Die Alemannia war für den Tigers-Geschäftsführer das große Vorbild gewesen – der Dorfverein, der vor vier Jahren den Aufstieg in die Bundesliga gewagt hatte und nur zwei Jahre später schon im Halbfinale um die deutsche Mannschaftsmeisterschaft stand. Neben dem ASV Mainz 88 und den Red Devils Heilbronn hatte Eich die Nackenheimer Lions vor Rundenbeginn zu den Konkurrenten gezählt, die sein Team nicht bezwingen kann. Jetzt war es doch passiert, die Athleten von Rhein und Nahe feierten ihren zweiten Sieg in Folge, den dritten in der gesamten Saison und verabschieden sich als Fünfter der Weststaffel erhobenen Hauptes aus der Erstklassigkeit.
Ein Wunder war in Bodenheim allerdings nicht geschehen. Die Wrestling Tigers wussten von den personellen Nöten ihrer Gastgeber, die sich vor Ort sogar als noch größer herausstellten, als erwartet. Da lohnten sich noch einmal die Antrittsprämien für Alexandru Chirtoaca, Stefan Tonu und Davit Tlashadze, die internationalen Stars der Rhein-Nahe-Ringer. „Wir wollten auf jeden Fall gewinnen“, erläuterte Eich. Zwar hatten die Tigers ebenfalls Ausfälle zu beklagen, Wassil Ivanov hatte sich das Knie verdreht, Vasile Taran vor Wochenfrist eine Rippe gebrochen, doch mit einer geschickten Aufstellung machten die Gäste dieses Manko wett. Jason Partenheimer und Vladislav Ivanov rückten jeweils gleich zwei Gewichtsklassen hoch, Jannis Helbing opferte sich im griechisch-römischen Halbschwergewicht gegen Denis Kudla, den Bronzemedaillengewinner von Tokio. „Dass sie sich in den Dienst der Mannschaft gestellt haben, ist aller Ehren wert“, lobte Tigers-Cheftrainer Karl-Heinz Helbing. Alle drei verloren erwartungsgemäß technisch überhöht, doch dank der Rochaden konnten die Gäste ihre Mannschaft auf anderen Positionen stark besetzen. Zudem hatten die Rhein-Nahe-Verantwortlichen den Gegner gut gelesen. „Die Nackenheimer standen genau so, wie wir uns das gedacht hatten“, freute sich Geschäftsführer Eich über den Coup. „Als das Wiegen vorbei war, war klar, dass wir gewinnen würden.“
So war zwar das Endergebnis angesichts der bisherigen Kräfteverhältnisse eine Überraschung, der Ausgang der einzelnen Kämpfe allerdings nicht. Lediglich ein Duell ging über die volle Distanz, in allen übrigen setzten sich die Favoriten vorzeitig durch. Ahmed Alfaraj, Chirtoaca, Tonu und Tlashadze gewannen technisch überlegen, Wassil Ivanov steuerte einen Schultersieg bei, und Abdullah Alfaraj bekam die Punkte kampflos zugesprochen, da die Nackenheimer das griechisch-römische Leichtgewicht unbesetzt gelassen hatten.
Lediglich Ralf Böhringer stand die vollen sechs Minuten auf der Matte. Der Greco-Spezialist ist im Freistil-Schwergewicht lediglich eine Notlösung, denn der 37-Jährige mag es gar nicht, wenn man ihm an die Beine geht, und ist in diesen Situationen hilflos. Da nutzte es ihm auch nichts, dass er fast 40 Kilo mehr wog als sein französischer Kontrahent Akhmed Aibuev. Doch die Tigers hatten ihren Routinier heiß gemacht. „Ralf, es hängt dieses Mal an dir“, hatte Eich ihm vor dem Kampf gesagt. Böhringer versprach, zu kämpfen wie ein Löwe, und hielt sich auch daran. Gegen fünf Beinangriffe war er machtlos, doch einige andere wehrte er geschickt ab, sodass er am Ende nur 0:12 verlor und lediglich drei statt vier Mannschaftspunkten abgab. Wäre die Begegnung knapper verlaufen, wäre das ein entscheidender Vorteil für die Gäste gewesen. So aber war die Entscheidung beim 20:7 schon drei Kämpfe vor Schluss gefallen, die Tigers hatten sich den erhofften Abschlusserfolg gesichert. „Das Schönste ist das Gesamtergebnis“, freute sich Eich. Helbing ergänzte: „Unsere Rechnung ist aufgegangen. Wir sind top zufrieden.“