Mainz
Mainzer Ranzengarde verteidigt Sarrazin-Auftritt

Mainz - Showdown in einem pikanten politischen Streitfall: Eigentlich sollte Ex-Bundesbankvorstand Thilo Sarrazin am Sonntag nur eine launige Laudatio bei einer Fastnachtsveranstaltung der altehrwürdigen Mainzer Ranzengarde halten. Doch die närrische Rede ist dank Sarrazins Buchskandal zum Politikum geworden – und Kritiker des ewigen Provokateurs haben bereits eine Demonstration für Sonntag angekündigt. Dann soll nämlich die diesjährige Auszeichnung „Ranzengardist“ an den Mainzer Musikkabarettisten Lars Reichow vergeben werden.

Lesezeit 2 Minuten

Mainz – Showdown in einem pikanten politischen Streitfall: Eigentlich sollte Ex-Bundesbankvorstand Thilo Sarrazin am Sonntag nur eine launige Laudatio bei einer Fastnachtsveranstaltung der altehrwürdigen Mainzer Ranzengarde halten.

Doch die närrische Rede ist dank Sarrazins Buchskandal zum Politikum geworden – und Kritiker des ewigen Provokateurs haben bereits eine Demonstration für Sonntag angekündigt. Dann soll nämlich die diesjährige Auszeichnung „Ranzengardist“ an den Mainzer Musikkabarettisten Lars Reichow vergeben werden.

Es ist gute Tradition: Als Preisträger aus dem Vorjahr soll Sarrazin die Laudatio halten. Doch so einfach ist es diesmal nicht. Der frühere SPD-Politiker und Berliner Ex-Finanzsenator, gegen den ein Parteiausschlussverfahren läuft, war wegen provokativer Thesen zur Integration von Ausländern in die Kritik geraten.

Doch die Ranzengarde hat den geplanten Auftritt des Ex-Bundesbankvorstands gegen jede Kritik verteidigt. „Ich bin für die Freiheit von Rede und Meinung und da ist es selbstverständlich, dass er uns sehr willkommen ist“, bekräftigte der ehemalige rheinland-pfälzische CDU-Landesvorsitzende und Generalfeldmarschall der Ranzengarde, Johannes Gerster, noch einmal seine Haltung. Auch Lars Reichow hatte im Vorfeld erklärt, dass er sich auf seinen Laudator freue.

Doch nicht jeder freut sich mit ihm. Für Sonntag wollen unter anderem der Kreisverband der Grünen und die rheinland-pfälzische DGB-Jugend in Mainz gegen den Auftritt demonstrieren. Die Polizei rechnet mit rund 200 Teilnehmern. Die Mainzer SPD hatte signalisiert, dass sie der Veranstaltung aus Protest fern bleiben wolle.

„Nichts von dem, was Sarrazin beschreibt, ist eine Bereicherung für die Diskussion, geschweige denn neu, originell oder ein Tabubruch. Seine Lösungsvorschläge sind bestenfalls unbrauchbar, schlimmstenfalls menschenverachtend“, heißt es in dem Protestaufruf. Heftige Diskussionen hatte Sarrazin unter anderem ausgelöst mit Thesen zu muslimischen Zuwanderern, wonach viele unfähig und unwillig zur Integration seien.
Generalfeldmarschall Gerster hält dagegen. „Wir finden es etwas lächerlich, dass bestimmte Leute in Mainz Auftrittsverbote durchsetzen wollen, das passt nicht in unsere Zeit“, sagt der streitbare 69-Jährige. „Wir sind eine Fastnachtsorganisation, die für die Narren- und Redefreiheit eintritt. Wir lassen uns nicht vorschreiben, wer bei uns auftreten darf und wer nicht.“ Die Garde sei 1837 im Protest gegen den Obrigkeitsstaat entstanden. „Da fühlen wir uns nun in bester Tradition. Wir werden zwar von keinem Obrigkeitsstaat mehr bedrängt, aber von einem bestimmten linken Zeitgeist.“

Er stimme zwar durchaus nicht mit allen Thesen Sarrazins überein, sagte Gerster, der von 1997 bis 2006 als Leiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Israel gelebt hat. „Aber wenn ich nur mit Leuten kommuniziere, die meiner Meinung sind, dann wäre die Welt ja sehr langweilig.“ Und: Die Ranzengarde verteile schließlich nicht den Friedensnobelpreis und „daher bewerten wir auch keine politische Aussagen“.

Von Andrea Löbbecke