Mainz -Vorstandswahlen standen nicht auf dem Programm gestern Abend in der jährlichen Mitgliederversammlung des FSV Mainz 05 im Großen Saal des Schlosses. Harald Strutz führt den Bundesligisten ins 23. Jahr als Präsident und sprach über die Zukunft des Klubs im MRZ-Interview.
Schon traditionell gastiert der FSV Mainz 05 im Herbst im Kurfürstlichen Schloss. Die Kontinuität, die der Bundesligist in der Wahl der Lokalität für seine jährliche Mitgliederversammlung an den Tag legt, ist Programm. Seit mehr als zwei Jahrzehnten steht in nahezu unveränderter Zusammensetzung eine Vorstandsriege an der Spitze des Klubs. Harald Strutz führt die 05er in das 23. Jahr seiner Präsidentschaft. Der Rechtsanwalt ist längst der dienstälteste Klubchef der Bundesliga. Vor der gestrigen Jahreshauptversammlung, bei der im übrigen keine Vorstandswahlen auf der Tagesordnung standen, sprach die MRZ mit dem 05-Chef.
Hallo Herr Strutz, der Auftritt vor ihren Mitgliedern dürfte Ihnen im Moment sicher nicht schwer fallen, oder?
Stimmt. Das ist mit das Schönste für einen Präsidenten, in einer Situation des großen sportlichen Erfolges in eine Mitgliederversammlung gehen zu können. Doch das ist nur die eine Seite. Unsere Arbeit als Vereinsführung darf jedoch nicht alleine nach dem aktuellen Tabellenstand beurteilt werden, sondern wie sich der Verein in seinen Aufgaben darstellt, welche Projekte in Arbeit sind und vieles mehr. Die aktuelle Lage ist jedoch schön. Sie macht vieles leichter und sorgt dafür, dass ich mit einem breiten Lachen ans Rednerpult treten kann.
Wie lautet Ihre Botschaft an die Mitglieder?
Ich kann immer nur darauf hinweisen, dass wir diese Zeit einfach alle gemeinsam genießen können. Wir erleben eine Zeit, die wir uns so vor Jahren nie erträumt hätten. Wir sind immer noch an der Spitze der Fußball-Bundesliga. Das muss man sich nur mal auf der Zunge zergehen lassen. Wir haben eine Mannschaft, die mit ihrer Art zu spielen, in der ganzen Welt für Aufmerksamkeit gesorgt hat. Das ist natürlich das Ergebnis einer großartigen Arbeit der Trainer und Spieler, die aber auch möglich wird mit den wirtschaftlichen Parametern außerhalb des Spiels. Mit unseren nach wie vor bescheidenen finanziellen Mitteln im Vergleich zur Konkurrenz haben wir in den vergangenen Jahren eine rasante Entwicklung genommen. Mainz 05 hat ein großartiges Image aufgebaut. Dafür hat jeder seinen Beitrag geleistet. Das stets faire Auftreten unserer Mitglieder und Fans genauso wie die wirtschaftliche Solidität, für die der Vorstand steht. Dafür kriegen wir viele ehrlich gemeinte Komplimente.
In das neue 05-Jahr fällt die Fertigstellung der Coface-Arena. Was bedeutet Ihnen dieses Projekt?
Ganz klar: Aus den Visionen ist eine Perspektive entstanden. Wir haben zweimal den Bundesliga-Aufstieg geschafft und dabei ein ordentliches Stadion hingestellt. Nächstes Jahr ziehen wir ins neue Stadion um. Ich kenne kein anderes Präsidium in der Bundesliga, das in seiner Amtszeit zwei Stadien gebaut hat. Das wird jetzt bei uns Wirklichkeit. Das ist eine sehr gute Zukunftsperspektive und ein Faustpfand, das kaum ein andere Verein hat.
Das heißt, Mainz 05 ist gerüstet für die Zukunft?
Wir sind sehr gut aufgestellt, keine Frage. Es ist aber auch notwendig darauf hinzuweisen, dass wir nicht nur ein Klub mit Profifußball sind. Wir haben eine Jugendabteilung, ein Nachwuchsleistungszentrum, das mit drei Sternen ausgezeichnet ist. Wir haben mit der IGS zusammen eine Eliteschule des Fußballs auf den Weg gebracht, die größte Beachtung findet. Unsere Handballfrauen sind in die Zweite Bundesliga aufgestiegen. Unsere Tischtennisspieler sind sehr erfolgreich. Das ist eine positive Entwicklung allenthalben, auf die wir als Verein richtig stolz sein dürfen.Wenn ich die zwei Jahrzehnte Revue passieren lasse, dann fallen mir interessante Zahlen ein.
Welche?
Als wir im Vorstand anfingen, hatten wir eine Halbtagskraft im Büro. Heute beschäftigen wir 40 fest angestellte Mitarbeiter. Unsere Mitgliederzahl ist gestiegen von damals rund 1500 auf heute 10 800. Unser VIP-Klub hat sich von 800 auf 1700 vergrößert. Im neuen Stadion werden wir 32 statt bisher neun Logen vermarkten. Diese Zahlen dokumentieren die Entwicklung dieses Vereins, der heute als gesundes Unternehmen da steht.
Wohin führt das?
Ich denke, egal, wohin es führt, uns muss nicht bange sein vor der Zukunft. Den sportlichen Erfolg kann man immer nur teilweise beeinflussen. Wir als Vorstand sind für die Imagebildung zuständig und müssen die wirtschaftlichen Parameter beeinflussen. Dabei erleben wir doch alle die Verwirklichung eines Traumes. Ob Christian Heidel, der schon immer Manager werden wollte und heute einer der besten in der Bundesliga ist. Oder Finanzchef Friedhelm Andres, um nur zwei Namen zu nennen, denen aber von überall her großer Respekt gezollt wird. Aus einem No-Name-Verein ist ein Klub geworden, der in allen Bereichen respektiert wird. Mehr kann man als Verantwortlicher kaum erreichen. Und dass wir darauf stolz sind, ist doch klar.
Welche Aufgaben stellen sich in Zukunft außerdem noch?
Den Verein Mainz 05 als Sozialfaktor zu etablieren, ist auch künftig eine unserer großen Aufgaben. Unser 05-Klassenzimmer hat bislang 20 Partnerschulen. Unser Ziel sind 25 Partnerschulen landesweit. Wir haben 600 Mitglieder in unserem Kids-Club und weitere 100 Neuanmeldungen. Das ist großartig und auch ein Fakt, den ich der Mitgliederversammlung sehr gerne mitteile.
Das Gespräch führte Jörg Schneider