Mainz – Die erfolgreichste Halbserie des FSV Mainz 05 in der Bundesliga hat einen würdigen Abschluss gefunden.
Mit dem beeindruckenden 4:2-Sieg beim FC St. Pauli haben die 05-Profis noch einmal ein fettes Ausrufezeichen gesetzt und sich als Tabellenzweiter, also auf einem Champions-League-Platz, in die kurzen Weihnachtsferien verabschiedet. Die Art und Weise, wie die Mainzer beim Aufsteiger auftraten, ihre technischen Vorteile ausspielten, sei sinnbildlich gewesen, sagte Thomas Tuchel nachher.
Sinnbildlich dafür, wie sich die 05er in dieser Hinrunde Respekt verschafften dafür, wie unangenehm diese Spielweise für den Gegner ist. „Und sinnbildlich für das, was wir spielen wollen. Wie wir die Punkte einfahren wollen. Davon war in diesem Spiel vieles drin.“
Im Speziellen meinte der 05-Trainer damit: „Frühes Anlaufen, frühes Attackieren. Damit hatten wir frühe Balleroberungen und durch drei Offensivspieler ständige Gefahr.“ Mit zwei Spitzen und einem Zehner dahinter waren die Mainzer stets torgefährlich. „Wir waren wach in allen Mannschaftsteilen. Wir hatten enge Abstände, hohes Spieltempo. Und wir haben von der ersten Minute an ein gutes Zweikampfverhalten gezeigt“, zählte der 05-Trainer auf.
Eine Schlüsselposition nahm dabei Lewis Holtby ein. Der 20-Jährige durfte nach einigen, für ihn harten Wochen auf der Bank, von Beginn an spielen und interpretierte seine Rolle so, dass die Hamburger überhaupt nicht mit dem Zehner zurecht kamen. „Lewis hat an Form gewonnen. Er hat im Training zugelegt, ist auch torgefährlicher geworden.“ Dennoch sei es unbestritten, so Tuchel, dass Holtby noch nicht in der Form sei, wie am Anfang der Saison. In Pauli habe vieles gepasst, „aber da geht noch mehr. Das geht noch viel besser. Da wollen wir ihn hinkriegen.“
Etwas zu hektisch
Holtby habe in der ersten Viertelstunde eine Vielzahl von Möglichkeiten, Fernschüssen und Dribblings liegen gelassen, weil der Spieler zu viel gewollt und nur an den tödlichen Pass gedacht habe. Den spielte der 20-Jährige auf Adam Szalai vor dem 1:0. „Er hat schon Ballsicherheit und die Fähigkeit, eng am Ball zu drehen, das Tor zu bedrohen, bevor Pässe gespielt werden.“ Doch Holtby sei in der Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen, noch ein wenig hektisch. „Das ist auch seinem Alter und seinem Naturell geschuldet. Er hat keine Busfahrermentalität. Damit meine ich: Je hektischer, je lauter es wird, desto ruhiger wird vorne der Busfahrer.“
Holtby sei einer, der ständig machen, unterwegs sein müsse. „Das widerspricht dem, was man auf der Zehn haben muss.“ Daran arbeite der Profi. „Das ist ja keine Idee vom Trainer, dass der sagt, Holtby bleibt mal fünf Wochen draußen, obwohl er unser bester Mann ist. Und am letzten Spieltag überlegt sich der Trainer, ach, stimmt ja, wir haben ja noch Lewis Holtby. Und dann lässt er ihn wieder spielen“, erklärte Tuchel. Er orientiere sich rein an der Leistungsfähigkeit der Spieler. „Mir reicht das nicht, wenn einer nur 60 Prozent abruft, von dem, was er kann.“
Selbst wenn das genauso viel sei, was ein anderer bei 100 Prozent leiste. So hat der 05-Trainer in der Vorrunde auch André Schürrle getriezt. Mit dem Erfolg, dass der Nationalspieler hinten raus überragend aufspielte.
Der Vorrundenabschluss brachte zudem eine Entdeckung im Kader. Malik Fathi wird sich daran gewöhnen müssen, künftig öfter als zentraler Mittelfeldspieler beim Bundesligisten aufzulaufen. Schon beim Pokal-Aus in Aachen habe Fathi diese Position besser ausgefüllt, als dies für Außenstehende wahrnehmbar gewesen sei. „Ich wollte seine Persönlichkeit und seine ständige Aufmerksamkeit auf dem Platz haben. Gleichzeitig aber auch Christian Fuchs auf der besten Position, die er spielen kann“, erklärte Tuchel.
Beobachtungsfehler der Trainer
Das Trainerteam sei vielleicht eine Weile einem Beobachtungsfehler unterlegen, im Wissen, dass Fathi immer Linksverteidiger war. Ohne diese Vorinformation hätte er eigentlich schon früher erkennen müssen, dass der Ex-Berliner von seinen Fähigkeiten her dafür prädestiniert sei, in der Mitte des Feldes zu spielen. „Das haben wir mit ihm thematisiert. Dann kam plötzlich raus, dass er bis zur A-Jugend auf der sechs gespielt hat und nur wegen Not am Mann als ball- und passsicherer Linksfuß nach links hinten geschoben wurde“, erzählte der 05-Coach.
Der Trainerstab schaute sich Fathi in paar Wochen lang unter dieser Prämisse an. Tuchel erinnerte sich, dass er schon nach dem ersten Kennenlerngespräch, ohne ein konkretes Bild vom Spieler zu haben, geglaubt hatte, Fathi könne auf der sechs spielen. „Das hat ein rundes Bild ergeben. Wir wollten nicht mehr warten, sondern im Zentrum einen kopfballstarken Spieler. Denn wir haben mit langen Bällen gerechnet. Gleichzeitig wollten wir Passsicherheit und Ruhe“, so Tuchel. „deshalb haben wir Malik ausgewählt.“ Eine gute Entscheidung. Jörg Schneider