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Schmell: Wir haben die Abstiegsgefahr unterschätzt

Christoph Schmell (rechts) in seinem letzten Regionalligaspiel gegen Hessen Kassel. Mit dem SC Idar-Oberstein will er in der kommenden Oberliga-Saison oben mitmischen. Foto: Joachim Hähn

Joachim Hähn

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Idar-Oberstein – Christoph Schmell ist einer der wichtigsten Spieler des SC Idar-Oberstein. Nicht nur, weil er über große fußballerische Klasse verfügt, sondern auch, weil er seine Meinung konsequent vertritt. Aber vor allem, weil er zu den ganz Treuen gehört. Mittlerweile ist „Schmello“ der dienstälteste Akteur in Reihen des SC Idar-Oberstein. Die kommende Oberligasaison wird seine neunte Spielzeit im Dress der Idarer werden. „Aus beruflichen Gründen wird es wohl meine letzte Saison beim SC Idar“, erklärt Schmell. Aber vorher will er mit dem SC noch einmal oben angreifen. Im Interview mit der Nahe-Zeitung nimmt Schmell unter anderem Stellung zu seinen den Höhepunkten beim SC Idar, der Regionalliga, dem Abstieg und dem neuen Trainer Thomas Riedl.

Herr Schmell, waren die beiden Regionalligaspielzeiten das Highlight für Sie beim SC Idar?

Sie waren einer von mehreren Höhepunkten. Schon meine erste Saison mit dem Aufstieg aus der Verbandsliga in die Oberliga war überragend. Und natürlich auch die Oberliga-Meisterschaft mit dem Aufstieg in die Regionalliga, wenngleich da die Stimmung wegen des verlorenen Verbandspokalfinales gegen Zweibrücken etwas getrübt wurde.

Und was bleibt von der Regionalliga hängen?

Erfahrungen, die einem keiner mehr nehmen kann. Außerdem einzelne besondere Spiele. In Dortmund, in Essen oder auch in Kassel, Mannheim oder Ulm.

Welche der beiden Spielzeiten fanden Sie interessanter?

Von den Orten war die erste Saison interessanter. In der zweiten Saison war Regionalliga schon ein Stück weit normaler, auch wenn wir uns immer als Oberliga-Verein gesehen haben, dem es möglich war, eine Klasse höher mitzuspielen. In vielen Spielen haben wir ja auch nachgewiesen, dass wir mithalten können.

Am Ende dieser Saison stand der Abstieg, obwohl das Jahr 2012 mit 23 Punkten abgeschlossen wurde und alles auf den Klassenverbleib hindeutete. Was ist passiert?

Ich sehe das wie Christoph Schunck. Wir haben unseren Spielstil geändert – und dann hatten wir auch kein Glück mehr. Ich habe schon in der Hinrunde gesagt, dass wir aufpassen müssen, wenn wir mal nicht mehr so viel Glück haben, wie zum Beispiel in Eschborn, wo wir aus dem Nichts gewonnen haben. Außerdem hatten wir auch eine überragend schlechte Winter-Vorbereitung.

Inwiefern hat die Mannschaft ihren Spielstil geändert?

Im ersten Jahr in der Regionalliga haben wir uns hinter der Mittellinie aufgebaut. Wir haben dabei zwar weniger nach vorne gespielt, aber es war die Voraussetzung dafür, dass wir immer mit allen Spielern hinter dem Ball waren. Dann wurde uns vorgegeben, dass wir weiter vorne attackieren sollen. Das hat aber nicht geklappt. Man muss realistisch sehen, dass das Umschalten nach hinten bei Ballverlust eine Schwäche von uns war.

Sie finden also, dass die Hinrunde gar nicht so gut war?

Von den Ergebnissen her schon, aber die Resultate haben vieles übertüncht.

Welche Rolle hat in dieser Beziehung Trainer Sascha Hildmann gespielt?

Der Trainer hat die Vorgaben gemacht, aber auch er wollte natürlich das Beste. Letztlich glaube ich allerdings, dass der Trainer wie wir alle aus den Erfahrungen dieser Saison lernen wird.

Sie haben nach dem 2:2 in der Hinrunde gegen Koblenz kritisiert, dass nicht alle Spieler genügend Einsatzzeit bekommen. Warum haben Sie das getan?

Ich wollte nur darauf hinweisen, dass wir als reine Amateurmannschaft unseren Kader besser ausnutzen sollten. Auch um zu verhindern, dass die Kräfte ausgehen.

Sie hätten also eine Art Rotation favorisiert?

Genau. Für mich macht es keinen Unterschied, wer da aufgelaufen wäre. Bei uns hatten fast alle Spieler ungefähr ein Niveau. Und das ist ja auch eine Stärke.

Hat Sie der Rücktritt von Sascha Hildmann überrascht?

In der letzten Woche nach dem 2:5 in Koblenz war es abzusehen. Aber grundsätzlich hat sich für mich die Frage nicht gestellt, weil er ja schon zwei Jahre verlängert hatte. Insofern war ich schon überrascht.

Wurde die Abstiegsgefahr unterschätzt?

Ich glaube schon. Wenn man ein Punktepolster hat, dann ist das die Gefahr.

Gab es keine Gelegenheit dagegen zu steuern?

Ich weiß nicht. Jeder hat seinen Anteil. Die Mannschaft samt Trainerstab. Wir aus der Mannschaft hätten zum Beispiel in der schwierigen Wintervorbereitung sagen sollen, wir nehmen den höheren Aufwand auf uns und treffen uns irgendwo, wo man besser trainieren kann. Zum Beispiel in einer Soccerhalle. So war die Wintervorbereitung überragend schlecht.

Wann haben Sie persönlich gemerkt, dass es eng wird?

Für mich waren die drei Spiele gegen Mainz, Homburg und Eintracht Frankfurt entscheidend, die wir alle verloren haben. Wenn wir da nur drei Punkte geholt hätten, glaube ich, dass wir es geschafft hätten. Trotzdem hätte ich noch zu diesem Zeitpunkt nie gedacht, dass wir sogar nur Vorletzter werden.

Warum hat es nicht zu diesen drei Punkten gereicht?

Da bin ich wieder bei unserem veränderten Spielstil. Es war ein Fehler zu sagen, wir müssen unbedingt gewinnen, sondern unser Ansatz hätte heißen müssen, wir gehen in die Partie und verteidigen erst einmal den Punkt, den wir beim Anpfiff haben.

Nach dem 0:3 in Homburg gab es den Versuch gegenzusteuern, oder?

Ja. Wir haben uns zusammengesetzt und haben gesagt, dass wir uns wieder umstellen und wieder mehr auf die Defensive setzen müssen. Es wurde auch besser, doch dann haben wir leider keine Dreier eingefahren.

Jetzt geht es wieder in der Oberliga zur Sache. Fürchten Sie ein Motivationsproblem, wenn man statt in Mannheim, Essen oder Kassel wieder in Mehring, Burgbrohl oder Waldalgesheim auflaufen muss?

Ich habe kein Motivationsproblem. Ich will wieder oben mitspielen. Wenn ich an unsere schon angesprochenen beiden Aufstiege denke, dann ist das Motivation genug. Ich hoffe, dass wir eine Mannschaft haben, die oben mitspielen wird.

Der Verein hat sehr schnell einen neuen Trainer präsentiert. Was sagen Sie zu Thomas Riedl?

Er ist menschlich eine gute Wahl. Als er in der Oberliga damals in der Winterpause gekommen ist, hat er sich super schnell integriert. Er war sportlich und menschlich ein Gewinn. Als Trainer kann ich ihn nicht beurteilen, weil er ja bis jetzt noch nie eine Mannschaft trainiert hat.

Ist das ein Problem?

Er wird uns schon was beibringen. Er hat in seiner Karriere doch schon einige gute Trainer erlebt.

War die Mannschaft in den Trainerfindungsprozess mit einbezogen?

Sicher wurde mit dem einen oder anderen Spieler gesprochen. Aber ich persönlich wüsste auch nicht, wen ich hätte empfehlen sollen.

Sehen Sie keine Autoritätsprobleme für Thomas Riedl. Schließlich hat er mit den meisten Spielern noch zusammen gekickt?

Das eine oder andere Späßchen wird es sicher geben. Letztlich wird alles davon abhängen, was er uns vermittelt. Wenn wir sehen, dass es Hand und Fuß hat, werden wir sicher auf ihn hören.

Wie beurteilen Sie den aktuellen Stand der Kaderplanung?

Es hängt halt alles noch in der Schwebe. Wir haben eine gute Abwehr und ein gutes Mittelfeld. Wenn „Stumpfi“ und Co. bleiben sind wir gut aufgestellt. Wenn die Angreifer gehen, wird es schwieriger. Ich hoffe, dass die Leute bleiben und wenn nicht, dass gute Nachfolger gefunden werden.

Wie wichtig ist ein guter Angriff?

Er ist entscheidend. Als wir Oberligameister geworden sind, waren wir defensiv auch schon gut aufgestellt, aber der Schlüsselfaktor waren mit Pierre Merkel und Piero Adragna zwei überragende Offensivleute.

Glauben Sie, dass in der Oberliga noch weniger Zuschauer kommen werden?

Es hat mich schon überrascht, dass in der vergangenen Saison der Schnitt noch einmal gesunken ist. Letztlich hat aber sicher auch unsere Leistung dazu beigetragen. Andererseits zeichnet es den Verein aus, dass er 300 bis 400 Zuschauer immer sicher hatte. Da ging es ihm besser als anderen Mannschaften in der Regionalliga. Ich hoffe, dass wieder noch mehr kommen, wenn wir in der Oberliga vorne mitspielen.

Das Gespräch mit Christoph Schmell führte Sascha Nicolay