Volbeat gehört zu den Stammgästen bei Rock am Ring. Am Samstag werden die Dänen um 21.15 Uhr die Centerstage betreten. Wir erreichten Frontmann Michael Poulsen telefonisch während der zurückliegenden US-Tour der Band.
Mr. Poulsen, Volbeat spielt zum vierten Mal bei Rock am Ring. Inzwischen hat sich Ihre Band zu den Hauptacts des Festivals hochgearbeitet. Was bedeutet das für Sie?
Das bedeutet eine Menge für uns. Wir haben sehr hart dafür gearbeitet, viel dafür geopfert. Wir kamen oft genug von der Tour zurück und hatten nichts. Es ist schön, dass sich das alles jetzt auszahlt, dass wir sehen können: Die Leute schätzen, was wir tun. Das fühlt sich richtig gut an.
Wenn man sich Ihre letzten Auftritte bei Rock am Ring in Erinnerung ruft, scheint es manchmal so, als ob es Ihnen leicht fällt, die große Menschenmenge zu kontrollieren. Ist das wirklich so?
Es ist definitiv nicht einfach – zum Teil harte Arbeit. Andererseits aber auch nicht, weil wir es instinktiv tun. Ich glaube, das ist auch der Grund, warum Leute unsere Shows gut finden: Ich bin dankbar für die Reaktionen des Publikums. Und es ist schön, wenn die Leute sehen, dass dich das bewegt. Ich möchte, dass jeder sich gut fühlt, dass jeder denkt, er wäre Teil der Show – denn er ist es auch.
Glauben Sie, dass die Musik von Volbeat perfekt für einen Festivalauftritt geeignet ist?
Ich weiß nicht. Wir machen einfach unser Ding. Aber ich glaube, wenn Leute auf ein Festival gehen, dann wollen sie sich gut fühlen, Party machen, sich frei fühlen. Wir spielen eben Songs, die Leute in gute Laune versetzen, ihnen ein gutes Gefühl geben, das Gefühl von Freiheit vermitteln ...
Und Sie scheinen ebenfalls Spaß auf der Bühne zu haben ...
Definitiv, da gibt's keinen Zweifel.
Sie haben gerade ein neues Album veröffentlicht, das in vielerlei Hinsicht von alten Italo-Western beeinflusst ist. Wie kam es dazu?
Als ich ein Kind war, habe ich viele Western mit meinem Vater gesehen. Als ich angefangen habe zu schreiben, habe ich gemerkt, dass einige Melodien davon beeinflusst waren. So habe ich mir die alten Videokassetten meines Vaters noch mal angesehen und versucht, einige der Charaktere, ein paar der Outlaws, der zwielichtigen Mädchen in den Texten unterzubringen. So passte schließlich alles zusammen.
Wird das Thema live umgesetzt?
Ja und nein. Natürlich wird der ein oder andere Charakter auftauchen, wenn wir neue Songs spielen. Wir machen uns über visuelle Elemente aber nicht wirklich viele Gedanken. Wir konzentrieren uns auf die Musik und wollen nicht, dass auf der Bühne zu viel Mist passiert. Es geht in erster Linie um die Musik.
Sie sprachen eben über Ihren Vater, der vor fünf Jahren gestorben ist. Inwiefern geben die neuen Songs Einblick in Ihr Privatleben? Ich denke gerade an „Dead but rising“.
Ja, da gibt es in der Tat ein paar Stücke, die nichts mit dem Westernthema zu tun haben. Und dieser Song gehört dazu. Er erzählt die Geschichte, wie ich einmal durch die USA gefahren bin. Ich war unterwegs zur Geburtsstadt von Elvis, Tupelo, Mississippi, und das Navigationssystem fiel aus. Ich fühlte mich ein wenig verloren. Als ich aus dem Fenster sah, habe ich plötzlich einen Adler entdeckt, der dem Wagen folgte. Sie müssen wissen, mein Vater hatte eine besondere Verbindung zu Adlern. Er hatte sogar einen tätowierten Adler auf der Brust. Ich habe mir damals Gedanken darüber gemacht, ob mein Vater dadurch zu mir sprechen wollte und bin dem Adler einfach gefolgt. Letztlich stellte sich heraus, dass er genau richtig flog – und ich war in Tupelo. Für mich war das ein Zeichen, dass mein Vater mir den Weg gezeigt hat. Als ich nach Hause kam, habe ich mir auch einen Adler tätowieren lassen. Und in „Dead but rising“ frage ich den Wind, ob er mir nicht diesen Adler bringen könne, damit ich mit ihm in Kontakt treten kann.
Sie haben einen neuen Gitarristen: Rob Caggiano, der schon bei Anthrax gespielt hat und der auch der Produzent Eures neuen Albums war. Wie kam es dazu?
Wir haben mit den Damned Things, seiner Band, getourt. Und Rob sagte uns, dass er ein großer Volbeat-Fan sei und uns gern produzieren würde. Wie es dann an die Arbeit für unser neues Album ging, wollte ich etwas ändern. Wir gingen in ein anderes Studio und ich sagte Jacob (Hansen, Stammproduzent der Band, Anm. der Red.), dass ich in Kontakt mit Rob stünde. Ich wollte einfach sehen, wie diese beiden zusammenarbeiten. Und Rob hatte tolle Ideen. Ich hatte zudem einen engen Freund, der die Soli einspielen wollte, aber das hat nicht so gut geklappt. Manchmal sollte man Geschäftliches und Privates eben nicht vermischen. Also habe ich Rob gefragt, und es funktionierte gut. Irgendwann habe ich ihm gesagt: Du solltest in der Band sein. Er hat das zunächst für einen Witz gehalten, und wir haben Späße darüber gemacht. Am nächsten Tag hat er dann angerufen und gefragt, ob ich das ernst gemeint habe. Und ich habe gesagt: Natürlich.
Machen Sie sich eigentlich Gedanken darüber, was die Fans von Ihnen erwarten, wenn Sie Ihre Songs schreiben?
Wenn ich Songs schreibe, mache ich mir keine Gedanken darüber. Das heißt aber nicht, dass mich die Reaktionen der Fans, deren Begeisterung nicht inspirieren können. Deshalb haben sie noch lange keine Kontrolle darüber. Letztlich muss es von Herzen kommen. Du benötigst etwas, dass Dir wichtig ist. Und das tun wir.
Sie sind der unumstrittene Chef bei Volbeat. Sind Sie froh darüber, oder ist das für Sie manchmal eine Last?
So ist es nun mal. Ich habe die Band gegründet, ich schreibe alle Songs, alle Texte, kümmere mich um die Auftritte, die Steuern und so weiter. Ich bin täglich in Kontakt mit dem Management. Volbeat ist mein Kind, und die anderen vertrauen mir. Jon (Larsen) schreibt keine Songs, Anders (Kjolholm) auch nicht. Rob (Caggiano) ist gut darin, und es wird sich zeigen, inwieweit er sich beim nächsten Album einbringen kann. Ich bin froh, dass ich Songs schreiben kann. Und ich trage die Verantwortung gern auf meinen Schultern.
Zurück zu den Festivals: Ihre Band spielt neben Rock am Ring auch auf dem Roskilde-Festival, das ja für Sie einem Heimspiel gleichkommt. Vielleicht sind diese beiden Festivals aufgrund der Größe und der Tradition die populärsten in Europa. Gibt es für Sie als Musiker da Unterschiede?
Vieles ist natürlich gleich. Aber es gibt ein paar Länder, in denen du einen Unterschied spüren kannst, was das Publikum angeht. Ich kann mich nicht daran erinnern, in Deutschland mal eine schlechte Show gehabt zu haben.
Das Gespräch führte Volker Schmidt