Volleyball: Idar-Obersteiner verlieren das Gastspiel beim TV Feldkirchen II - Schiedsgerichtsieht ständig "technische Fehler" beim SSVGH
SSVGH Idar-Oberstein fühlt sich verschaukelt und verlässt die Halle
Trainer Manuel Scherer (mit Kladde) und seine Akteure stehen vor dem ersten Heimspiel der Saison
Joachim Hähn

Neuwied. Beim Stand von 1:1 Sätzen und 15:20 im dritten Durchgang war das Maß voll für den SSVGH Idar-Oberstein. Die Mannschaft um Trainer Manuel Scherer brach die Volleyballpartie in der Rheinland-Pfalz-Liga beim TV Feldkirchen II ab und verließ die Halle des Werner-Heisenberg-Gymnasiums in Neuwied.

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Der Coach wurde ganz deutlich: „Wir haben uns zu hundert Prozent verschaukelt gefühlt. So etwas hat noch keiner von uns mitgemacht“, stellte Manuel Scherer klar. Auslöser für den SSVGH, die Partie abzubrechen, waren umstrittene Entscheidungen des Schiedsgerichts, das der TV Feldkirchen stellte. Immer wieder wurde beim „oberen Zuspiel“ der Idar-Obersteiner Zuspieler auf technischen Fehler entschieden. „Uns wurde ungefähr 20 technische Fehler abgepfiffen, Feldkirchen vielleicht drei“, schimpfte Scherer über dieses Ungleichgewicht.

Filmen verboten

Für den Coach hatte der Eklat eine Vorgeschichte. Der TV Feldkirchen II war vom Staffelleiter beauftragt worden, das Schiedsgericht zu besorgen und hatte damit offenbar Probleme. Am Tag vor der Partie fragten die Gastgeber beim SSVGH an, ob die Schmuckstädter das Schiedsgericht übernehmen könnten. „Das haben wir wegen der Kurzfristigkeit der Anfrage abgelehnt“, sagt Scherer und berichtet weiter: „Am Abend vor dem Spiel hatte der TV dann jemanden gefunden, der pfeifen würde. Dafür wollten die Feldkirchener das Spiel um zwei Stunden nach hinten verlegen.“

Scherer platzte hier zum ersten Mal der Kragen. Er telefonierte mit dem Staffelleiter. „Ich habe mich darüber beschwert, dass offenbar jeder macht, was er will, dass sich keiner mehr an Termine gebunden fühlt und habe gefordert, entweder einen einigermaßen vernünftigen Spielbetrieb auszutragen oder keinen.“ Laut Scherer sprach Staffelleiter Sven Retzlaff daraufhin ein Machtwort und stellte klar, dass die Partie in Neuwied beim TV Feldkirchen II wie angesetzt auch stattfinden müsse. Ein harmonischer Start in die Begegnung war danach freilich eher nicht mehr zu erwarten.

In der Halle des Werner-Heisenberg-Gymnasiums erlebte der SSVGH dann eine Überraschung, als er seine Kamera aufbauen wollte. Scherer erklärt: „Wir zeichnen unsere Spiele immer auf und damit gab es nie ein Problem.“ In Neuwied war das anders. Scherer berichtet: „Ein Verantwortlicher des TV Feldkirchen kam, meinte, er mache von seinem Hausrecht Gebrauch und untersagte uns das Filmen.“ Scherer war sich zwar sicher, dass dies bei einer öffentlich zugänglichen Veranstaltung überhaupt nicht statthaft war, wollte aber kein Öl ins Feuer gießen.

„Ich habe schon geahnt, in welche Richtung die Veranstaltung laufen könnte“, sagte der Trainer. Kurios: Auch der TV Feldkirchen hat schon von den Videoaufzeichnungen des SSVGH profitiert. „Nach unserem Spiel in Etzbach haben die Feldkirchener bei uns nachgefragt, ob sie die Filmaufnahmen haben könnten. Dass der TV Feldkirchen in seiner Halle keine Aufzeichnungen genehmigen wollte, wundert Scherer im Nachhinein nicht: „Keine Bilder, keine Belege“, sagte er und meinte die umstrittenen Schiedsrichterentscheidungen.

SSVGH gewinnt ersten Satz

Das Schiedsgericht bildeten ein Spieler der ersten Feldkirchener Mannschaft und eine Akteurin des zweiten Frauenteams des Vereins. Der erste Satz begann von beiden Seiten nervös, es ging schließlich um den Klassenverbleib. Der SSVGH geriet in Rückstand, so dass Scherer bei 10:12 die erste Auszeit nahm. Die wirkte. Die Idar-Obersteiner drehten die Angelegenheit, gingen 16:14 in Führung, als Sebastian Scherer, dem Zuspieler des SSVGH, zum ersten Mal ein „oberes Zuspiel“ als technisch fehlerhaft abgepfiffen wurde. Anschließend wurde ein klarer Punkt von Christian Lehnen nicht gegeben, ehe Sebastian Scherer der nächste technischen Fehler angekreidet wurde. Trotz aller Widrigkeiten verwandelte der SSVGH seinen Satzball zum 25:23.

Im zweiten Satz, der SSVGH lag 0:4 und 3:8 zurück, kassierte Sebastian Scherer einen technischen Fehler nach dem anderen. Das ging so weit, dass der erfahrene Spieler lieber „baggerte“ als „pritschte“. „Er hatte Angst, dass sein Zuspiel oben abgepfiffen werden würde“, erklärt sein Bruder und Coach Manuel Scherer. Der Trainer entschied sich zum Wechsel und brachte Mirko Hellwig als Zuspieler. Der Durchgang ging 15:25 verloren.

SSVGH lässt sich verunsichern

Im dritten Satz beorderte Manuel Scherer Außenangreifer Christian Lehnen auf die Zuspielerposition. „Auch um den Schiris zu zeigen, dass sie jetzt den dritten Zuspieler von uns serviert bekommen, dem sie technische Fehler nachweisen können“, erklärte er. Hristo Zhelyakov griff nun von außen an. Der Erfolg war mäßig, der SSVGH lag 5:8 zurück. Manuel Scherer stellt klar: „Viele Fehler haben wir selbst produziert, wir haben uns verunsichern lassen.“ Der Trainer erklärt weiter: „Wir haben wirklich bärenstarke Angreifer, aber wir haben es nicht geschafft, diese ins Spiel zu bringen, weil wir Bedenken hatten, dass jedes Zuspiel als technischer Fehler gewertet werden könnte.“

Manuel Scherer sieht Rot

Nach einem weiteren auf diese Art verlorenen Punkt reichte es dem SSVGH-Trainer. „Ich habe meinen Unmut kundgetan und gesagt, dass ich wisse, warum wir nicht in Führung liegen würden.“ Die Folge war die Rote Karte für den Coach, die im Volleyball aber nicht bedeutet, dass er die Halle verlassen muss, sondern lediglich zum Punktabzug führt. Allerdings schaukelte sich jetzt die Ärgerstimmung beim SSVGH nach oben. Beim nächsten Aufschlag entschied das Schiedsgericht auf Fußfehler. „Sie konnten das nicht sehen und haben auf Zuruf entschieden“, betonte Manuel Scherer, räumte aber ein, dass tatsächlich ein Fußfehler vorgelegen habe. Trotzdem, der Unmut bei den Idar-Obersteinern wurde immer größer und die Entscheidung zum Spielabbruch rückte näher.

Beim Stand von 13:16 im vierten Satz nahm Scherer eine Auszeit und teilte seiner Mannschaft dabei mit, dass er in Erwägung ziehe, das Spiel vorzeitig zu beenden. „Die Jungs waren da bei mir“, sagt er. Und bei der nächsten umstrittenen Entscheidung und dem Feldkirchener Punkt zum 20:15 war es dann soweit: „Wir haben die Halle verlassen“, erzählt Scherer.

SSVGH spielt Saison zu Ende

Natürlich wurde die Partie als verloren gewertet, doch Mannschaft und Trainer saßen hernach noch lange beisammen und beratschlagten, ob sie die Saison zu Ende spielen wollten. „Letztlich haben wir uns dafür entschieden, weil wir ja eigentlich Volleyball spielen wollen. Wir werden jetzt versuchen, die drei fehlenden Punkte zu holen, um nicht in die Abstiegsrunde zu müssen“, erläuterte Scherer, ehe er das das denkwürdige Abenteuer beim TV Feldkirchen II mit den Worten beendete: „Ich betreibe jetzt seit 34 Jahren aktiv Volleyball, aber so etwas habe ich noch nie erlebt.“

SSVGH Idar-Oberstein: Rosenstiel, Gebert, Tosun, F. Lehnen, Kirstein, Zhelyakov, C. Lehnen, Stein, Hellwig, Jishkariani, Scherer, Frinke

Von unserem Redakteur Sascha Nicolay