Von unserem Redakteur Volker Boch
Der BUND verpflichtet sich zu Transparenz und Offenheit, sogar die Vergütungen der hauptamtlichen Mitarbeiter finden sich mit wenigen Klicks auf der Internetseite des Bundesverbands. Auf Landesebene wirkt der BUND dagegen wie eine gut bewehrte Burg, deren Tore sich erst öffnen, wenn Informanten Anonymität zugesichert wird. Während der Recherche unserer Zeitung wurde deutlich, dass es Unbehagen gibt, sich namentlich zu äußern.
Paralleltätigkeiten scheinen nicht ausgeschlossen zu sein
„Der BUND ist und bleibt unabhängig, sowohl von Parteien, Verbänden, Firmen oder Bürgerinitiativen“, sagt der Koblenzer Regionalbeauftragte Egbert Bialk als Mitglied des Landesvorstands. Wie unabhängig ist der BUND aber wirklich? Bereits auf den ersten Blick offenbaren sich Paralleltätigkeiten von einzelnen Mitgliedern.
Es liegt in der Natur der Sache, dass vor allem Mitglieder der Grünen im Verband stark vertreten sind, im Landesvorstand finden sich dagegen die ÖDP und die SPD wieder. Landesschatzmeister Matthias Boller (SPD) kandidierte im Vorjahr als Lahnsteiner Oberbürgermeister, er übt neben seiner Funktion im BUND-Landesvorstand die Position des stellvertretenden Landesvorsitzenden des Bundesverbands Windenergie (BWE) aus. Aus dem Landesvorstand standen die stellvertretende Landesvorsitzende Heidelind Weidemann und der Trierer Regionalbeauftragte Johannes Schneider auf der ÖDP-Landesliste für die Bundestagswahl 2013.
Der Landesverband der Grünen wehrt sich gegen die Behauptung, dass er dem BUND „zu nahe“ stehen würde. „Für uns ist der BUND ein sehr wichtiger Partner im Kampf für mehr Umwelt- und Naturschutz. Wir stehen in offenem Dialog mit dem BUND wie auch dem Nabu und anderen Naturschutzverbänden“, sagt Sprecher Nils Dettki, der betont, dass aktuell „kein Mitglied unseres Landesverbands im Landesvorstand des BUND vertreten“ ist. Laut verbandsinternen Kreisen soll allerdings der ehemalige BUND-Landesvorsitzende Bernhard Braun als energiepolitischer Sprecher der Grünen im Landtag und als Landtagsvizepräsident zumindest informell in die Arbeit des BUND eingebunden sein und besonders mit dem BUND-Arbeitskreis Energie in einem engen Austausch stehen.
Insider sehen gerade im Arbeitskreis Energie eine unmittelbare Verbindung in die Politik und in die Erneuerbaren-Branche, die sich anhand von Mailverteilern andeutet. So sollen unter anderem mehrere Vertreter der Energiewirtschaft zum Arbeitskreis dazugehören. Eine politische Nähe deutet sich im Arbeitskreis Wirtschaft an: Die Vorsitzende Maria Rieping ist im hessischen Wirtschaftsministerium tätig. Ihr Stellvertreter ist der ehemalige Staatssekretär der rheinland-pfälzischen Wirtschaftsministerin Eveline Lemke (Grüne), Christoph Stolper. Auf Nachfrage hat der Landesverband die Namen der Mitglieder seiner Arbeitskreise Energie und Wirtschaft nicht offenlegen wollen – er beruft sich auf Datenschutzgründe. „In der Regel nehmen an Arbeitskreissitzungen 8 bis 15 Personen teil“, erklärt der stellvertretende Landesvorsitzende Holger Schindler.
Eine besondere Rolle in Bezug auf den Verband scheint dem Leiter des Ministerbüros von Umweltministerin Ulrike Höfken (Grüne), Erwin Manz, zuzukommen. Unter dem BUND-Landesvorsitzenden Bernhard Braun war Manz mehrere Jahre Landesgeschäftsführer des BUND. Im Jahr 2010 hat der BUND einen „Fahrplan Energiewende Rheinland-Pfalz“ herausgegeben, an dem die damaligen Führungskräfte Braun und Manz maßgeblich mitgewirkt haben. Die Realisierung dieser Broschüre „wurde erleichtert durch die finanzielle Unterstützung“ von mehreren regionalen Energieunternehmen.
Gab es eine Einflussnahme aus dem Ministerium heraus?
Kritische Mitglieder behaupten, dass Braun und Manz den Verband bis heute mitprägen. So soll Manz versucht haben, auf die Position des BUND im Rechtsstreit um den Windpark Fürfeld Einfluss zu nehmen. Der Verband hatte gegen das Projekt geklagt, sich aber letztlich mit dem Projektentwickler auf eine Vereinbarung verständigt. Manz soll in einer E-Mail an einen verbandsinternen Verteiler dem Bericht erstattenden Richter am OVG unterstellt haben, dass dieser ein engagierter Windkraftgegner sei und dies den Entscheid gegen den Windpark womöglich beeinflusst haben könnte.
Es wird vermutet, dass Manz versucht hat, den BUND davon abzubringen, seine Klage durchzusetzen. Pikant: Der wenig begüterte BUND ist auf Projektmittel des Umweltministeriums angewiesen – laut BUND ist ein Viertel des Jahresetats von gut 860 000 Euro „Fördermittel vom Land und aus der Stiftung Natur und Umwelt Rheinland-Pfalz“. Die Grünen versichern in dieser Sache, „dass niemand im Namen unseres Landesverbands versucht hat, Einfluss auf die Haltung des BUND im Rechtsstreit zu nehmen“.
Als der Verband im Streitfall Fürfeld auf weitere Rechtsmittel verzichtete, freute dies wohl ein BUND-Mitglied besonders: Torsten Szielasko. Dieser ist einer der Geschäftsführer des Projektentwicklers Gaia, dessen Windpark in Fürfeld durch den Rechtsmittelverzicht grünes Licht bekam. Szielasko warb zuletzt per E-Mail für die Abwahl des BUND-Landesvorsitzenden Neumann. „Ich denke, die Chancen stehen 70:30, dass Harry Neumann (...) abgewählt wird. Bitte unbedingt weiter mobilisieren!“ Dass die Landesgeschäftsstelle noch während der Einspruchsfrist des Fürfelder Rechtsstreits zu einem „Workshop ,Windenergiepotentiale in Rheinland-Pfalz‘“ des BUND mit Gaia einlud, sorgte für Unmut.