Der Stiftungszweck, der Stifterwille schwingt jedes Mal mit, wenn Vorstand und Kuratorium tagen. Aus Anlass des „runden Geburtstags“ sprachen wir in der Simona an Dr. Bürkles Wirkungsstätte mit Vorstand und Kuratorium über die nach wie vor dringend nötige Unterstützung vor allem für benachteiligte Kinder und Jugendliche. In diesem Bereich liegt der Schwerpunkt der Förderung, wurde in dem fünfköpfigen Gremium mehrfach betont.
Dass die Stiftung inzwischen dank der erfolgreichen weltweiten Entwicklung der Simona jährlich gut 1,5 Millionen Euro ausgeben kann, ermöglicht umfangreichste Projekte. Eines der größten startete vor wenigen Tagen in der Zusammenarbeit mit der Alisa-Stiftung. Diese wurde von Ilse Lang, Tochter des einstigen Lederfabrikanten Jakob Müller, in Worms gegründet und mit einer großen Niederlassung in der Müller-Villa in Kirn ausgedehnt. Lederwerke Simon und Lederwerke Müller. Daraus wurden in Kirn die Simona, in Worms die Renolith-Werke, beide weltweit erfolgreiche Kunststoffunternehmen, die den Niedergang des Ledergeschäfts mehr als kompensiert haben. Jetzt arbeiten die Nachfolger der einstigen Konkurrenten eng zusammen.
Was würde Dr. Bürkle sagen? „Ach, Mädchen, ich hab doch noch so viel Zeit dafür“, sagte er oft zu seiner damaligen Sekretärin Gudrun Wiest, als es darum ging, endlich die von Dr. Bürkle angekündigte Stiftung zu gründen. Bürkle war eigentlich nur aus Karlsruhe nach Kirn gekommen, um, wie sich Gudrun Wiest erinnert, „die Lederwerke Simon dem Ende zuzuführen“. Er verstarb im August 2005, wurde für sein Wirken zum Ehrenbürger der Stadt ernannt. Also nichts mit „dem Ende zuführen!“
Bürkles Lions-Freunde, Justizrat Dr. Hans-Gert Dhonau (Sobernheim) und Dr. Rolf Gössler (langjähriger Aufsichtsrat der Simona), setzten den Wunsch zusammen mit Anita Bürkle 2007 in die Tat um. Zunächst war das Erbe Dr. Wolfgang Bürkles als Stiftungsvermögen gesetzt, dann kam das von Anita Bürkle (sie verstarb 2010) hinzu. Das kinderlos gebliebene Ehepaar verfügte über knapp ein Drittel der Simona-Aktien.
Mit der erfolgreichen Entwicklung des Kunststoffunternehmens kann die Stiftung segensreich wirken. „Das ist sicher ein großer Vorteil, dass wir nicht um Spenden bitten müssen“, sagt Dhonau. Die gute Finanzausstattung hat auch Schattenseiten, denn es vergeht kaum ein Tag ohne Anfragen, die dank der schlanken Verwaltung schnell beantwortet werden. „Wenn es Unklarheiten gibt, schicken wir J. P.“, scherzt Dhonau. Geschäftsführer Jürgen Pickel (J. P.) war Justiziar und Prokurist in der Simona, prüft auf Herz und Nieren. „Mein bisher bester Job“, wird Pickel von Vorstand Dr. Dhonau zitiert. Natürlich stelle man sich oft die Frage, ob dies oder jenes im Stiftersinne wäre.
Wer hat es bezahlt oder bezuschusst, wer hält die Hand drüber? Gefühlt mindestens 100-mal im Jahr höre ich dann: „Ei, die Bürkle-Stiftung, die haben doch genug Geld.“ So so, hat sie das? Viele Zeitgenossen machen es sich allzu leicht, über das Vermögen des früheren Simona-Chefs zu verfügen und ...Kommentar zum Wirken der Bürkle-Stiftung: Ohne sie wäre es düster
Bei vielen Projekten wissen Gudrun Wiest und Bürkles Lions-Freunde gut, wie es Bürkles gewollt hätten. Zum Beispiel bei der Unterstützung der Tafel Kirn. Da half die Bürkle-Stiftung von Beginn an, finanzierte Autos und Umbauten, trägt die Miete mit, hilft sogar aktuell, dass Milchprodukte gekauft werden können. Dafür seien die Tafeln eigentlich nicht da, weiß man im Entscheidungsgremium. Aber was nützen Satzungen und Vorgaben, wenn Not, gar große Not herrscht und die Leute kein Geld haben und zusätzlich viele Kriegsflüchtlinge zu versorgen sind?
Ein Herzensprojekt von Anita Bürkle war auch der Kirner Tierschutzverein, dem die Stiftung regelmäßig hilft. Immer wieder springt die Bürkle-Stiftung ein, wenn die Kommune mangels unzureichenden kommunalen Finanzausgleichs Aufgaben nicht erfüllen kann. Aktuelles Beispiel: Die Bürkle-Stiftung bezuschusst den Spielplatz der Hellbergschule.
Schnell wird geholfen, wenn Not herrscht. Etwa nach Hochwasser. So wie im Frühsommer in Winterbach und Winterburg, wo sich ein schwerbehinderter Senior mit Mühe und Not retten konnte. Hier hilft die Stiftung so wie an der Ahr oder wie vor drei Jahren im Fischbachtal. Dort wie an der Ahr waren und sind staatliche Hilfen zugesagt, doch sie fließen langsam und spärlich.
Oft helfen auch „kleine“ Beträge, wie sie im Hilfsfonds Kirner Land fällig sind. Hier kooperiert die Bürkle-Stiftung seit zehn Jahren mit der Soonwaldstiftung. Diese Kooperation funktioniert auch bei größeren Projekten wie der Finanzierung von behindertengerecht umgebauten Autos. Es dürften Dutzende gewesen sein.
„Kirn hat es nötig!“, sagte Dr. Bürkle. Er führte die Lederwerke Simon nicht zum Ende, sondern legte mit seinem Freund, Finanzfachmann und Mitaktionär Wilfried Möller, die Basis für weltweite Erfolge. Gut für Simona, dass man sich auf eine Handvoll Großaktionäre verlassen kann (Bürkle-Stiftung, Geschwister Möller, Rossmann, Sparkasse Biberach). Dr. Wolfgang Bürkle riss nicht ab. Er baute auf. 1956 macht er Versuche mit der Herstellung von Kunststoffplatten auf einer selbst gebauten Presse. Leder war dann fertig, Kunststoff die Zukunft, Simona wurde AG und größter Kirner Arbeitgeber. Kirn hat es dennoch nötig, Kirn muss man helfen, aus dem Loch herauszukommen, das war so, und die Aussage steht.
Ob das gelingt, mit vielfältiger Stiftungshilfe die Region auf wirtschaftlich festere Beine zu stellen? Ein wichtiger Punkt wäre, die von Kleinkind bis Student groß ausgebildeten, benachteiligten und teils sogar zum Universitätsabschluss geführten Kinder der Region eines Tages als Führungskräfte wieder zu begrüßen. Ob das gelingt? Es ist fraglich, denn wer studieren geht, kehrt selten nach Kirn zurück, weil hier halt auch die Unternehmen fehlen.