Neue Kinderspielformen im Fußball überzeugen noch nicht jeden - Organisatorischer Aufwand ist größer
„Viele Trainer machen sich zu viele Gedanken“ – Neue Kinderspielformen überzeugen noch nicht jeden
In Guckheim durften sich die F-Jugendlichen schon mal an der neuen Spielform austesten, die für sie zur neuen Saison obligatorisch wird. Foto: Willi Simon
Willi Simon

Region. Ab der kommenden Saison sind im Bereich des Fußballverbandes Rheinland die neuen Kinderspielformen für die F-Jugendlichen obligatorisch. Um allen Beteiligten die Neuerung näherzubringen, hatte Sven Hering, der Kreisjugendleiter des Fußballkreises Westerwald/Sieg, schon während der laufenden Spielzeit drei Turniere angesetzt, von denen am vergangenen Samstag zwei ausgetragen wurden. Während der Rasen in Neunkhausen unbespielbar gewesen war, hatten auf den Kunstrasenplätzen in Guckheim (Foto) und Altenkirchen insgesamt 28 F-Jugend-Teams ihren Spaß.

Frische Temperaturen, böiger Wind, aber auch strahlender Sonnenschein waren die äußerlichen Begleitumstände. In Guckheim und Altenkirchen traten jeweils 14 Mannschaften an. Das Sportgelände war in drei Spielfelder eingeteilt, wobei in jedem auf vier Tore gespielt wurde. Die F-Jugendlichen zeigten sehr schnell, dass sie lernfähig sind, und nach kurzer Eingewöhnungsphase funktionierte auch das permanente Rotieren.

Uwe Röder, der im Ww/Sieg-Kreis als F-Jugend-Staffelleiter fungiert, ist von der neuen Spielform durchaus angetan: „Für diese Altersklasse ist das ‚Fußball spielen‘ wichtig, ohne taktische Zwänge. Da fällt es nicht ins Gewicht, dass ohne Torhüter gespielt wird. Das kommt ohnehin später. Der Verband muss hier Jugendtrainer speziell schulen, damit das neue Spielsystem auch verinnerlicht wird.“ Eine besondere Regelung im neuen Spielsystem fand Röder besonders gut: „Hier werden Mannschaften nicht deklassiert. Bei mehr als drei Toren Vorsprung für ein Team darf der Gegner auch einen vierten Spieler einsetzen.“

Anwesende Eltern bewerteten es als positiv, dass durch das Rotieren bei Einwechslungen alle Spieler eingebunden würden und keiner draußen stehen müsse. Es gab jedoch auch andere Stimmen. Keine Ecken, keine richtigen Tore, nur drei Spieler, kein Torwart – „Das ist doch kein Fußball“, meinte manch einer. Von Grund auf ehrlich zeigte sich derweil ein F-Junior: „Ich spiele lieber im Tor, da brauche ich nicht so viel laufen.“

Dennis Wallinowski, E-Jugend-Staffeleiter im Ww/Sieg-Kreis, der das Turnier in Altenkirchen betreute, analysierte: „Die Kinder hatten großen Spaß, allerdings sind einige Trainer noch etwas skeptisch. Ihnen fehle der Bezug zum ‚normalen Fußball‘. Kleines Spielfeld, kein Positionsspiel, kleiner Ball – viele Trainer machen sich theoretisch viel zu viele Gedanken, anstatt die Kids Fußball spielen zu lassen. Hier wird teilweise noch eine extreme Überzeugungsarbeit benötigt. Wenn die F-Junioren es aber nicht anders kennen, ist die neue Spielform doch in Ordnung. Spätestens nach einer Saison hat sich das Drei-gegen-Drei ohnehin etabliert.“ Wallinowski sieht in diesem System durch die individuelle Förderung einen großen Vorteil.

Der Kreisjugendausschuss war mit dem Verlauf der Turniere insgesamt sehr zufrieden. „Am 7. Mai führen wir das nächste Turnier durch“, blickte Uwe Röder bereits voraus. „Die Anzahl der Teams wird auf 84 verdoppelt. Dann dürfen die Vereine auch zwei Mannschaften melden.“

Einzig die Tatsache, dass die Durchführung der künftigen Spielweise in Turnierform einen erhöhten Aufwand in der Vorbereitung und Durchführung bedeutet, stellt noch eine Herausforderung an die Vereine, da immer zwölf Tore vorgehalten werden müssen. Es läuft also noch etwas holprig mit den vom DFB und Fußballverband geforderten „neuen Spielformen“.

Dass beim Turnier in Altenkirchen mitunter die Aussage zu hören war, lieber ein Freundschaftsspiel zu organisieren und damit die neue Spielform zu umgehen, so bleibt die Frage, ob manch einer die Zeichen der Zeit nicht erkannt hat. Auch in früheren Jahren wurde Sturm gelaufen gegen Reformen, die erst eine Reduzierung von 11er- auf 9er und schließlich auf 7er-Teams vorsahen. Selbst D-Junioren spielten vor wenigen Jahren noch über das ganze Spielfeld. Heute aber sind kleinere Spielfelder für die jüngeren Jahrgänge längst etabliert.

Es gilt nunmehr „alte Zöpfe“ abzuschneiden. Nur so kann der Abwärtstrend bei der Anzahl der Jugendteams eingedämmt und perspektivisch sogar wieder erhöht werden.Willi Simon