Mainz – Die Mainzer Fans bleiben auch im Erfolg bescheiden. „Nie mehr Zweite Liga…“ stimmten sie kurz vor Schluss der Partie gegen die TSG Hoffenheim an.
Nie mehr Zweite Liga? Noch nie sah es für die 05er so wenig nach unterklassigem Fußball aus wie derzeit. War schon die Tatsache an sich, dass der rheinhessische Klub die Tabellenspitze erobert hatte, bundesweit als Sensation gefeiert worden, kennt die Begeisterung am Bruchweg und das Staunen im übrigen Fußball-Deutschland derzeit keine Grenzen mehr.
Der 4:2-Sieg gegen die Kraichgauer war der siebte dreifache Punktgewinn in Serie – den Startrekord des FC Bayern München und des 1.FC Kaiserslautern haben die 05er damit eingestellt.
Es war ein rassiges, temporeiches Duell auf höchstem Bundesliganiveau, das sich der FSV Mainz 05 und der selbsternannte Traditionsverein lieferte. „Das war der stärkste Gegner, mit dem wir es in dieser Saison zu tun hatten“, sagte 05-Stürmer Adam Szalai. „Auch stärker als die Bayern vor einer Woche.“
Tatsächlich war es den Gästen lange Zeit erfolgreich gelungen, „uns mit unseren eigenen Mitteln zu bekämpfen“, wie Lewis Holtby sagte. Der Mainzer Spielmacher, in der ersten Halbzeit im rechten Mittelfeld eingesetzt, tat sich dagegen wie die gesamte Mannschaft bis zur Pause extrem schwer, hatte aber eine geniale Aktion: Sein Pass auf Adam Szalai „war alleine schon das Eintrittsgeld wert“, lobte Bundestrainer Joachim Löw Holtbys brillantes Zuspiel in die Spitze, wo sein ungarischer Mannschaftskollege Torwart Tom Starke auswackelte und dann nach links auf den mitgelaufenen Sami Allagui legte, der nur noch ins leere Tor einschieben musste: 1:0. Gespielt waren da 100 Sekunden.
Dass der Hoffenheimer Ausgleich durch Demba Ba in der 41. Minute hoch verdient war, daran gab es keine Zweifel. Nach dem Seitenwechsel aber schlugen die Mainzer erneut zu – und diesmal benötigten sie vom Anpfiff weg nur 90 Sekunden, dann lupfte Holtby die Kugel in den Lauf von Szalai, der war frei durch und traf zum 2:1.
Trainer Thomas Tuchel hatte sein System umgestellt, ließ das Mittelfeld jetzt in einer Raute agieren, mit Miroslav Karhan als Sechser, Eugen Polanski und André Schürrle auf de Seiten und Lewis Holtby auf der Zehnerposition. „Ich habe zwar auch in der ersten Halbzeit mein Bestes versucht, aber diese Rolle liegt mir mehr“, sagte der vom FC Schalke 04 ausgeliehene Linksfuß. Einen weiteren Beleg dafür erbrachte er in der 59. Minute: Der eingewechselte Marco Caligiuri hatte sich auf der rechten Seite gegen zwei Hoffenheimer durchgesetzt und Holtby geschickt, der spielte im Strafraum Christian Eichner schwindlig, ging Richtung Grundlinie und wolle dann auf André Schürrle passen; es wäre eine ähnliche Aktion geworden wie die Vorbereitung des 1:0-Treffers vor einer Woche in München. „Aber mir ist der Ball ein bisschen abgerutscht – und plötzlich hat das Netz gewackelt“, schilderte Holtby die Szene. Luiz Gustavo hatte ins eigene Tor zum 3:1 abgefälscht.
Vom Anschlusstreffer durch ein Freistoßtor des Isländers Gylfi Sigurdsson nur fünf Minuten später ließen sich die 05er nicht mehr aus der Ruhe bringen. Stattdessen wirbelten sie die Hoffenheimer Defensive noch mehrmals durcheinander, nach einer herrlichen Kombination von Szalai, Schürrle und Holtby riss Innenverteidiger Josip Simunic den besten Mainzer Scorer von hinten um, sah dafür die Rote Karte – und Schürrle verwandelte den Elfmeter zum 4:2-Endstand.
Spiel und Resultat schienen nicht nur die rot-weiß gekleideten Fans begeistert zu haben. Bei der Mainzer „Humba“ saßen auch noch etliche TSG-Anhänger in ihrem Block und feierten den Bundesliga-Tabellenführer.
Peter H. Eisenhuth