja schon alles versucht“, erinnerte sich Andrea Marenbach, „wir haben viel gesprochen, gar nichts gesprochen, es hat alles nicht gefruchtet. Wenn jede Einzelne für sich mit der Situation überfordert ist, dann kann es auch im Kollektiv nicht klappen.“
Zurück aufs Parkett: In der zweiten Halbzeit bauten die Ladies ihren Vorsprung kontinuierlich aus, beim 28:12 (46. Minute) drohte den Gästen sogar ein wahres Desaster. Doch dann schaltete Dincics Team einen Gang zurück und ließ die Nürtinger etwas herankommen, bedingt auch durch das vorzeitige Ausscheiden der starken Lenka Hradilova, die unglücklich umgeknickt war. „Da hat man gesehen, dass wir keinen passenden Ersatz auf der Bank hatten“, stellte Caslav Dincic fest, der insgesamt nur neun Feldspielerinnen hatte aufbieten können.
Ob der dennoch klare Sieg nun tatsächlich die nachhaltige Wende zum Besseren einleitet, das mag der Trainer der Vulkan-Ladies nicht versprechen: „Es braucht mindestens drei bis vier Spiele wie das heutige. Und wenn wir doch noch etwas erreichen wollen, müssten wir alle Spiele bis zum Schluss gewinnen.“ Daran mag wohl der Coach selbst nicht glauben.
Zukunft entscheidet sich bald
Manfred Sattler ist nach wie vor fieberhaft auf der Suche nach Sponsoren, die eine Fortführung seines in Schieflage geratenen Projekts garantieren können. In dieser oder der nächsten Woche will der Geschäftsführer verkünden, ob und wie es mit den Vulkan-Ladies weitergeht. Der große Wurf in Sachen Sponsoren zeichnet sich wohl nicht ab, am wahrscheinlichsten ist derzeit die „kleine Lösung“, der Neuaufbau eines bundesligareifen Teams, für den man sich mehrere Jahre Zeit nehmen müsste. Ob alle Beteiligten dafür die nötige Geduld aufbringen, muss abgewartet werden. Am Samstagabend interessierten sich noch 311 zahlende Zuschauer fürs Mittelmaß der Zweiten Handball-Bundesliga.
Von unserem Redakteur Stefan Kieffer