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RZ-KOMMENTAR: Die Eurozone droht an den Ungleichgewichten zu scheitern

Ein Gespenst geht um in Europa. Aber keine Angst. Karl Marx ist nicht auferstanden, und die proletarische Revolution ist weiterhin nicht in Sicht. Vielmehr geistert das Gespenst in Gestalt eines wackligen Euro herum.

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Ein Gespenst geht um in Europa. Aber keine Angst. Karl Marx ist nicht auferstanden, und die proletarische Revolution ist weiterhin nicht in Sicht. Vielmehr geistert das Gespenst in Gestalt eines wackligen Euro herum.

Es wird, je nach Temperament, getuschelt und leise geflüstert oder laut geredet und geklagt. Sogar vor Gericht, jedenfalls in Deutschland.

Die Lager sind rasch ausgemacht. In Amerika und Großbritannien sieht man schwarz und schließt nicht aus, dass die Euro-Zone auseinanderbricht. Bisweilen ist sogar von Zwangsläufigkeit die Rede. Im Euroland ist man zuversichtlicher. Aber es klingt manchmal wie das Pfeifen im Walde.

Worum geht es? Und was ist passiert? Anfang 1999, als der Euro ins Leben trat, wurde ein Kurs von 1,17 Dollar festgelegt. Nach einem guten, reibungslosen Start sackte der Euro in den ersten zwei Jahren seines Bestehens ab, bis er nur noch 0,84 Dollar wert war. Dann aber berappelte er sich und stieg und stieg, auf 1,60 Dollar. Und nicht nur das. Der Euro etablierte sich als zweitwichtigste globale Transaktions- und Reservewährung. Weitere Länder wurden in die Euro-Zone aufgenommen – in der Annahme, ihre wirtschaftlichen Daten seien hinreichend belastbar.

Als „Teuro“ diskreditiert

Die D-Mark war den Deutschen ein treuer Begleiter ihres Wirtschaftswunders gewesen und blieb unvergessen. Am Euro wurde herumgenörgelt. Der „Teuro“ fand Eingang in die Alltagssprache. Dass die neue Währung einen entscheidenden Beitrag zum Exporterfolg und damit für Wachstum und Arbeitsplätze leistete, mehr als es die Mark je hätte können, wurde kaum gewürdigt.

In der Folge der Weltfinanzkrise gerieten einige am Rande der Euro-Zone gelegene Mitglieder in Turbulenzen. In aller Eile wurden Rettungsmaßnahmen ergriffen. Die Unsicherheiten spiegelten sich prompt im Verhältnis zum Dollar wider. Der Euro sank im Frühsommer 2010 auf 1,20. Die Erholung aber ließ nicht lange auf sich warten, heute pendelt er wieder zwischen 1,30 und 1,40 Dollar.

Die Hilfspakete für Griechenland und die Maßnahmen zur Absicherung des Euro haben allerdings auch alte Vorurteile und neue Unsicherheiten geweckt. Dazu beigetragen hat, dass die europäischen Reformvorschläge auf deutsch-französisches Betreiben hin sehr weich ausgefallen sind. Sie sind kaum geeignet, die nötige und einst versprochene fiskalische Disziplin zu erzwingen. Kein Wunder, dass gerade im stabilitätsbewussten Deutschland beunruhigt der Kopf geschüttelt wird.

Dunkle Wolken bleiben

Wie geht es weiter? Das Verhältnis zwischen Euro und Dollar wird auch in Zukunft schwanken. Und die dunklen Wolken, die nicht nur über Griechenland oder Irland schweben, werden die Märkte immer wieder in Unruhe versetzen. Aber Grund zur Panik ist das nicht. Vorausgesetzt, die Politik geht besonnen vor. Ein Zeichen von Besonnenheit ist es allerdings nicht, wenn nun bei Zahlungsschwierigkeiten auch private Käufer von Staatsanleihen materiell abgestraft werden sollen. Auch starke Staaten täten gut daran, den Vertrauensschaden zu fürchten, wenn sie die Hand beißen, die ihre Defizite füttert.

Wir brauchen im Euroland Haushaltsdisziplin. Diese langfristig sicherzustellen, verlangt Strenge und automatisch wirkende Regularien, keine kurzfristigen politischen Manöver. Eine Fiskal-Union des Euroraums wäre die Lösung, aber die nationale Souveränität in der Steuer- und Ausgabenpolitik aufgeben will niemand.

Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass die Eurozone unter dem Druck der ökonomischen Ungleichgewichte eines Tages in eine Kern- und eine Randzone zerfällt. Das wäre bedauerlich, jedoch die logische Folge einer unzulänglichen Krisenbewältigung. Es werden die Symptome kuriert, aber nicht die Ursachen.

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