Tischtennis – Dass sich sportlich erfolglose und finanziell klamme Vereine aus der höchsten Spielklasse abmelden, ist nicht ungewöhnlich. Beides trifft auf den FSV Kroppach nicht zu, und dennoch wird der Klub, der in der Tischtennis-Bundesliga der Frauen zuletzt fünf deutsche Meistertitel in Folge gewann und auch aktuell die Tabelle anführt, seine Mannschaft am Saisonende zurückziehen. Das hat das aus Hans-Jürgen Bertling, Horst Schüchen und Wilfried Leicher bestehende Führungstrio der Abteilung beschlossen und am Samstagmorgen den Spielerinnen mitgeteilt.
Rückzug aus persönlichen Gründen
Dabei gibt Horst Schüchen rein persönliche Gründe an. „Wir haben gemeinsam mit unseren Partnern und Sponsoren immer Konzepte über vier Jahre verfolgt, die in der Saison nach den Olympischen Spielen endeten. Eine neue Entscheidung war also nun turnusmäßig fällig“, erklärt der Geschäftsführer. „Ich bin selbst beruflich stark eingespannt, Hans-Jürgen Bertling wird 70 Jahre alt, und viele unserer Haupthelfer sind in einem ähnlichen Alter. Wir haben lange diskutiert und uns dazu entschlossen, keine weiteren vier Jahre dranzuhängen. Wir wollen uns nicht mehr so lange binden.“
Schüchen versichert, diese Entscheidung sei „zu 100 Prozent aus persönlichen Gründen“ erfolgt, finanzielle Aspekte hätten dabei keine Rolle gespielt: „Uns lagen schon Zusagen für die nächste Saison vor.“ Vielmehr spielte ein gewisser Frust eine Rolle, dass es in der Bundesliga nicht vorangeht. „Wir reden seit Jahren über Verbesserungen, aber wenn die Vereinsvertreter nach stundenlangen Gesprächen auseinandergehen, geschieht nichts.“
Bei den Spielerinnen, die ihre Begegnungen gegen Bingen (6:4) und Watzenborn (6:0) gewannen, sorgte die Mitteilung am Wochenende für Entsetzen. „Wir waren alle total geschockt und überrascht, es gab im Vorfeld keine Andeutungen in diese Richtung“, sagte die aus Ochtendung stammende Nationalspielerin Kristin Silbereisen. „Es ist jammerschade, dass in Kroppach im April einfach die Türen abgeschlossen werden. Es hat Riesenspaß gemacht, für den FSV Kroppach zu spielen. Strukturen, Umfeld, Fans, Mannschaft, Harmonie – dort hat einfach alles gestimmt. Ich habe ja für verschiedene Vereine gespielt, aber ich glaube nicht, dass ich so etwas noch einmal erleben werde.“
Silbereisen: Kein Motivationsloch
Hinsichtlich des weiteren Saisonverlaufs sieht Kristin Silbereisen allerdings nur sehr bedingt Probleme. „Natürlich war es nicht einfach, nach dieser Hiobsbotschaft zur Weihnachtsfeier der Kinder im Verein zu gehen, dann am Abend in Watzenborn zu spielen und sich nichts anmerken zu lassen. Aber wir sind alle Profis und werden mit Sicherheit nicht in ein Motivationsloch fallen, obwohl es für uns in der Rückrunde sicherlich nicht leichter werden wird. Aber wir wollen uns auf jeden Fall mit einer weiteren Meisterschaft aus Kroppach verabschieden.“
Besonders bedauerlich findet es Kristin Silbereisen, dass die Kroppacher Mannschaft mit Sicherheit auseinandergerissen werden wird. „Wir haben eine tolle Kameradschaft, die uns so stark gemacht hat. Wir werden natürlich nicht alle bei einem Verein unterkommen. Die meisten Klubs fangen jetzt erst richtig an, für die nächste Saison zu planen. Insofern sind wir zumindest froh, dass man uns frühzeitig informiert hat.“
Die Erfolge des FSV Kroppach
Der FSV Kroppach stieg in der Saison 1999/2000 in die Tischtennis-Bundesliga der Frauen auf. Schon 2002 wurde der kleine Verein aus dem Westerwald zum ersten Mal Deutscher Meister, im Jahr darauf gewannen Nicole Struse, Jie Schöpp und Wu Jiaduo den Europapokal der Landesmeister. Nach mehreren Vizemeisterschaften wurde der FSV Kroppach in der Bundesliga absolut dominant. In den Jahren 2008 bis 2012 wurden fünf deutsche Meisterschaften in Folge gefeiert. Immer dabei waren „Dudu“ Wu Jiaduo und Krisztina Toth. Auch in der laufenden Saison führt der FSV Kroppach nach der Hinrunde die Bundesliga-Tabelle an.
Von unserem Redakteur Christoph Gerhards