Von unserer Berliner Korrespondentin Rena Lehmann
„Wir gehen von einer Lohnerhöhung von rund zehn Milliarden Euro über alle Branchen hinweg für all diejenigen aus, die bisher am untersten Rand der Lohnskala stehen“, sagte Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) unserer Zeitung. Für Erntehelfer, Praktikanten und Zeitungszusteller wird es beim Mindestlohn nun doch Sonderregelungen geben.
Nahles bezeichnete die Kosten für den Mindestlohn, von dem bundesweit 3,9 Millionen Menschen profitieren sollen, als „ganz ordentlich“. Sie müssten aber im Vergleich gesehen werden. „Allein der Tarifabschluss im öffentlichen Dienst in diesem Jahr macht zusätzlich fünf Milliarden aus. So relativiert sich die Zahl dann doch“, sagte Nahles. Klar sei allerdings auch: „Wenn die Menschen durch das Gesetz mehr in der Tasche haben – ob 50 Cent oder zwei Euro – dann kostet das was.“
Verhandlungen beendet – ab 1. Januar gilt der Mindestlohn
Auf Druck der Union haben sich die Spitzen der schwarz-roten Koalition am Freitag auf mehrere Änderungen verständigt. Der Mindestlohn von 8,50 Euro soll ab 1. Januar 2015 gelten. Das Gesetz soll am nächsten Donnerstag im Bundestag verabschiedet werden. „Die Verhandlungen mit dem Koalitionspartner sind erfolgreich beendet“, sagte Nahles am Freitag. Wie aus Fraktionskreisen berichtet wurde, soll Zeitungsverlagen eine zeitliche Staffelung eingeräumt werden. Rabatte für Zeitungsverleger bei den Sozialbeiträgen, wie von Nahles ursprünglich geplant, stießen in der Union auf Widerstand. Solche selektiven Eingriffe seien verfassungsrechtlich fragwürdig, hatte Fraktionsvize Michael Fuchs (CDU) kritisiert. Er forderte, stattdessen „die schlimmsten Ecken und Kanten des Gesetzentwurfs“ für alle Unternehmen und Branchen zu beseitigen. Grundsätzliche Änderungen wird es nun allerdings nicht geben.
Sonderregeln für Zeitungsausträger und Erntehelfer
Auch für Saisonarbeiter deutet sich aber ein Kompromiss an. „Erntehelfer sind in der Regel kurzzeitig Beschäftigte. Auch dafür haben wir Lösungen gefunden“, sagte Nahles. Ausnahmen vom Mindestlohn von 8,50 Euro sind abgesehen von einer Übergangsfrist von zwei Jahren für bereits bestehende Branchentarifverträge nicht vorgesehen. Die Union hatte aber auf einer Sonderregelung für Erntehelfer bestanden. Auch bei den Regelungen für Praktikanten hat sich die Union teilweise durchgesetzt. Nahles' Entwurf zufolge sollten nur freiwillige Praktika bis zu sechs Wochen vom Mindestlohn ausgenommen sein. „Ich kann mir auch freiwillige Praktika im Rahmen von bis zu drei Monaten vorstellen“, sagte Nahles jetzt. Nach Studium oder Berufsausbildung gilt der Mindestlohn allerdings ohne Einschränkung. Am Dienstag sollen die Fraktionen das Gesetzt abschließend beraten.