Von unserem Mitarbeiter Eric Scherer
Denn das seit Jahren praktizierte Doppelpassspiel zwischen Profifußball und Politik könnte von der Europäischen Union als „Beihilfe zum illegalen Wettbewerb“ gewertet werden. Diesen Verdacht sieht zumindest der Steuerzahlerbund Rheinland-Pfalz gut begründet. Was wiederum zu Rückzahlungsforderungen in zweistelliger Millionenhöhe führen und den ohnehin klammen Verein endgültig ruinieren könnte.
Der Steuerzahlerbund sieht in den verschiedenen Hilfen, die dem FCK von Stadt und Land gewährt wurden, indirekte Subventionen. Diese könnten von der Europäischen Union als unerlaubte Beihilfen angesehen werden. Aber der Reihe nach.
WM-Stadion als schwere Bürde
Dass der Verein sich mit dem Ausbau seines Stadions zur Spielstätte für die Fußball-WM 2006 seinerzeit hoffnungslos übernahm, ist sattsam bekannt. Überleben konnte er erst, nachdem die Stadt Kaiserslautern ihm die Arena am Betzenberg und das Nachwuchsleistungszentrum am Lauterer Fröhnerhof für 56 Millionen Euro abkaufte. Schon dies war aus Sicht der klammen Kommune ein kaum vorteilhafter Deal: ein Objekt zu erstehen, für das es kaum jemals einen weiteren Nutzer geben würde. Hinzu kam, dass die Baukosten für das WM-Stadion explodierten, von 48,3 Millionen auf knapp 72 Millionen Euro. Irgendwie schafften es Stadt und Land, diese Belastungen gemeinsam zu schultern.
Um den Kaufpreis zu stemmen, wurde ein Bankkredit aufgenommen, für den die Stadt bürgt. Der sollte durch die Pacht getilgt werden, die der FCK an die neu gegründete Stadiongesellschaft abzuführen hatte, die fortan als Betreiber fungierte: 3,2 Millionen Euro pro Jahr. Ein Betrag freilich, der laut Steuerzahlerbund lediglich die Kreditzinsen deckt, sodass nichts zur Tilgung bleibt.
Zu allem Überfluss stieg der Verein 2006 auch noch in die Zweite Liga ab, was niedrigere Einnahmen bedeutete. In anderen Fußballstädten sind für solche Fälle Staffelmieten vorgesehen, im Pachtvertrag des FCK bislang jedoch nicht – ein ungeheuerliches Versäumnis des damaligen Vorstandsvorsitzenden Rene C. Jäggi. Der Verein sah sich nicht mehr in der Lage, die Miete in voller Höhe abzuführen. Fortan beantragte er wiederholt Minderungen, über die der Stadtrat zu entscheiden hatte – und die er stets gewährte. Zurückzahlen wollte der FCK in Form von „Besserungsscheinen“, sobald es die wirtschaftliche Situation erlaubt. Tatsächlich zurückgeflossen sind bis heute rund 1,5 Millionen Euro, an Reduzierungen gewährt wurden bislang allerdings mehr als 5 Millionen Euro.
Mehr als nur ein Stück Identität
Wie gesagt: Dies alles ist seit Jahren bekannt, provozierte bis jetzt aber nur hier und da mal kritische Betrachtungen, die in der Pfalz jedoch kaum registriert wurden. Schließlich ist der FCK für Stadt und Region mehr als nur ein Stück Identität. In guten Jahren gehört er zu ihren potentesten Steuerzahlern, dort gibt es kaum ein Gewerbe, das nicht profitiert, wenn der Fußball Massen in die Stadt lockt. Insofern war es für die vom Fußball beherrschte Pfälzer Seele in Ordnung, wenn Stadt und Land finanzielle Drahtseilakte unternahmen, um den FCK am Leben zu halten. Der Steuerzahlerbund sieht das freilich anders – und wenn die zuständige EU-Kommission seiner Auffassung folgt, wird’s für den Verein, aber auch für die Stadt fatal. Gegen niederländische und spanische Vereine laufen bereits ähnliche Ermittlungen.
Die Bombe platzt in einer Zeit, die schon schicksalsschwer genug ist: Der FCK spielt zwar noch um den Aufstieg in die Erste Liga mit, allerdings keinesfalls souverän. Der Vorstandsvorsitzende Stefan Kuntz wird zunehmend angreifbar, ein Hauptsponsor für die nächste Saison ist noch nicht gefunden.
Dabei schienen gerade zwei Weichen erfolgreich gestellt zu sein. Mit der Stadt war sich der Verein über einen Rückkauf des Fröhnerhofs einig geworden – er sollte für 2,6 Millionen Euro wieder zu seinem Vorbesitzer wechseln. Außerdem sollte ein neuer, gestaffelter Pachtvertrag greifen: In Liga zwei will der FCK fortan 2,4 Millionen, in Liga eins 3,6 Millionen Euro zahlen.
Doch auch in diesen beiden Deals sieht der Steuerzahlerbund Verdachtsmomente, die auf unlautere Beihilfen hindeuten: 2003 habe der Kaufpreis für den Fröhnerhof bei 6 Millionen Euro gelegen. Wenn er nun mit 3,4 Millionen Euro Differenz an den Verein zurückgehe, sei das eine versteckte Subvention. Der Pachtvertrag für das Stadion wird nun geprüft, nachdem die Kommunalaufsicht bei der Stadt intervenierte.
Der Verein wehrt sich: Der Kaufpreis für den Fröhnerhof setze sich aus 2 Millionen Euro für den Kurswert des Grundstücks zusammen – und den 600 000 Euro, die Plätze und Gebäude nach mehr als zehn Jahren eben noch wert seien. René Quante, Geschäftsführer des Steuerzahlerbundes Rheinland-Pfalz, vermisst bislang jedoch Gutachten, die diese Zahlen belegen – vor allem die 6 Millionen Euro, die der Fröhnerhof im Jahr 2003 wert gewesen sein soll. Doch auch wenn die Abschreibungen korrekt seien, stelle sich die Frage, warum die Stadt nicht lieber weiter Pacht für das Objekt kassiert – der Verkauf bedeute einen Verlust von 3,4 Millionen Euro, die letzten Endes der Steuerzahler berappt.
Steuerzahlerbund fühlt sich nicht ausreichend informiert
Und damit nicht genug: Der Verkaufserlös soll nicht zur Tilgung des Gesamtkredits aufgewendet werden, sondern in einen „Zinspachtpool“ fließen – für René Quante ist dies ebenfalls nur ein Modell zur Verschleierung der immer noch zu niedrigen Pachteinnahmen. Nicht ausreichend informiert sieht sich der rheinland-pfälzische Steuerzahlerbund auch, was das im Stadion untergebrachte Fritz-Walter-Museum angeht. Mitte 2010 hätten Stadt und Land hierfür 360.000 Euro zur Verfügung gestellt, bislang sei aber nicht ersichtlich, wie die Mittel tatsächlich eingesetzt wurden.
FCK-Chef Kuntz beteuert, der Verein habe davon bislang 180 000 Euro erhalten, deren Verwendung sei sauber dokumentiert, der Stadt lägen alle Belege vor. Wie im Übrigen auch allen weiteren Überprüfungen zum Pachtvertrag fürs Stadion und dem Kauf des Fröhnerhofs guten Gewissens entgegengesehen werden könne.
Quante hingegen wundert sich, warum sich die Stadt dann so schwertut, die Fragen von Kommunalaufsicht und Steuerzahlerbund zu beantworten. In der Tat: Selbst die Anfrage unserer Zeitung, bis wann denn mit Antworten zu rechnen sei, blieb bislang unbeantwortet. In der Vorwoche war die Pressestelle der Stadt Kaiserslautern unbesetzt, hieß es.
Teures Schreckensszenario
Und was blüht dem FCK, wenn die EU tatsächlich „Beihilfen zur illegalen Verzerrung des Fußball-Wettbewerbs“ erkennt? Die gute Nachricht für die Lauterer: Weiter als zehn Jahre werden die Vorgänge nicht zurückverfolgt. Aus eventuell zu beanstandenden Deals im Zuge des WM-Stadionbaus würden dem FCK also wohl keine Forderungen mehr entstehen. Der Rückkauf des Fröhnerhofs könnte platzen – das wäre ärgerlich, weil der Verein auch eine „Fananleihe“ aufgenommen hat, um die Anlage zukunftsträchtig auszubauen, aber keine existenzielle Bedrohung.
Anders sieht es aus, wenn alle Pachtminderungen der vergangenen Jahre zurückgezahlt werden müssten. Das wären nach Quantes Schätzung für jedes Zweitligajahr des FCK rund 2 Millionen Euro – so viel nämlich, glaubt er, seien jeweils von der Stadt in die Stadiongesellschaft gepumpt worden. Ob der Verein das schaffen würde, ist äußerst fraglich. „Vielleicht gibt es da ja Rückzahlungsmodelle, die es ihm möglich machen“, erklärt Quante und betont, dass es ihm nicht darum geht, den FCK kaputtzumachen. „Wir als Steuerzahlerbund fordern lediglich, dass die Politik aufhört, Steuergeld in den Profifußball zu stecken. Profisport sollte sich finanziell selbst tragen.“
Unabhängig davon, wie die aktuellen Probleme beseitigt werden, dürfte sich das in Kaiserslautern ohnehin erledigt haben. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer verhält sich dem FCK gegenüber wesentlich distanzierter als ihr Vorgänger Kurt Beck. Und in Kaiserslautern wird im Mai ein neuer Stadtrat gewählt. Ob der künftig so geschlossen wie bisher die Hand hebt, wenn es gilt, einem FCK-Begehr stattzugeben, darf angesichts der aktuellen Unruhen bezweifelt werden.