„Das ist doof gelaufen“, sagt die schnelle 800-Meter-Läuferin der LG Kreis Ahrweiler rückblickend auf den corona-bedingten vorzeitigen Abbruch des zuletzt vom Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) organisierten Trainingslagers. Sonst aber ist für Kolberg vieles gut gelaufen im Jahr 2021. Und zwar ganz einfach deshalb, weil sie selbst schnell gelaufen ist. So blickt die 22-Jährige nun aus einer neuen Perspektive aufs kommende Jahr – und aus einem neuen Verein.
Nach 21 Jahren hat sie ihren Heimatverein TuS Ahrweiler verlassen und sich dem TV Sinzig angeschlossen, womit sie zumindest das Trikot der LG Kreis Ahrweiler weiterhin trägt. „Das ist mir wichtig, das Ahrtal liegt mir am Herzen“, betont Kolberg, der auch Angebote von anderen Vereinen vorgelegen haben. So ganz leicht ist ihr der Wechsel offenbar nicht gefallen. „Schade“, meint sie nur zu der Tatsache, dass sie mit dem TuS keine Einigung über einen angestrebten Verbleib erzielen konnte. „Der TuS Ahrweiler ist froh, Majtie Kolberg auf ihrem Weg zur internationalen Elite fördern und unterstützten zu können. Wir wünschen ihr auf ihrem weiteren Weg viel Erfolg“, kommentierte Sabine Schenke, Geschäftsführerin beim TuS, den Schritt.
Neu ist für die Perspektiv-Kaderathletin des DLV neben dem Verein auch ihre Selbstwahrnehmung, die sich gerade wandelt. Kunststück, beendet Kolberg das Jahr doch als Zweite der deutschen Bestenliste über 800 Meter. Mit ihrer im Juli im belgischen Ninove (bei Brüssel) erreichten neuen Bestzeit von 1:59,24 Minuten rangiert sie hinter Katharina Trost (1:58,68/LG Stadtwerke München), Halbfinalistin bei den Olympischen Spielen in Tokio, aber noch vor der Dauerrivalin Christina Hering (1:59,78/LG Stadtwerke München) auf Platz zwei.
Europaweit liegt Kolberg damit auf dem bemerkenswerten achten Rang. Und zwar nicht in ihrer Altersklasse U 23, sondern bei den Frauen. „Ich habe das noch gar nicht so richtig realisiert“, sagt sie: „Ich sehe mich immer noch als die Kleine, aber eigentlich bin ich in der Spitze angekommen. Das ist schon ein cooles Gefühl.“
Was auch für den Umstand zutrifft, dass sie mit ihrer Zeit nicht nur die Qualifikationsnorm für die Europameisterschaften 2022 in München geknackt hat, sondern auch für die Weltmeisterschaften vier Wochen zuvor in Oregon (USA). Titelkämpfe, die vor einem Jahr noch als vage Möglichkeiten und Ziele vor Augen standen und nun in greifbare Nähe gerückt sind. Ganz sicher hat sie die Teilnahme zwar noch nicht. So gibt es etwa für die WM drei deutsche Startplätze, die noch heiß umkämpft sind und die auch noch mit einer weiteren guten Zeit bestätigt werden müssen, aber trotzdem: Den Status „neues hoffnungsvolles Talent“ hat sie mittlerweile abgelegt. Was auch im Wettkampf für ein anderes Gefühl sorgt: „Ich gehe jetzt mit einem anderen Selbstbewusstsein in die Rennen“, erklärt die Studentin an der Universität Köln (Sport und Biologie).
Das Studium gerät trotz allem nicht aus dem Blick. In den Tagen vor dem Abflug nach Portugal sitzt sie über den Büchern, um für eine Prüfung im Januar zu lernen. Bei so einem Zeitplan will alles gut organisiert und getaktet sein. Umso ärgerlicher, wenn dann Unvorhergesehenes die Planungen durcheinanderbringt. So wie zuletzt in Südafrika, wohin Kolberg mit einer kleinen DLV-Gruppe zu einem Höhentraining aufgebrochen war. Aber schon am ersten Tag gab es im Team einen Coronafall, am dritten Tag rückte dann die Omikron-Mutation dort in die Schlagzeilen. Weshalb Kolberg umgehend wieder die Heimreise antrat.
Was angesichts der sich prompt anschließendenden Rückreisewelle von Südafrika gar nicht so einfach war. „Ich habe nur über Beziehungen noch einen Direktflug nach Hause bekommen, die anderen mussten teilweise warten und lange Zwischenstopps weit weg in Kauf nehmen“, erzählt sie.
Zumindest konnte Kolberg danach dank ihres Spitzensportler-Status' in der anschließenden Quarantäne noch allein draußen ihre Trainingsrunden drehen. Nun hofft sie, zumindest in Portugal die guten Trainingsbedingungen komplett bis zum 16. Januar nutzen zu können, um die Grundlagen für eine erfolgreiche Saison zu legen. Die Hallensaison wird mit nur fünf, sechs Starts kurz ausfallen. Am 26./27. Februar findet die Hallen-DM in Leipzig statt. „Aber da geht es für mich in erster Linie nur darum, Wettkampfroutine zu bekommen“, betont sie. Schließlich warten 2022 noch größere Wettkämpfe.