Mainz – Kehrtwende am Tag danach? Der am Sonntag verkündete Austritt der Mainzer Stadtratsmitglieder Dieter Hofem, Gudrun Hölzl, des Fraktionsgeschäftsführers Hermann Stauffer sowie des Neustädter Ortsbeiratsmitglieds Norbert Siegl aus der Partei Die Linke ist noch gar nicht vollzogen.
Fraktionsvorsitzender Hofem bestätigte auf MRZ-Anfrage, er und die drei übrigen hätten am vergangenen Donnerstag per Email „mit sofortiger Wirkung“ ihren Austritt erklärt, „der aber so noch nicht rechtswirksam ist“: Dazu müssten schriftliche Austrittserklärungen samt Unterschriften in der Landesgeschäftsstelle eingetroffen sein. Diese aber wurden noch nicht auf den Weg gebracht. Das Bekanntwerden der Austrittsabsicht sei auf eine Indiskretion aus Vorstandsreihen zurückzuführen, sagt Hofem.
Der in Mainz neun Mitglieder zählende Parteivorstand ist tief gespalten. Die Gegner des im Mai zum Stadtvorstandschef gewählten Fraktionsgeschäftsführers Stauffer sollen inzwischen in der Mehrheit sein. Die Konflikte gründen weniger in politischen Differenzen als in Animositäten. „Ein Vorstandsmitglied hatte mit Stauffer Streit. Von da an hat sich das hochgeschaukelt“, sagt Hofem. Er spricht von „Unterstellungen, Gemeinheiten und Boshaftigkeiten“. Stauffer sei ausgegrenzt und „gemobbt“ worden. „Der Sturm im Wasserglas wurde zum Taifun“, schimpft Hofem. „Mit solch einem Demokratiebewusstsein kann ich nicht mehr leben“. Die Austrittserklärung sei ein Signal, dass sich etwas bewegen müsse.
In der vergangenen Woche jagte eine Krisensitzung die nächste. Hofems Schlichtungskonzept fiel im Vorstand durch. Die Landespartei schaltete sich ein. „Es gab Gespräche, wir haben alle Seiten angehört“, bestätigt ihr Pressesprecher Harald Jürgensonn, wollte aber inhaltlich nichts weiter mitteilen. Die stellvertretende Stadtverbandsvorsitzende Ilona Schäfer wollte die Rücktrittsabsichten nicht kommentieren. Für den 9. Januar sind vorgezogene Vorstandsneuwahlen angesetzt. „Dann soll die Basis soll entscheiden, wer dem Vorstand angehört und wer nicht.“ Sie selbst wird voraussichtlich erneut kandidieren.
Hofem schließt unterdessen einen Verbleib in der Partei nicht aus. Sollte eine vertrauensvolle Zusammenarbeit wieder möglich sein, „würden wir wieder eintreten – das heißt: nicht austreten“. Claudia Renner