Mainz – Als Tief „Petra“ zaghaft die ersten Flocken auf Mainz rieseln lässt, macht Steffen Masch erst mal Pause. Auch seine Kollegen vom Entsorgungsbetrieb rollen einer nach dem anderen mit ihren Räumfahrzeugen ein.
Der Schneefall nimmt unterdessen weiter zu, die Autos auf dem Parkplatz sehen schon aus wie mit einer dünnen Schicht Puderzucker überzogen.
Es ist später Donnerstagnachmittag. Seit drei Wochen befindet sich der Winterdienst der Stadt Mainz im Dauereinsatz, doch diese Nacht soll den Vorhersagen zufolge auf die bisherigen Schneefälle noch eins drauf setzen. Dafür sind die Männer vom Räumdienst gerade sehr gelassen. Doch ihre Arbeit folgt einem festen Schema. Jetzt in Aktionismus zu verfallen, nur weil es gerade angefangen hat zu schneien, wäre der größte Fehler. Auch wenn dem Winterdienst immer wieder vorgeworfen wird, zu spät rausgefahren zu sein.
Außerdem hat Steffen Masch mit seinem zum Schneefahrzeug ummontierten Lkw bereits eine Runde hinter sich. Statt eines Müllcontainers hat er 1800 Liter Lauge und sieben Tonnen Salz geladen, vor das Fahrzeug ist ein Pflug montiert. Noch ist es trocken. Auf einem Display sieht Masch die für ihn wichtigen Daten: Minus ein Grad ist die Außentemperatur, die Fahrbahn ist sogar minus vier Grad kalt. Würde es jetzt losgehen, bliebe der Schnee sofort liegen. Deshalb streut Masch vor. Das soll den ersten Schnee direkt binden. Damit gewinnen die Räumfahrzeuge später Zeit.
Die Fahrer folgen einem festen Plan. Mit elf Kursen werden zunächst die wichtigsten Straßen im Stadtgebiet abgedeckt, insgesamt 440 Kilometer. Das sind zum einen die viel befahrenen Achsen wie Rheinallee, Saarstraße oder Rheinhessenstraße. Vor allem aber haben die Strecken der Buslinien Vorrang. „Wenn die stecken bleiben, geht halt gar nix mehr“, erklärt Masch, während er gefühlt zum 27. mal eine Runde durch den Mombacher Kreisel dreht. Wegen der vielen Spuren muss er die Rheinallee mehrmals hoch und runter fahren. Von dort es auf die Hochtangente Richtung Wallstraße durch Hartenberg hindurch an der Uni vorbei gen Neustadt. Am Hauptbahnhof läuft Masch fast ein in Gedanken versunkener Jugendlicher vor die Schaufel. Vollbremsung, durchschnaufen, fluchen und weiter geht's. Nicht ganz zwei Stunden braucht er für seine Runde, die er nach fünf Jahren Winterdienst „im Schlaf“ fahren könnte.
Um viertel nach fünf schickt Reinhard Schaerf von der zentralen Fuhrparkverwaltung des Entsorgungsbetriebs die Fahrer auf die zweite Runde, „Präsenz zeigen“. Zwar murren die Fahrer zunächst, befürchten sie doch, im Berufsverkehr stecken zu bleiben. Doch bald zeigt sich, dass Schaerf den richtigen Riecher hatte. Nicht nur über den Computer kriegt er ständig aktuelle Daten über die Wetterlage. Auch Anrufe bei Räumdiensten in anderen Städten geben Hinweise, wie schnell die Schneefront näherkommt.
Über Mainz schneit es inzwischen kräftig. „Jetzt fahren wir solange, bis es aufhört und die Straßen frei sind“, brummt Masch und klappt den Schneepflug runter. Mit einem Joystick steuert er den Schieber während der Fahrt, gleichzeitig verteilt er noch mal ordentlich Salz auf der Straße. Als er um halb acht erneut beim Entsorgungsbetrieb ankommt, sind die sieben Tonnen Salz so gut wie aufgebraucht. Insgesamt wurden in Mainz seit den ersten Schneefällen gut 600 Tonnen Salz gestreut. Nach dem Auffüllen bleibt Steffen Masch nur wenig Zeit für eine Pause. Es wird die ganze Nacht weiterschneien. Moritz Meyer