Der heute 43-Jährige fand Gefallen am kommunalpolitischen Engagement – und inzwischen auch darüber hinaus: Als die Bundestagsdirektkandidatin der Freien Wähler im Wahlkreis Koblenz, Kathrin Laymann, ihn anrief und fragte, ob er es sich vorstellen könne, im Wahlkreis Ahrweiler direkt zu kandidieren, zögerte Mies nicht lange: „Ich hatte das Gefühl, dass das jetzt der richtige Zeitpunkt ist.“
Der Wahlkreis 198 ist dem selbstständig tätigen Versicherungskaufmann, der eine Niederlassung im Koblenzer Stadtteil Metternich betreibt, bestens bekannt: Er wuchs in Bad Neuenahr-Ahrweiler auf und schloss eine Ausbildung zum Industriekaufmann in Sinzig ab. In Kontakt mit den Freien Wählern kam er über den heutigen Vorsitzenden des Landesverbands Stephan Wefelscheid, den er über die Bürgerinitiative für den Zentralplatz kennenlernte: „Er hat mich da ein bisschen mitgenommen.“ Seit 2010 ist Stefan B. Mies Mitglied im Landesverband der Freien Wähler.
Er lernte als Ausschussmitglied die kommunale Gremienarbeit kennen und wirkte im Landtagswahlkampf der Freien Wähler mit. Ihn beeindruckt, wie sich in den vergangenen Jahren vermehrt junge Leute den Freien Wählern anschlossen und auf den verschiedenen politischen Ebenen von der Lokalpolitik bis zum Europaparlament engagieren – lediglich auf Bundesebene schaffte man den Sprung ins Parlament bisher nicht: „Man merkt aber, dass das Potenzial da ist.“ Mit seiner ersten Direktkandidatur will Stefan Mies für den Einzug der Freien Wähler in den Bundestag kämpfen – wohl wissend, dass seine eigenen Chancen, ein Mandat zu ergattern, gering sind.
Sein erster eigener Wahlkampf wird jetzt durch die Flutkatastrophe im Ahrtal überschattet: „Das hat meinen Wahlkreis völlig auf den Kopf gestellt.“ Am Freitag nach der Flut fuhr er erstmals zum Helfen ins Katastrophengebiet: „Das Ausmaß der Zerstörung ist erschütternd.“ Umso mehr freut er sich über die große Hilfsbereitschaft, die den Menschen an der Ahr seitdem zuteil wird.
Auch von Koblenz aus hält er Kontakt mit Unternehmern und kommunalpolitisch Engagierten in den Gemeinden, um bei Bedarf Hilfsgüter zu organisieren. Dabei sei es ihm wichtig, sich nicht aufzudrängen: „Ich bin auf Anforderung da, will aber niemanden im Wahlkampf vor den Karren spannen. Das wäre vermessen.“ Als Selbstständiger, der sich bei den Wirtschaftsjunioren Mittelrhein engagiert, beeindruckt es ihn, wie die Aufräumarbeiten vonstatten gehen: „Da herrscht Chaos, und dann packt man es einfach unbürokratisch an.“
Über die Wirtschaftsjunioren pflegt er zahlreiche Bekanntschaften zu Unternehmern aus der Region. Deren Belange will er auch auf bundespolitischer Ebene stärker berücksichtigt wissen: „Gerade kleinere und mittelständische Unternehmen sind sehr am Gemeinwohl orientiert. Das wird aber oft nicht so wahrgenommen.“ In der Corona-Krise hätte er es sich gewünscht, wenn man sich seitens der Politik öfters mit den Wirtschaftsvertretern, die von den Maßnahmen unmittelbar betroffen waren, an einen Tisch gesetzt hätte: „Der Dialog fehlte. Das fand ich sehr enttäuschend.“
Bürgerliches Engagement zu fördern, ist Mies wichtig, auch liberalen Ideen steht er aufgeschlossen gegenüber, grenzt sich aber in einigen Punkten von der FDP ab: „Die Daseinsvorsorge sollte Sache des Staats sein – von den Schwimmbädern bis hin zu den Krankenhäusern.“ Um ihre Aufgaben im Zuge der Daseinsvorsorge erfüllen zu können, müsse man die Kommunen finanziell besser ausstatten.
Auf Bundesebene sieht Stefan Mies Schnittstellen mit fast allen im Parlament vertretenen Parteien – mit Ausnahme von AfD und Linkspartei, von denen man sich klar abgegrenzt habe. Davon abgesehen lege er Wert darauf, parteiübergreifend zu gestalten: „Ein Lagerdenken entspricht nicht mehr dem Zeitgeist, man entscheidet an Sachfragen orientiert.“ Inwieweit die Freien Wähler, die bei Umfragen zwischen 3 und 4 Prozent liegen, es in den Bundestag schaffen, vermag Mies nicht abzuschätzen: „Das ist gerade alles sehr volatil.“ Unabhängig davon werde er sich auch nach der Wahl engagieren: „Ich will weiter zum Erfolg der Freien Wähler beitragen.“