Als die Brachbacherin beim Weltcup im lettischen Sigulda als 15. des 26-köpfigen Starterfeldes an der Reihe war und im Anschluss an ihre erste Abfahrt auf Rang 13 geführt wurde, hatten sich bereits nahezu sämtliche Hoffnungen auf eine so wichtige Top-Acht-Platzierung zerschlagen. Das wusste Bundestrainer Christian Baude, der nach Löllings Zieleinfahrt wie erstarrt wirkte, und das wusste die Pilotin selbst, deren obligatorische Grüße in Richtung Kamera beim Verlassen des Zielkanals kaum verhaltener hätten ausfallen können. Zumal der 26-Jährigen zu diesem Zeitpunkt sogar ein Debakel drohte, wie sie es in diesem Winter schon einmal erlebt hat.
Denn angesichts der elf Fahrerinnen, die noch folgten, stand für Lölling sogar die Teilnahme am zweiten Lauf, für den sich nur die besten 20 qualifizieren, auf der Kippe. Das war ihr Ende November überhaupt zum ersten Mal in ihrer Laufbahn passiert, als sie in Innsbruck-Igls als 21. des ersten Durchgangs keine zweite Chance erhielt.
Von einem derartigen Tiefschlag blieb die dreifache Weltcup-Gesamtsiegerin diesmal zwar verschont. Doch abhaken konnte sie den drittletzten Weltcup der Saison gewissermaßen trotzdem. Es hätte schon eine Leistungsexplosion gebraucht, um einerseits die 0,53 Sekunden wettzumachen, die zwischen ihr und Alina Tararychenkova lagen. Die Russin nahm als Achte jenen Platz ein, den Lölling mindestens erreichen musste, um den olympischen Winterspielen im Februar ein Stück näher zu kommen. Dafür musste die Brachbacherin als 18. des ersten Durchgangs außerdem darauf hoffen, dass inklusive Tararychenkova gleich zehn Konkurrentinnen noch patzen würden.
Wie zu erwarten, tat ihr bis auf Anna Fernstädt keine den Gefallen. Auch eine Leistungsexplosion ihrerseits blieb aus, wobei Lölling Kampfgeist zeigte und sich im Vergleich zu Durchgang eins immerhin um 0,46 Sekunden verbesserte. In der Endabrechnung kam sie damit aber nicht über einen enttäuschenden 17. Platz hinaus.
Gehört Lölling am Start seit jeher zu den schwerfälligeren Athletinnen, so fehlt ihr in diesem Winter auch in der Bahn schlichtweg die Leichtigkeit. Jede Kurve scheint mit zu viel Arbeit verbunden, als dass die „Queen of speed“, wie sie die Kommentatoren im Livestream des Weltverbandes IBSF sonst gerne nennen, Geschwindigkeit aufnehmen könnte. Damit ist gerade im Eiskanal von Sigulda, den die IBSF-Kommentatoren treffend mit dem Ritt auf einem Bullen vergleichen, einfach nichts zu holen – kein Top-Acht-Ergebnis, und schon gar keine Platzierung auf dem Podium.
In den verbleibenden Weltcups in Winterberg (7. Januar) und St. Moritz (14. Januar) muss Lölling nun zwingend beide Male unter die ersten Acht fahren, um auf den letzten Drücker doch noch den Anforderungen des Deutschen Bob- und Schlittenverbands für eine Teilnahme an den Winterspielen im chinesischen Yanqing gerecht zu werden. Sonst würde im Februar mit der inzwischen vom Skeleton-Sport zurückgetretenen US-Amerikanerin Lizzy Yarnold nicht nur die Olympiasiegerin von 2018 fehlen, sondern auch die Silbermedaillengewinnerin. Andreas Hundhammer