Neuwied. Für Ulrike Poller und Wolfgang Todt hat die kalte Jahreszeit ihre eigenen Reize: „Durch die kahlen Bäume öffnen sich fantastische Weitblicke.“ Eine der schönsten (und sonnigsten) Winterstrecken führt für die beiden Wanderexperten, die durch ihre Bücher zum Rheinsteig und zum Rheinburgenweg bekannt sind, von Neuwied nach Rheinbrohl. Über schmale Höhenpfade windet sich der Rheinsteig entlang der Hangkante durch steil abfallende Weinberge, zu traumhaften Aussichten über das Neuwieder Becken – und zu einem Höhepunkt deutscher Geschichte, wo einst Reichsapfel, Zepter und Krone verwahrt wurden.
Ausgangspunkt für die rund fünfstündige Tour ist der Parkplatz des (im Winter geschlossenen) Wasserparks im Neuwieder Stadtteil Feldkirchen. Bestens geleitet durch die weiß-blauen Rheinsteig-Schilder führt der Weg zum Rheinplateau nach Hüllenberg. An der Hangkante öffnen sich die ersten Premiumblicke über die breite Beckenlandschaft. Wenn die Sonne den Morgendunst über dem Rheintal aufgelöst hat, reicht die Aussicht über die Rheinstadt Andernach hinweg bis weit über die Vulkankegel der Eifel. Amüsant, aber nicht wörtlich zu nehmen, ist die Passage am Weinberg Hüllenberger Stolperstein: Ins Stolpern gerät höchstens, wer bei der tollen Aussicht vergisst, ein wenig auf den schmalen Weg zu achten. Der Pfad führt auf diesem Abschnitt nicht nur durch eine häufig wechselnde Umgebung, sondern sorgt durch beständiges Auf und Ab auch für ausreichend Bewegung.
In Serpentinen bergauf
Auf alten Weinbergsstiegen (Ulrike Poller: „Gutes Schuhwerk und Trittsicherheit sind auf diesem Teil nicht nur in den nassen Monaten empfehlenswert!“) rückt Leutesdorf ins Blickfeld. Mitten durch die Weinberge, wo das urige blechgedeckte Wingertshäusje als Unterschlupf bei schlechtem Wetter und für eine Rucksackrast bereitsteht, führt der Steig erst hinunter – und dann auf dem herrlichen Sonnenweg in Serpentinen bergauf. Auch hier ist Trittsicherheit vonnöten. „Wanderstöcke erweisen sich auf solchen Passagen als hilfreich“, rät die Expertin. Die kunstvollen Trockenmauern aus Wärme speicherndem Schiefer sind begehrte Plätze für eine Verschnaufpause.
Über die Edmundshütte (die im Winter geschlossen ist) mit einem grandiosen Blick führt der Rhein-steig nach einem kurzen (und mit Seil gesicherten) Felsstück zu einer der sonnenreichsten Passagen der Etappe. Winterwanderer erwartet eine wunderbare Mischung aus kurzen Waldpartien mit Lianenranken wie aus dem „Dschungelbuch“, aus Weinbergen und Streuobstwiesen. Wie an der Perlenschnur wechselnde Aussichten auf das Rheintal machen diesen Abschnitt entlang der Weinbergsmauern auf Schritt und Tritt zu einem eindrucksvollen Winter-Wander-Erlebnis.
Traumblicke bei Hammerstein
Acht Kilometer nach dem Start geht es abwärts zum Bachhof – und (typisch Rheinsteig) gleich wieder auf die Höhe: Ein Weinbergsweg führt parallel zur B 42 bergan. Doch spätestens am Rande des Areals der Ruine Hammerstein (unbedingt den kurzen Abstecher zur eigentlichen Ruine machen – im Mittelalter sollen dort die Reichsinsignien versteckt gewesen sein) werden Wanderfreunde für den Anstieg durch neue Traumblicke belohnt. Auf sonnigen Pfaden geht es erneut hinab ins Tal – und nach Hammerstein.
Wem rund zwölf Kilometer Wanderung genügen, der kann von hier aus mit dem Bus die Rückfahrt nach Neuwied antreten. Oder nach einer kurzen Rast und einem Spaziergang durch den Weinort per pedes weiter dem Rheinsteig nach Rheinbrohl folgen – und beim letzten Anstieg noch einmal innere Wärme tanken: Durch ein Waldstück schlängelt sich der Rheinsteig zu den weiten Ackerflächen beim Annahof. Ein Wiesenpfad führt zur Hangkante – und dem letzten Höhepunkt der aussichtsreichen Wintertour: Zu Füßen der Rheinbrohler Ley öffnet sich links das Neuwieder Becken, gegenüber recken sich die Kuppen der Eifelhöhen und rechts schmiegen sich Bad Hönningen und Bad Breisig an die Schieferfelsen, durch die sich der Rhein seine Schneise geschliffen hat. Hinter dem Ehrenmal führt ein Pfad durch Streuobstgelände abwärts – hinab zum Etappenziel Rheinbrohl, das nach 16,2 aussichts- wie erlebnisreichen Kilometern erreicht ist.
Informationen zur Strecke unter www.rheinsteig.de
Buchtipp: „Rheinsteig – Schöneres Wandern“ Pocket von Ulrike Poller und Wolfgang Todt, Verlag ideemedia, 10,95 Euro.