Mainz
Prämienetat von Mainz 05 wird gerne überzogen

Trainer Thomas Tuchel und die komplette Vereinsführung dürfen sich ruhig weiterhin freuen.

Bernd Eßling

Mainz - Erfolg bringt Geld. Aber Erfolg kostet auch Geld. Diese Erfahrung macht der FSV Mainz 05 nicht zum ersten Mal in seiner Profigeschichte. In diesem Moment zahlt der Sensations-Tabellenführer der Bundesliga wesentlich mehr Prämien an die Spieler aus, als im Etat für diese Saison im Schnitt vorgesehen.

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Mainz – Die „Sport-Bild“ titelte in ihrer Ausgabe vom vergangenen Mittwoch schon: „Mainz hat ein Prämienproblem – Rekordstart kostet 1,75 Millionen Euro extra“. Sollte der Sensations-Tabellenführer der Bundesliga in diesem Tempo weiterpunkten, erschließt sich diesem Artikel, dann wird das Geld knapp in der Vereinskasse.

Davon abgesehen, dass der FSV Mainz 05 mit hoher Wahrscheinlichkeit den sieben Startsiegen nicht weitere 27 Siege wird folgen lassen, muss man sich keine großen Sorgen machen um die wirtschaftliche Stabilität des Klubs. Denn sollte die Mannschaft von Trainer Thomas Tuchel am Saisonende tatsächlich ein alles überragendes Ergebnis abliefern, dann würden den dann fälligen hohen Prämienzahlungen auch nicht unerhebliche Mehreinnahmen gegenüberstehen.

Im Detail. Der Klub zahlt an jeden eingesetzten Spieler eine Einsatz-/Erfolgsprämie. In den Haushalt 2010/11 verankert hat Finanzchef Friedhelm Andres eine Gesamtprämie für 40 Punkte nach 34 Spieltagen, das ergibt eine eingeplante Prämiensumme von knapp über 3 Millionen Euro.

Ein Rechenbeispiel. Nehmen wir an, der Klub würde am Ende der Saison dastehen mit gewaltigen 60 Punkten. Dann müsste Andres runde 4,6 Millionen Euro an Prämien ausschütten und damit seine Planzahlen in dieser Rubrik um etwa 1,7 Millionen überziehen. Das klingt bedrohlich, ist es aber nicht. Denn bei 60 Punkten würden Mehreinnahmenfaktoren greifen. „Jeder darf sicher sein, dass wir diese Prämien sehr gerne zahlen würden“, sagt 05-Teammanager Axel Schuster.

Mit 61 Punkten schaffte Werder Bremen in der Vorsaison als Tabellendritter die Champions-League-Qualifikation. Mit 59 Punkten zog Bayer Leverkusen als Tabellenvierter in die Europaliga ein. Diesen europäischen Wettbewerb schafften auch: Borussia Dortmund mit 57 und der VfB Stuttgart mit 55 Zählern. Heißt: In diesen Punkteregionen ist man mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in der Folgesaison im internationalen Geschäft. Man muss nicht darüber diskutieren, dass in diesem Fall die für 2010/11 gezahlte Rekordprämie am Bruchweg keine Schmerzen mehr bereiten würde.

Davor steht aber noch ein weiterer Faktor: Sollte der FSV Mainz 05 am Ende dieser Saison sensationell unter den Top-Five der Tabelle stehen, dann würde der Klub auch in der Fernsehgeld-Rangliste Boden gut machen und darüber erhebliche Mehreinnahmen erzielen. In dieser komplex gestalteten Geldrangliste, die sich im Schwerpunkt aus den Platzierungen der vergangenen vier Jahrr errechnet, stand Mainz 05 am Ende der Vorsaison auf Rang 13.

Nach sieben Spieltagen in der aktuellen Saison haben die 05er in dieser Rangliste die Eintracht, den VfB Stuttgart und Borussia Mönchengladbach überholt; das ergibt in diesem Moment Rang 10. Sollte das Tuchel-Team am Ende tatsächlich 60 Punkte eingesammelt haben, dann dürfte sich im Sommer 2011 an dieser Konstellation nichts mehr geändert haben. Und dann würde der Klub in der Spielzeit 2011/12 beim TV-Geld eine Mehreinnahme von knapp drei Millionen Euro verbuchen. Da wäre dann sogar noch Spielraum gegeben für eine „internationale Extra-Prämie“. Bislang ist mit den Spielern lediglich eine Nichtabstiegsprämie vereinbart worden.

Darüber hinaus hat Andres im aktuellen Etat unter „DFB-Pokal“ an Einnahmen lediglich die 100.000 Euro für die erste Runde eingeplant (in der die Spieler auf eine Prämie verzichtet haben). Durch den Einzug in die zweite Runde stehen die 05er nun schon bei Einnahmen von rund 300.000 Euro. Und sollte sich der Klub am 27. Oktober auch noch beim Zweitligisten Alemannia Aachen durchsetzen, dann kann der Finanzchef bei etwas Losglück schon mit einer Mehreinnahme von rund 1 Million Euro (TV-Geld, Zuschauerbeteiligung, Werbung) rechnen.

Unterm Strich muss sich der Klub demnach aus wirtschaftlichen Gründen vor einer massiven Erfolgssaison nicht fürchten. Auch vor dem Hintergrund, dass in manche der größeren Sponsorenverträge ebenfalls Platzierungsaufschläge eingearbeitet sind.

In früheren Zweitligazeiten war das anders. Etwa in den Spielzeiten 2002 und 2003. Da spielte das 05-Team jeweils eine große Saison, kassierte ungeahnt hohe Punktprämien, doch am letzten Spieltag blieb dem Klub die Krönung versagt: nur Rang vier, Aufstieg in die wirtschaftlich wärmende Bundesliga verpasst – und Andres blieb jeweils auf einem Millionendefizit sitzen. Was dann jeweils Auswirkungen hatte auf die Folgesaison, in der das Minus aufgefangen werden musste durch eine Reduzierung des Spieleretats. Wäre 2004 der Aufstieg nicht doch noch geglückt, der Klub würde heute wahrscheinlich ganz anders dastehen.

Reinhard Rehberg