1. Hockey-Verbandsliga SC Idar-Oberstein verliert gegen den Kreuznacher HC II unglücklich 3:4 - Guter Kampf, tolle Moral
Thorsten Ranft geißelt sich selbst: "Ich Chancentod!"
Einstellen auf die zweite Spielhälfte. Spielertrainer Thorsten Ranft (rechts) analysiert den 1:3-Pausenstand gegen den Kreuznacher HC und plant die Wende. Am Ende unterlag ein starker SC Idar-Oberstein 3:4. Foto: Forster
Thomas Forster

Idar-Oberstein. Thorsten Ranft war stinkig nach der 3:4-Niederlage seines SC Idar-Oberstein in der 1. Hallenhockey-Verbandsliga gegen Tabellenführer Kreuznacher HC II. Der Spielertrainer schimpfte kräftig. Nein, nicht mit seiner Mannschaft, auch nicht über den Schiedsrichter. Er beschimpfte sich selber. „Wir haben wegen mir verloren“, meckerte er, ehe er weiter hart mit sich selbst ins Gericht ging: „Wir haben zu viele Chancen liegen lassen, also vor allem ich, ich Chancentod.“

Tatsächlich hätte der SC in der heimischen Mikadohalle den Spitzenreiter kippen, ihm zumindest den ersten Punkt abknöpfen können – wenn das Team denn tatsächlich konsequenter mit seinen Möglichkeiten umgegangen wären. So, wie zu Beginn der Partie. 26 Sekunden waren genau gespielt, als Michael Müller mit einem präzisen Pass in die Tiefe Ranft im Torraum fand, und der Spielertrainer zum 1:0 für den SC einlochte. Cool, so, wie es sich für einen Torjäger gehört – erste Chance, erstes Tor. Der SC schien sein Visier eingestellt zu haben. Dass es danach mehr als 55 Spielminuten dauern sollte, bis der SC den starken Sebastian Dilly im KHC-Tor erneut überwinden würde, war da nicht zu ahnen.

Der Kreuznacher HC II, der mit einigen Spielern seiner Regionalligamannschaft angetreten war, die sogar über Zweitligaerfahrung verfügen, konterte in der kurzweiligen Anfangsphase sofort und drehte die Partie binnen fünf Minuten. Andreas Beißmann verwandelte eine Strafecke zum 1:1 (3.), und Jan Fürsicht nutzte seinen Raum im Schusskreis zum 2:1 (6.). Unmittelbar hatte Johannes Pehlke allerdings die erneute SC-Führung vergeben, als er an Dilly gescheitert war (5.). Johannes Pehlke hatte nun sowieso eine Pechsträhne beim Abschluss. In den Folgeminuten hatte er zweimal das 2:2 auf dem Stock, schoss aber einmal an der langen Ecke (6.) vorbei und verstoppte sich dann frei vor dem Tor (7.).

Nach diesem recht wilden Beginn beruhigte sich die Partie. Der Kreuznacher HC agierte sehr kontrolliert und schien darauf zu warten, dass der SC Räume öffnete. Der Aufsteiger tat den Gästen diesen Gefallen aber nur selten, weshalb Ranft seiner Mannschaft zurecht eine „starke taktische Leistung“ attestierte. Und das, obwohl Ranft die Defensivtaktik verändert hatte. „Das hat super geklappt“, fand der Coach und lobte weiter: „Auch läuferisch war das top von uns.“ Im Spiel führte die taktische Disziplin beider Teams zu dem Eindruck, dass sich die Mannschaften regelrecht belauern. Allerdings war die individuelle Klasse des KHC größer als die des SC. Die Idarer leisteten sich deshalb mehr Fehlpässe. Die Ballverlustgefahr bestand vor allem bei diagonalen Abspielen oder langen Pässen.

Das 3:1 fiel dann auch nach solch einem langen Fehlpass des SC. Der KHC schaltete schnell um, spielte von außen nach innen, und Benjamin Blaschke vollendete (17.). Eine Minute später verteidigte Alexander Roth bei einer KHC-Strafecke super gegen Beißmann (18.) und verhinderte so ebenso das 1:4 wie zwei Minuten später der unaufgeregt und sicher spielende SC-Torwart Andreas Schwarz gegen Yanneck Zimmermann (20.). Nur wenige Sekunden darauf begann Ranfts Chancentodphase. Aus spitzen Winkel scheiterte er an Dilly (20.), und keine halbe Minute darauf verpasste er frei vor dem Kasten einen Querpass von Jörg Künne (21.).

Die zweite Hälfte lebte lange Zeit von der Spannung. Mit Kampf, Laufbereitschaft und großer taktischer Disziplin hielt der SC dagegen und die Partie offen. Die Frage war, entscheidet der KHC die Angelegenheit mit dem 4:1 oder schafft der SC das 2:3 und sorgt somit so richtig für Dampf auf dem Kessel. Beide Varianten waren mehrfach möglich, aber beide Schlussleute präsentierten sich in Top-Form. Der SC verschoss ebenso zwei Strafecken wie der KHC. In der 37. Minute waren die Idarer dem 2:3 ganz nah, aber Leo Pehlke scheiterte nach Zuspiel von Andreas Schneider am Pfosten. Tatsächlich fiel bis zur 51. Minute kein Tor mehr, ehe es noch einmal turbulent wurde.

Zunächst schien der KHC tatsächlich auf die Siegerstraße abzubiegen. Beißmann verwandelte eine Strafecke zum 4:1 (51.). Der SC schien geschlagen, aber wehrte sich noch einmal und erhöhte das Risiko. Fünf Minuten vor Schluss machte Ranft eigentlich alles richtig. Er spielte den KHC-Schlussmann halb rechts im Schusskreis erst schwindelig und dann aus. Das 2:4 schien nur noch Formsache zu sein, die Idarer Anhänger jubelten schon – doch ein helles, unschönes, metallisches Geräusch signalisierte, dass Ranft nicht getroffen hatte. „Bang“ – der Pfosten stand im Weg. Wütend pfefferte der Spielertrainer seinen Stock auf den Hallenboden. Die Chance zur Wende schien endgültig vergeben zu sein (55.). So war es aber nicht. Knapp drei Minuten vor Schluss hämmerte Roth eine Strafecke zum 2:4 in die Maschen (57.). Der SC witterte noch einmal Morgenluft, attackierte früher und hatte Erfolg. 50 Sekunden vor Schluss traf Leo Pehlke in die kurze Ecke – 3:4 (60.). Danach allerdings spielten die KHC-Akteure all ihre Routine aus, brachten die Führung über die Zeit und freuten sich über einen glücklichen Sieg.

Für den SC Idar-Oberstein war dieses 3:4 gegen den Spitzenreiter aber ein Sieg der Moral, und es sollte dem Team Auftrieb geben. Das sah dann auch Coach Ranft so, nachdem er mit seiner Selbstgeißelung wegen seiner vergebenen Chancen fertig war. Er sagte: „Jetzt sammeln wir uns, fahren zum Kellerduell nach Grünstadt und hauen dort alles raus, was wir können.“ Das Duell beim Letzten des Klassements findet am Samstag, um 17.30 Uhr statt.

SC Idar-Oberstein: A. Schwarz – Grimm, Hüttner, Künne, Maus, Müller, J. Pehlke, L. Pehlke, Ranft, Roth, Schneider, T. Schwarz.

Von unserem Redakteur Sascha Nicolay