Ein CDU-Politiker aus dem Westerwald hat mit schwulenfeindlichen Aussagen auf Facebook für Aufregung gesorgt. Der Vorsitzende des CDU-Gemeindeverbandes Wallmerod und Beisitzer im Landesvorstand der Jungen Union, Sven Heibel, schrieb am Donnerstag in dem Online-Netzwerk unter anderem, vor 20 Jahren sei die Strafbarkeit der Homosexualität im Strafgesetzbuch (Paragraf 175) abgeschafft worden. „Ich weiß nicht, ob das ein Grund zum Feiern ist.“ Das sorgte sowohl im Internet als auch unter Politikern für heftige Reaktionen.
Der Paragraf 175 hatte schwule Kontakte lange Zeit generell unter Strafe gestellt und später ein anderes Schutzalter als für Heterosexuelle festgelegt.
Die rheinland-pfälzische CDU distanzierte sich von den Aussagen. Die von Heibel geäußerte Meinung sei nicht die Position der CDU Rheinland-Pfalz. Unions-Landeschefin Julia Klöckner twitterte: „Ganz klar: Nicht CDU-Position, klare Distanzierung.“ Die Junge Union reagierte noch heftiger: „Ich wüsste, was ich an der Stelle von Sven Heibel so schnell wie möglich machen würde“, twitterte der CDU-Bundestagsabgeordnete und JU-Landesvorsitzende Johannes Steiniger. „Über alles andere berät der Landesvorstand heute Abend.“
Am Abend enthob der JU-Landesvorstand dann Sven Heibel seines Amtes als Beisitzer im Landesvorstand, wie Steiniger der dpa mitteilte. Heibel sei zudem aufgefordert worden, sich von dem Eintrag auf Facebook zu distanzieren. „Wir distanzieren uns vehement von diesen Aussagen.“ Sie stünden diametral den Werten der JU entgegen.
Heibel, der auch Ortsbürgermeister von Herschbach im Westerwald ist, sagte am Donnerstagnachmittag auf dpa-Nachfrage, er habe mit einem solchen Ausmaß an Kritik nicht gerechnet. „Ich bin doch etwas überrascht.“ Er sei über das Ziel hinausgeschossen und würde das so nicht mehr tun. „Jetzt ist es aber passiert.“
Dem SWR sagte er, er habe nicht zum Ausdruck bringen wollen, dass er die Gefängnisstrafe für Schwule wieder einführen wolle. Er habe nur zeigen wollen, dass es auch andere Meinungen gebe – nicht nur in seiner Partei, auch in der Gesellschaft. „Ich will niemanden diskriminieren, aber wir haben eine Schutzpflicht für unsere Kinder.“ Unter anderem stört er sich an Schwulen, die sich in der Öffentlichkeit küssen. Dies sei „einfach nicht schön“: Im Versammlungsrecht könne man doch „bestimmte Dinge“ in der Öffentlichkeit verbieten, sagte er dem SWR. Von den Medien wünsche er sich, dass Dinge wie das Outing des Fußballers Thomas Hitzlsperger „nicht mehr so zum Hype“ gemacht werden.
Ein Bild, das Sven Heibel gar nicht gefallen dürfte: Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig hisst anlässlich der Berliner Pride Week und dem bevorstehenden Berliner Christopher Street Day eine Regenbogenflagge vor ihrem Ministerium.
Der grüne Bundestagsabgeordnete Volker Beck – einer der ersten offen schwulen Bundestags-Abgeordneten – wandte sich in einem Brief an Klöckner. Menschenverachtende Aussagen wie die von Heibel hätten in einer demokratischen Partei nichts verloren, heißt es darin. „Von der Vorsitzenden einer demokratischen Partei erwarte ich eine klare Reaktion.“ Bei Menschenfeindlichkeit gebe es nichts schön zu reden, zu relativieren und schon gar nichts zu verschweigen. Klöckner schrieb unter anderem zurück: „In einer Partei hat man viele Mitglieder, sei es prominente, sei es weniger Prominente, die mit Einzelmeinungen nicht die Meinung der Partei widerspiegeln.“ Sie lehne jede Diskriminierung von Homosexualität ab.
Harsche Kritik kam von der Landes-SPD. Generalsekretär Jens Guth sprach von menschenverachtendem Gedankengut. „Mit diesen Äußerungen wäre Sven Heibel im dunklen Mittelalter weitaus besser aufgehoben als im Jahr 2014.“ Als Kommunalpolitiker sei er nicht länger tragbar. Die rheinland-pfälzische Grünen-Vorsitzende Katharina Binz teilte mit, Heibels Worte seien an Ignoranz kaum zu überbieten.