Die merkwürdige Transferpolitik von Felix Magath war schon Thema an dieser Stelle. In der vergangenen Woche stand der Trainerayatollah des VfL Wolfsburg erneut im Mittelpunkt der Diskussionen.
Kaum war Nationalmannschaftskapitän Philipp Lahm mit einer seiner Buchthesen auf dem Markt, Magaths Erfolgsprinzip basiere ausschließlich auf Druck, da sorgte in Wolfsburg diese Meldung für Aufregung: Spieler, die auf dem Rasen nicht so auftreten, wie der Trainer das fordert, die müssen horrende Geldstrafen zahlen. Bis zu 10.000 Euro. Ob das einem Profi, der in der VW-Stadt lässig zwischen 100.000 und 200.000 Euro Gehalt überwiesen bekommt (ohne Prämien), dann auch tatsächlich weh tut, ist dabei eine ganz andere Frage. Und ob das juristisch überhaupt zulässig ist – man stelle sich vor, der Normalbürger bekäme für jeden Fehler am Arbeitsplatz direkt 100 bis 200 Euro abgezogen auf dem Gehaltszettel – das ist noch mal eine ganz andere Frage.
Wahrscheinlich geht es Felix Magath nur darum, seinen Ruf als „General Gnadenlos“ in der Branche zu festigen. Knüppelhartes Training nach dem Ausleseprinzip („Nur die ganz Harten kommen am Samstag in den Garten“), Ausgrenzung aus dem Mannschaftstraining nebst Abkommandierung zu Laufsonderschichten mit dem Athletiktrainer für die Spieler, die angeblich physisch hinterherhinken, Reduzierung der Kommunikation mit den Spielern auf das Allernötigste – und nun noch Geldstrafen für Fehler auf dem Platz. Das rockt. Das riecht tatsächlich nach dem Prinzip: Leistungssteigerung über Druck und Erzeugung von Angst- und Blamagegefühlen (mehr als Letzteres dürfte eine Geldstrafe bei Fußballmillionären nicht auslösen).
Nun hat es Magath mal wieder geschafft: Der zuletzt beim 0:3 in Freiburg gedemütigte VfL Wolfsburg hat an diesem Wochenende den zuletzt von Erfolg zu Erfolg eilenden FC Schalke 04 geschlagen. Die Magath-Methode funktioniert. Nicht immer. Aber immer mal wieder. Als Modell taugt diese Druckpädagogik dennoch nicht. Weil dieser Ansatz nicht nachhaltig wirkt. Immer schneller wechselt Magath die Klubs. Vielleicht auch deshalb, weil ihm die Spieler irgendwann nicht mehr folgen.
Ein Geldstrafenkatalog (Wir stellen uns vor: ein Eigentor kostet 10.0000 Euro, ein verlorener Zweikampf 7000, ein Fehlpass 5000, ein unnötiger Querpass 3000 und ein hinters Tor getretener Eckball 1000 und eine Laufleistung unter elf Kilometern 15.000) macht auf Dauer aus einer Mannschaft keine bessere Mannschaft. Wer aus Angst vor Strafen besser spielt, der wird vielleicht mal Deutscher Meister, aber lange durchhalten wird er das nicht. Das ist keine stabile Basis für anhaltenden Erfolg. Selbstbewusstsein, Spaß an und Lust auf eine gute Aktion tragen auch im harten Leistungssport länger als Erfolgsprinzip als Angst vor einem Fehler und einer demütigenden Bestrafung.
Dieses Druck- und Strafenprinzip ist lächerlich. Und es entlarvt den Erfinder als einen Gruppenführer, dem modernere, der heutigen Spielergeneration angemessenere pädagogische Mittel offenbar fremd sind. Druck und Strafen lassen einen Spieler alleine. Auch ein Fußballlehrer sollte in der Lage sein, einem möglicherweise formschwachen Spieler Lösungswege aufzuzeigen. Mag sein, dass ein Felix Magath dazu gar keine Zeit hat. Seit seiner Zeit beim FC Bayern München, als sich der Diktator gegängelt fühlte von Fachleuten wie Uli Hoeneß oder Karl-Heinz Rummenigge, dockt Magath nur noch bei Klubs an, die ihn zum Alleinentscheider küren: Trainer, Manager und Geschäftsführer in Personalunion. Da dürfte der Allmächtige viel um die Ohren haben zuzüglich der geselligen Gesprächsrunden mit den hörigen Vorstandshäuptlingen vom Volkswagenwerk. Da bleibt möglicherweise kein großes Zeitbudget mehr für eine kommunikationsintensive Spielerpädagogik.
Wir wagen die Prognose: Lange wird sich Felix Magath, der zumindest in den Medien selten bis nie über Mannschaftsgefühl, Spielstrategie oder gruppentaktische Prinzipien redet, auf dem deutschen Markt nicht mehr halten.
Von Reinhard Rehberg