Koblenz/Weibern. Nicht mal ein Jahr hat die Ära des Trainers Christoph Barthel bei den Bundesliga-Handballerinnen der Vulkan-Ladies Koblenz/Weibern gedauert. Nach genau elf Monaten und 15 Tagen hat der aktuell Drittletzte der Tabelle seinen 38-jährigen Coach gefeuert. Auslöser der Trennung war die aus Vereinssicht blamable Heimniederlage gegen das bis dahin punktlose Schlusslicht aus Trier im prestigeträchtigen Rheinland-Pfalz-Derby. Ein Nachfolger (oder eine Nachfolgerin) wird jetzt gesucht.
Da das nächste Bundesligaspiel der Ladies erst am 30. Dezember beim Thüringer HC stattfindet und die Mannschaft ohnehin in einen zweiwöchigen Urlaub geschickt wurde, scheint der Termin für die Trainerentlassung gut gewählt. „Wir haben Christoph Barthel nicht entlassen“, bringt Vulkan-Ladies-Geschäftsführer Manfred Sattler gleich die erste Korrektur an, „wir sind nach ausgiebigen und intensiven Gesprächen gemeinsam zu dem Schluss gekommen, dass es besser ist, sich zu trennen. Der Trainer wusste am Ende auch nicht mehr, was er tun sollte mit der Mannschaft.“ Am Mittwochabend fand das Sechs-Augen-Gespräch mit Sattler, Barthel und Peter Josef Schmitz als zweitem Vertreter der Geschäftsführung statt.
Ob man nun der Darstellung folgt, dass die Trennung vom Trainer in gegenseitiger Harmonie erfolgte, bleibt jedem selbst überlassen. Barthel jedenfalls reagierte nicht erleichtert, sondern eher kämpferisch: „Schade, ich hätte das gern weitergeführt. Wir waren nach dem verpatzten Saisonstart auf einem richtig guten Weg – bis zum Trier-Spiel.“
Zur Erinnerung: Statt sich, wie geplant, mit drei Siegen gegen die Bundesliga-Aufsteiger gleich von Saisonbeginn an im Vorderfeld der Tabelle festzusetzen, kassierten die Ladies gegen Berlin, Celle und Bad Wildungen bittere Niederlagen. Danach stellte Vereinschef Sattler in der Rhein-Zeitung klar: „Bei uns hat es bislang keine Personaldiskussion gegeben, und die wird es auch weiterhin nicht geben. Man kann das alles nicht einfach am Trainer festmachen.“
Knapp zwei Monate später hat auch der Geschäftsführer seine Meinung geändert: „Inzwischen muss jedem klar sein, dass die aktuelle Situation nicht zufriedenstellend ist. Die Zusammenarbeit zwischen Trainer und Mannschaft scheint nicht zu fruchten, aber wir können ja jetzt nicht fünf oder mehr Spielerinnen austauschen. So kamen wir zu dem Schluss, es mit einem anderen Trainer mit anderer Taktik und anderen Methoden zu versuchen.“
Was das Profil des gewünschten neuen Coaches angeht, so gibt Sattler den einen oder anderen Hinweis: „Es gibt harte Trainer und weiche. Barthel zählt gewiss nicht zu den harten, er hat immer viel Verständnis für die Spielerinnen gezeigt. Wir werden darauf achten, dass der Nachfolger von den Spielerinnen mehr fordert.“
War Christoph Barthel also zu weich, zu nett, zu nachgiebig gegenüber seinem Team? „In Sachen Sozialkompetenz kann mir keiner etwas vorwerfen“, sagt der scheidende Trainer und räumt ein: „Es war sicherlich mein Fehler, dass ich bei unseren Profi-Spielerinnen zu viel Eigenmotivation und Eigeninitiative vorausgesetzt habe. Ich hätte die Mannschaft insgesamt wohl anders anfassen müssen.“ Welch eine bittere Erkenntnis für einen Mann, der nach eigener Aussage „mit Herzblut dabei war und immer 100-prozentig professionell gearbeitet hat. “Aber letztlich bin ich als Trainer für die Ergebnisse verantwortlich.„
Christoph Barthels Trainerbilanz bei den Vulkan-Ladies ist nicht überzeugend, wenn man auf die Zahlen schaut: Aus 29 Bundesligaspielen unter seiner Leitung holte das Team acht Siege, sicherte sich in der vergangenen Saison bei nur einem Absteiger mit Ach und Krach den Klassenverbleib und steht auch in dieser Spielzeit von Beginn an unten drin. Auch wenn er vor Saisonbeginn auf drei Wunschspielerinnen verzichten musste, die sich nach aussichtsreichen Verhandlungen mit den Vulkan-Ladies doch für andere Vereine entschieden, so ging er im Gegensatz zur Vorsaison doch mit “seiner„ Mannschaft in die Runde.
Nach dem verkorksten Start schien sich das Team zu stabilisieren, gewann in Pokal und Meisterschaft bei der stärker eingeschätzten SG Bietigheim und fegte in eigener Halle die bis dahin ungeschlagene HSG Blomberg-Lippe mit 28:21 förmlich vom Feld. Auch die knappe Auswärtsniederlage in Oldenburg schien noch nicht gegen den Aufwärtstrend zu sprechen, auch wenn mit Kim Berndt ausgerechnet die Spielerin mit einem Kreuzbandriss langfristig ausfiel, die sich gerade als Führungsfigur im Team etabliert hatte. Auch das Hin und Her um die Herzerkrankung von Lina Krhlikar trug nicht eben zu einer ruhigen, konzentrierten Vorbereitung auf die Partie gegen die Miezen bei, die dann mit jener unerklärlichen und folgenreichen Pleite endete.
“Mit einem Sieg gegen Trier wäre alles in Ordnung gewesen„, vermutet Barthel wohl zu Recht. “Ich hatte die Mannschaft gewissenhaft auf diese Partie eingestellt, wir hatten genau besprochen, wie wir gegen die besten Spielerinnen verteidigen. Dass das nicht funktioniert hat, dafür muss ich bluten.„
Manfred Sattler stellte sich nach dieser Pleite die Fragen, die letztlich zur Trennung vom Trainer führten: “Warum spielen unsere Neuzugänge mit Ausnahme von Kim Berndt nicht annähernd auf ihrem Leistungsniveau? Wie kommt nach tollen Abwehrleistungen zuvor so eine miserable Deckungsarbeit wie gegen Trier zustande? Der Trainer hat die Gründe nicht herausgefunden. Die Frage ist: Findet sie ein anderer Trainer heraus?„ Fest steht für den Geschäftsführer und Sponsor, der ja erhebliche Summen in den Bundesligisten investiert: “Es kann nicht sein, dass wir mit einem solchen Kader auf diesem Tabellenplatz stehen."
Von unserem Redakteur
Stefan Kieffer