Mainz/Rheinhessen – Die frisch eingeweihte Synagoge in der Mainzer Neustadt und das neue Bundesliga-Stadion am Europakreisel werden dem Tourismus zusätzliche Impulse geben. Davon ist der Chef der Mainzer Touristik-Zentrale, Jürgen Schmidt, überzeugt.
Die Betonung liegt auf „zusätzlich“: Nach einem durch die Wirtschaftskrise verursachten Einbruch der Gästezahlen im vergangenen Jahr weist die Statistik für die Gesamtregion Mainz und Rheinhessen wieder so steil nach oben wie sonst kaum in Rheinland-Pfalz.
Das große verbindende Tourismusthema bleibt der Wein – noch mehr, da Mainz und Rheinhessen 2008 in den Kreis der weltweit bedeutendsten Weinregionen („Great Wine Capitals“) aufgenommen wurden.
Von Januar bis Juli verzeichneten die Übernachtungszahlen in Rheinhessen mit 5,8 Prozent den größten Zuwachs in Rheinland-Pfalz. Und beim Wachstum der Gästezahlen insgesamt (6,7 Prozent) muss sich die Region nur knapp der Ahr-Region (6,9 Prozent) geschlagen geben. Auch August und September liefen für Mainz „sehr gut“, so Schmidt. Wenn es so weitergeht, landen die Übernachtungszahlen 2010 nicht allzu weit unter dem Rekord von rund 800 000 im Jahr der Fußballweltmeisterschaft 2006.
Alles, was in den Medien groß gespielt wird, rückt die Stadt bei Reisewilligen in den Blickpunkt: Die Fassenacht, das ZDF mit seiner bei Besuchergruppen beliebten Sendung „Fernsehgarten“, Kardinal Lehmann oder eben Mainz 05 – und das nicht erst, seit die Mannschaft an die Tabellenspitze stürmte.
Mit dem Verein führt Schmidt bereits Gespräche über mögliche Paket-Angebote inklusive Stadionticket. Von den Fans der gegnerischen Mannschaften, die zu Heimspielen anreisen, gelten zehn Prozent als kulturell interessiert. Ihre Zahl wird sich auf jeweils 400 verdoppeln, wenn die Coface Arena mit 33.500 Plätzen im Sommer 2011 in Betrieb geht.
Generell profitiert Mainz vom Trend zu Kurzurlaub und Städtereisen innerhalb Deutschlands. Ob bei der Planung einer Busreise für den Verein oder einem individuellen Kulturtrip in die Gutenbergstadt mit Altstadt-Flair, Dombesichtigung und gehobener Gastronomie. In diesem Segment werden auch die an jüdischer Kultur Interessierten angesprochen. „Ihnen konnten wir zwar eine reiche Tradition bieten, aber wenig zeigen“, sagt Schmidt. Mit dem architektonisch markanten Synagogenbau hat das Thema „Magenza“ nun einen neuen Höhepunkt, der freilich mit Fingerspitzengefühl präsentiert werden wird.
Als Stütze in der Krise hat sich der Wein-Tourismus erwiesen. Während die Stadt unter Einbrüchen bei Geschäftsreisen litt, meldeten Rheinhessenwinzer mit Übernachtungsbetrieb immer noch „super – keine Einbrüche“, berichtet Stefan Herzog, Chef der Rheinhessen-Touristik zwischen Ingelheim, Bingen, Alzey und Worms. Rund 100 Weinbaubetriebe haben in den vergangenen 15 Jahren in Übernachtungskapazitäten investiert. „In der Menge ist es nicht viel, aber thematisch ein unglaublicher Motor, weil viele Leute deswegen hierher kommen.“
Rheinhessen schaffte den Imagewandel von einer vermeintlich langweiligen Gegend zum „Land der 1000 Hügel“ als Paradies für Radler und Premiumwanderer. Der Aufbruch einer jungen Winzergeneration in Richtung Spitzenwein trug dazu bei. Der Zuwachs bei den Gästezahlen ist stetig. Trotz der Krise zeigt sich im Durchschnitt von zehn Jahren ein Plus von jährlich zwei bis drei Prozent.
Claudia Renner