Mainz
Röhrt Joe Cocker Open Ohr in die Miesen?

Zieht er Publikum vom Open Ohr ab? Rocklegende Joe Cocker.

dpa (Archiv)

Mainz - Kann der Open-Air-Auftritt von Bluesrocker Joe Cocker an Pfingsten 2011 dem zur gleichen Zeit stattfindenden Traditionsfestival "Open Ohr" ins Gehege kommen? Bei der freien Projektgruppe, die das seit 37 Jahren etablierte nicht-kommerzielle Jugendfestival der Stadt organisiert, macht sich Sorge breit.

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Mainz – Kann der Open-Air-Auftritt von Bluesrocker Joe Cocker an Pfingsten 2011 dem zur gleichen Zeit stattfindenden Traditionsfestival „Open Ohr“ ins Gehege kommen? Bei der freien Projektgruppe, die das seit 37 Jahren etablierte nicht-kommerzielle Jugendfestival der Stadt organisiert, macht sich Sorge breit.

Erst aus der Presse haben sie erfahren, dass der Südwestrundfunk (SWR) am Pfingstsamstag Joe Cocker in den alten Zollhafen in der Mainzer Neustadt holt.

Dass der SWR im Rahmen seines Sommerfestivals an Pfingsten einen Topact in Mainz plant, war bereits bekannt. Aber: „Wir sind schon überrascht, dass es Joe Cocker ist“, sagt Nora Weisbrod, Sprecherin der Open-Ohr-Projektgruppe. „Wenn dort Florian Silbereisen gespielt hätte, wäre es kein Problem gewesen.“ Dass es nun Cocker ist, nennt sie „nicht glücklich gewählt. Das hätten wir uns anders gewünscht.“

Was die Open-Ohr-Macher umtreibt: Das vom 10. bis 13. Juni zum 37. Mal stattfindende Musik- und Debattiertfestival, das jeweils unter einem anderem gesellschaftspolitischen Motto steht und zwischen 6000 und 9000 Besucher auf die barocke Festung „Zitadelle“ über der Altstadt lockt, spricht zwar ein jüngeres Publikum an; da aber auch Besucher der ersten Stunde dem Open Ohr treu geblieben sind, könnte es einen Teil der Veteranen zu Cocker auf die Nordmole ziehen.

Beim SWR sieht man dagegen keine Probleme. Bereits seit Frühjahr 2010 sei man in Gesprächen mit der Stadt Mainz und dem Open Ohr, betont Projektleiterin Sabine Oechsle. Ein Ergebnis sei gewesen, dass im Gegenzug die SWR-Jugendwelle „DasDing“ am selben Abend auf dem Open-Ohr einen weiteren Topact speziell für jüngere Fans präsentiert. „Wir denken, die Schnittmenge ist vernachlässigenswert. Wir waren uns einig, dass es eine ,Win-win-Situation' sein kann, die Stadt Mainz zum Festivalgelände auszurufen“, sagt Oechsle. Schließlich habe der SWR kein Interesse daran, sich mit ähnlichen Veranstaltungen selbst Konkurrenz zu machen.

Drastischer wird Ludwig Jantzer vom stadteigenen „Frankfurter Hof“, der für den SWR den Cocker-Auftritt organisiert. Für das bestuhlte Konzert der 66-jährigen britischen Rocklegende erwartet er „ein Publikum, das im Schnitt garantiert 30 bis 40 Jahre älter ist als beim Open Ohr“. Größere Probleme hätte es gegeben, wenn „Rock am Ring“ noch an Pfingsten wäre, meint Jantzer. Aber der Mega-Event auf dem Nürburgring steigt inzwischen eine Woche früher.

Doch Projektsprecherin Weisbrod macht sich auch um das Finanzielle Gedanken: „Wir hoffen, dass jetzt nicht Open-Ohr-Besucher sagen, sie wollen für bis zu 70 Euro zu Cocker und dann an der halb so teuren Vier-Tage-Dauerkarte fürs Open Ohr sparen.“ Jugenddezernent Kurt Merkator (SPD) rät zu Gelassenheit. „Vielleicht hätte man erst mal mit uns reden sollen, bevor man bekannt macht, wer da kommt.“ Er rechnet aber damit, dass sich SWR und Open-Ohr-Macher demnächst noch mal zusammensetzen. „Da muss man sachlich argumentieren: Wen bekommen wir als Kompensation?“ Ein Star mit Zug-Effekt kurbelt nämlich den Verkauf von Tageskarten an. Die sind neben den Dauerkarten längst eine wichtige Einnahmequelle zur Refinanzierung des 200 000 Euro kostenden Open Ohr geworden. Claudia Renner