Mainz – Was macht ein echter Narr in den Wochen vor der Fastnacht? Richtig. Er bereitet sich auf die Sitzung vor. So wie Markus Höffer-Mehlmer für die legendären Meenzer Drecksäck. Was ihm dort widerfährt, schreibt er in seinem Tagebuch für MRZ online.
Lustig sollte es schon sein. Je näher Fastnacht rückt, desto intensiver wird in den Werkstätten der Drecksäck-Manufaktur gearbeitet. Jede Gruppe und jeder Einzelakteur hat dabei ein eigenes Timing und einen eigenen Rhythmus. Während die Einen noch mit wuchtigen Schlägen auf die Rohformen ihrer Vortragsideen eindreschen, sind die Anderen schon dabei, Überstände wegzufeilen und die Oberflächen zu polieren.
Zwischendurch lässt man das Werkzeug sinken, wischt sich mit einem rußigen Lappen den Schweiß ab und versucht zu raten, was gerade in den anderen Werkstätten passiert. Man hört zwar das Rumoren, sieht den Feuerschein durch die Türritzen und riecht den Rauch der Essen, aber die fertigen Werkstücke bekommt man erst beim so genannten Vorsingen zu sehen.
Eine zweiköpfige Jury entscheidet über die Beiträge und berät bei Kürzungen und Änderungen. Lampenfieber ist da unvermeidlich. Deshalb kann man sicher sein, dass außer der Jury kein wirklich entspannter Zuschauer dabei ist. Wenn jetzt jemand schmunzelt, weiß man: Super-Pointe, Klasse-Nummer!
Woher nehmen wir die Themen? Wenn es die Politik nicht gäbe, man müsste sie erfinden. Sie sichert Arbeitsplätze, auch in der anner Fastnacht. Aus ihren Rohstoffen wird sehr Unterschiedliches geschaffen. Manches lässt sich fast zärtlich verhohnepipeln und verschunkeln, anderes muss man geschliffen sezieren. Und auf manch groben Klotz gehört halt ein grober Kerl. Oder eine Kerlin.
Manchmal geht man an Grenzen. Des Materials oder des guten Geschmacks. Zu Beginn des Einmarschs in Afghanistan eine „Kappenfahrt in Kandahar“, am Vorabend des Irakkriegs „Die Bösen auf Achse“ oder „Und es war Sonntag“ von einem Messdienerchor intoniert, als Missbrauch in der Kirche noch kein Talkshowthema war. Da muss man damit rechnen, dass Zuschauer dazwischenrufen, Uiuiuiui anstimmen oder unter Protest den Saal verlassen.
Darf Fastnacht das? Bei den Drecksäck ja.
Vermutlich haben uns deshalb in den letzten Monaten viele Leute gefragt: „Macht Günter Beck weiter bei den Drecksäck mit? Jetzt, wo er doch Bürgermeister ist!“ Eins ist klar: Hinterher werden die einen sagen: „Die Drecksäck sind zahm geworden. Kein Wunder, jetzt wo Günter Beck Bürgermeister ist.“ Die anderen werden rufen: „Skandal! Ein Repräsentant dieser Stadt und dann sowas!“
Dabei gibt es doch berühmte Vorbilder dafür, dass Politiker auch lustig sein können. Man denke nur an Joschka Fischer oder Helmut Kohl.
Markus Höffer-Mehlmer ist Drecksack der ersten Stunde. Als Büb Käzmann ist er außerdem das „einzige Ein-Mann-Kabarett-Kollektiv der Welt“. Infos gibt es unter www.bueb-kaezmann.de. und unter www.meenzer-drecksaeck.de