Mainz – In der modernen Gesellschaft sind Bilder allgegenwärtig, im Fernsehen, im Internet, in der Werbung oder der Zeitung. „Wir kommunizieren inzwischen mehr durch Bilder als durch Sprache“, sagt Andreas Cesana, Vorsitzender der Stiftung „Johannes Gutenberg-Stiftungsprofessur“.
Mit dieser Flut der visuellen Eindrücke wird sich der zwölfte Gutenberg-Stiftungsprofessor beschäftigen, der Kunsthistoriker Gottfried Boehm von der Uni Basel. Unter dem Titel „Die Sprache der Bilder“ hat er sich fürs Sommersemester 2011 prominente Gäste eingeladen und wird selbst ausführlich von der Bildwissenschaft, einer sehr jungen Disziplin, erzählen.
„Wir verstehen heute recht gut, wie unsere Sprache funktioniert“, meint Cesana. „Aber wie die Sprache der Bilder funktioniert, ist bestenfalls in Ansätzen bekannt.“
Aus diesem Grund hat Boehm Bildgeschichte und Bildwissenschaft zu seinem Thema gemacht. Er leitet den Nationalen Schweizerischen Forschungsschwerpunkt „Eikones – Bildkritik, Macht und Bedeutung der Bilder“, das bisher umfangreichste Projekt des Schweizerischen Nationalfonds auf geisteswissenschaftlichem Gebiet. 40 Wissenschaftler verschiedenster Disziplinen arbeiten hier.
„Boehms Forschungsgegenstand lässt sich nur fächerübergreifend darstellen“, so Cesana. Der Professor werde also in seiner Vorlesungsreihe Kapazitäten aus der Primatologie, der Paläontologie und der Neurowissenschaft begrüßen. Denn Bilder haben auch für Affen Bedeutung, Bilder schuf der Mensch wahrscheinlich vor der Sprache, und Bilder lösen spezifische Prozesse im Hirn aus.
Im Jahr 2000 riefen die Freunde der Universität die Stiftungsprofessur ins Leben. Sie holten viel Prominenz an die Johannes Gutenberg-Universität, darunter Hans-Dietrich Genscher, den Soziobiologen Bert Hölldobler, Karl Kardinal Lehmann und zuletzt die Neurowissenschaftlerin Angela D. Friederici. An deren Thema „Sprache und Gehirn“ schließt nun „Die Sprache der Bilder“ an.
„Wir wollen mit der Stiftungsprofessur der Mainzer Uni zu mehr Reputation verhelfen und die Bandbreite des Angebots erweitern“, meint Klaus Adam, Vorsitzender der „Freunde“. Für dieses rund 50 000 Euro schwere Geschenk bedankte sich der Präsident der Uni, Georg Krausch, bei der Vorstellung des neuen Kandidaten.
Boehm wurde 1942 in Braunau geboren. Er studierte in Köln, Wien und Heidelberg Kunstgeschichte, Philosophie und Germanistik. Nach Lehraufträgen in Bochum und Gießen wurde er 1986 Ordinarius für Neuere Kunstgeschichte an der Uni Basel. Dort leitet er seit 2005 den Schwerpunkt „Eikones“.
Am 10. April wird Boehm offiziell im Mainzer Rathaus empfangen. Das ist fast ein Rückkehr für den Professor, denn er wuchs in der Pfalz auf. Zwei Wochen später beginnt seine Vorlesungsreihe auf dem Campus (jeweils dienstags, 18.15 Uhr), zu der nicht nur die Studenten, sondern alle interessierten Bürger eingeladen sind. „Wir rechnen mit rund 1000 Zuhörern“, sagt Adam. „Dieses Niveau hat sich über die Jahre gehalten.“
Mehr über die Vorlesungsreihe wird im April vom Stiftungsprofessor selbst zu erfahren sein. Fest steht aber: Es wird Bilder zu sehen geben, jede Menge Bilder.
Gerd Blase