Tatsächlich resultierten vier der fünf Treffer von Schott Mainz aus Standardsituationen, tatsächlich hatte der Gast aus Mainz nur zwei klare Möglichkeiten aus dem Spiel heraus und tatsächlich fiel die Niederlage zu hoch aus. Doch zur Wahrheit gehört auch, dass die Mainzer das überlegene und in allen Belangen bessere Team waren. Schott war extrem kompakt, verteidigte – von Innenverteidigerturm Nenad Simic herausragend organisiert – robust, war in der Luft praktisch unbezwingbar und präsentierte sich ziemlich ballsicher. Dass mehr klare Chancen ausblieben, hatte zwei Gründe. Erstens missriet den Mainzern oft der letzte Pass, und zweitens wehrte sich der SC ordentlich. „Wir waren in der ersten Hälfte gut organisiert“, sagte Hartenberger. „Wir haben eine erwachsene Mannschaftsleistung abgeliefert“, fand Sascha Meeth, der Coach des TSV Schott, und fand damit das zur Partie passende Bild. Das Spiel hatte tatsächlich etwas von Erwachsenenfußball gegen Juniorenfußball.
Starke Freistöße
Der SC Idar-Oberstein spielte nämlich keinesfalls schlecht, der Mannschaft war die Bereitschaft nicht abzusprechen, und sie war immer bemüht. Zudem agierten die Gastgeber defensiv tatsächlich meist gut geordnet – aber wenn es ernst wurde, in engen Zweikämpfen, umso mehr, wenn diese näher Richtung Schott-Tor ausgetragen wurden, zogen die Hartenberger-Schützlinge meist den Kürzeren. Zusammengefasst lässt sich festhalten, dass die Idarer ordentlich verteidigten, aber eigentlich nie das Gefühl vermittelten, dass sie ein Tor schießen könnten. Und so kippte die Partie, die anfangs noch flott und recht offen, wenn auch ohne Torchancen verlief, immer mehr in Richtung des TSV Schott Mainz. Deshalb war auch das Führungstor der Gäste verdient. Jost Mairose zirkelte einen Freistoß direkt über die Mauer in die Maschen (24.). „Das war ein toller Freistoß“, lobte auch Hartenberger.
Nach dem Führungstreffer änderte sich das Bild nicht. Der SC war vor allem mit verteidigen beschäftigt, während der TSV ballsicher nach vorne kombinierte, es aber auch selten in den wirklich gefährlichen Bereich schaffte – allein, wenn der TSV Schott den Ball verlor, dann hatte er ihn rasch wieder. Ansatzweise einen Hauch von Gefahr versprühten die Idarer dann, wenn sich Linksverteidiger Thiago, der erneut eine starke Vorstellung bot, in die Angriffe einschaltete. So wie in der 36. Minute, als Thiago die beste SC-Kombination anstieß und Florian Zimmer ins Spiel brachte, der auf Alex ablegte, dessen 20-Meter-Flachschuss aber kein Problem für Mike Wroblewski im Schott-Tor war. Drei Minuten vor der Pause hatte der SC noch einmal Glück, dass Schiedsrichter Tobias Hauer vom SV Bübingen nicht auf Elfmeter für Schott entschied, als Paulo de Souza gegen Marius Breier einen Tick zu spät kam (42.).
Nach dem Wechsel durfte der SC also noch auf die eine Offensivaktion hoffen, auf den einen Glücksmoment, der Ausgleich und Punkte bringt. Danny Lutz hatte diese Möglichkeit sogar. Mutig feuerte er die Kugel aus der Drehung aus acht Metern auf die kurze Ecke, traf aber nur das Außennetz (50.). Sechs Minuten später war die Partie entschieden – und wieder war es Mairose mit einem genialen Freistoß. Thiago hatte zuvor plump gefoult. „Dieses Tor dürfen wir nicht kriegen“, fand Hartenberger und tadelte: „Der Freiststoß war unnötig, und der Ball geht in die Torwartecke.“ Tatsächlich hatte Mairose die Kugel diesmal an der Mauer vorbei in die Ecke, die Forster abdeckte, gezwirbelt. Zu halten war der Ball freilich trotzdem nicht leicht. Das Geschoss titschte an den Innenpfosten und fiel von dort hinter die Linie (56.).
Die Partie war in diesem Moment entschieden, weil einem als Beobachter selbst mit aller Fantasie der Fußballwelt keine Idee einfallen konnte, wie der SC zwei Tore gegen diesen bärenstarken Mittelblock der Mainzer samt extrem präsentem Torhüter zwei Tore schießen sollte. Trotzdem kämpfte das Hartenberger-Team weiter wacker – in etwa so, wie ein unterklassiges Team in einem Vorbereitungsspiel gegen einen höherklassigen Kontrahenten.
Schott Mainz schraubte das Resultat mit Hilfe von zwei weiteren Standardsituationen dennoch in die Höhe. Zunächst verwandelte Enis Sinanovic einen von Paulo de Souza ziemlich ungeschickt an Janek Ripplinger verursachten Elfmeter (71.), ehe Simic im Anschluss an einen Eckball zur Stelle war (76.).
Fünftes Gegentor fuchst den Coach
Mit den vier Standardtoren konnte Hartenberger irgendwie noch umgehen, doch das 0:5 fuchste den Trainer dann mächtig. „Dieses Tor schenken wir dem Gegner, und das ärgert mich, das darf nicht sein. Jedes Tor ist wichtig, das du nicht bekommst“, sagte der Übungsleiter. Nach eigenem Eckball kassierten die Idarer einen Konter. Ehe sie begriffen, dass umschalten nach hinten angesagt wäre, lief Schott in Überzahl auf Forsters Tor zu, und Sinanovic vollendete zum 5:0 (81.). „So komisch es sich anhört, so ein Spiel musst du dann halt 0:4 verlieren und nicht 0:5“, schimpfte Hartenberger.
So kassierte der SC eine hohe Niederlage, obwohl er gefühlt ein ganz ordentliches Spiel gemacht hatte. Doch manchmal liegen Gefühl und Realität auseinander – und real war, dass der SC eigentlich keine Chance hatte, um zu Punkten zu kommen, und das wiederum macht die Partie gegen Schott Mainz zu einem deprimierenden Erlebnis.