Rheinland-Pfalz
Live-Blog: So erklärt das Land den Rauswurf der Pächter

Rheinland-Pfalz - Es ist das Eingeständnis, sich die falschen Partner gesucht zu haben: Das Land will sich von den Pächtern des Nürburgrings trennen. Hier berichtet unsere Zeitung von der Pressekonferenz, die um 14.30 Uhr endete. Fazit: Die Verträge sind bereits gekündigt, bis neue Betreiber den Nürburgring übernehmen, kann es aber noch dauern.

Rheinland-Pfalz – Es ist das Eingeständnis, sich die falschen Partner gesucht zu haben: Das Land will sich von den Pächtern des Nürburgrings trennen. Hier berichtet unsere Zeitung von der Pressekonferenz, die um 14.30 Uhr zu Ende gegangen ist

Fazit: Die Verträge sind bereits gekündigt, bis neue Betreiber den Nürburgring mit allem was dazu gehört übernehmen, kann es aber noch längere Zeit dauern.
Vorausgeschickt: Die Pächter gingen vor der Pressekonferenz noch einmal in die Offensive: Es gebe ein Angebot, wonach der Nürburgring fünf Formel 1-Rennen bis 2023 erhält. Der Landeszuschuss solle bei jedem Rennen unter zehn Millionen liegen. Ab Mai habe die Nürburgring Automative auch monatlich 600.000 Euro Pacht zahlen wollen.


Zunächst befasste sich noch das Kabinett mit dem Thema. Die Pressekonferenz begann um 13.30 Uhr. Kurt Beck nahm nicht teil. Die Landesregierung wurde vertreten durch Finanzminister Carsten Kühl, Innenminister Roger Lewentz (beide SPD) und Wirtschaftsministerin Eveline Lemke (Grüne).

LIVE-BLOG zur Pressekonferenz beginnt:
Innenminister Roger Lewentz betont die herausragende Bedeutung des Aushängeschilds Nürburgring. Das habe die Regierung bei allen Entscheidungen geleitet. Eine gute Zukunft am Ring mit den jetzigen Pächtern sei nicht möglich. „Das Vertrauen ist aufgebraucht.“
Lewentz sagte, die Nürburgring GmbH habe dem Wunsch des Kabinetts entsprochen, den Betriebspachtvertrag und den Konzessionsvertrag für die Formel 1 mit der Nürburgring Automative zu kündigen.
Man versuche eine einvernehmliche Rückabwicklung. Dazu habe es heute morgen auch ein Signal von Pächter Jörg Lindner gegeben.
Finanzminister Carsten Kühl sagt, das Land werde die Grundlage schaffen, um aus der Rücklage des Landes der Nürburgring GmbH Geld zuzuführen. Das sei eine Umschuldung der landeseigenen Gesellschaft. Es gehe um reine Vorsorge, wenn eine Neuausschreibung eine gestärkte Finanzausstattung für die GmbH erforderlich mache. Die Kosten sind nicht absehbar, das Land will auch keine Einschätzungen abgeben, um bei der Neuausschreibung die Handlungsposition nicht zu verschlechtern.
Wirtschaftsministerin Eveline Lemke kündigt an, den Prozess transparent und zuverlässig zu gestalten. Von ihrem Haus habe es auch ein Telefonat mit der EU-Kommision gegeben. „Die Kommission wird uns bei dem weiteren Verfahren eng begleiten.“ Es geht um vergaberechtliche und Beihilfe-Fragen. Die EU sei aber eher Hilfe als Hindernis.
Es gehe auch darum, die Arbeitsplätze zu erhalten. Rot-Grün stehe bei dem Thema zusammen und lasse die Menschen nicht alleine.

(Bei der Floskel verdrehen manche Journalisten die Augen.)
Wieso ist Beck nicht da?

Weil es um die inhaltlichen Informationen der zuständigen Fachminister gehe, erklärt Innenminister Roger Lewentz. Die Verantwortung liege beim Innenministerium, deshalb habe er auch eingeführt.
Lemke erklärt, dass die Nürburgring GmbH vorübergehend als Betreiber einspringen soll, bis eine Ausschreibung einen neuen Betreiber ergeben hat.
Es kann sein, dass die Automative da oben noch für eine gewisse Zeit die Verantwortung hat – auch für die Mitarbeiter, sagt Lewentz. Es sei ja nicht klar, ob man zu einer gerichtlichen oder außergerichtlichen Einigung mit dem Pächter komme oder es einen langen Rechtsstreit geben wird.
Lewentz: „Sie würden staunen, wie viele Anfragen von Interessenten es schon gegeben hat, die sich gemeldet haben, weil sie gemerkt haben, dass es da oben zu Ende geht.“

Lewentz vermittelt den Eindruck, dass es potente Interessenten seien.
Die Ausschreibung könne ein Jahr dauern. „Wir wollen das schneller als in Jahresfrist hinbekommen, wenn wir handeln können“, so Lewentz. Das sei der Zeitraum, in dem die Nürburgring GmbH Betreiber sei.
Lewentz sagt, bei Treffen mit den Pächtern habe er nur Erfolgsmeldungen gehört – bis es um die Pachtzahlungen gegangen sei...
Lewentz strebt eine außergerichtliche Einigung an, „wenn sie für das Land vertretbar ist. Die Tür bleibt offen.“ Wenn es aber keine fürs Land erträgliche Einigung gebe, müsse man vor Gericht gehen.
Finanzminister Kühl: Die Mittel aus der Rücklage müssen nur aktiviert werden, wenn die Neuauschreibung dazu führt, dass dauerhaft die Pachteinnahmen niedriger sind als die Ausgaben. Dafür müsse haushaltsrechtliche Vorsorge getroffen werden. „Wenn wir das Risiko beziffern, geben wir Interessenten zu erkennen, bei welchem Ausmaß von Zuschuss wir dennoch bereit wären zu verpachten.“
Anderthalb Jahre könne ein Rechtsstreit mit Pächter Nürburgring Automative dauern, hätten ihm Experten gesagt, so Innenminister Roger Lewentz. Deshalb gebe es das Ziel, eine Einigung zu erreichen.Er vertrat aber die Auffassung, dass die Kündigung des Pacht- und Konzessionsvertrags rechtswirksam sein müsste, weil der Pächter ein dreiviertel Jahr lang keine Miete gezahlt habe.
Die Aktivierung der Rücklage bedeute nur, das Land „Marktergebnisse nicht vorhersehen kann“, sagt Kühl. Es könne aber der Fall eintreten, dass, um den Ring weiter betreiben zu können, der GmbH Teile der Kredite aus dem Landeshaushalt abgelöst werden müssen. Heißt wohl: Die Nürburgring GmbH bedient Zinsen und Tilgung aus Pachtzahlungen – wenn ein neuer Pächter nicht so viel Pacht zahlt, dass die Zahlungen gedeckt sind, muss das Land einspringen.
Im ersten Jahr, in dem laut Lewentz keine Pacht hätte fließen müssen – vereinbart waren allerdings offenbar 90 Prozent der Gewinne – gab es eine Pachtzahlung von einer Million Euro, seither nichts mehr. Diese Million fordere die Nürburgring Automative auch zurück.
Wie geht es mit der Formel 1 weiter?

Lewentz lacht kurz, geht auf das heute von der NAG verkündete angebliche Angebot ein, dass für fünf Rennen rund 50 Millionen Euro Kosten fürs Land bedeuten würde. „Ich möchte und muss persönlich mit Herrn Ecclestone sprechen.“
Es könne auch sein, den renn-affinen Bereich getrennt vom anderen Bereich zu vergeben, sagt Lewentz auf eine entsprechende Nachfrage.
Eveline Lemke: Die Wirtschaftlichkeit muss viel dezidierter betrachtet werden. „Wir betrachten das ganze Objekt mit all seinen Gebäudebestandteilen und wirtschaftlichen Nutzungsmöglichgkeiten. Da ergibt sich eine Vielzahl von Möglichkeiten“, sagt Lemke. „Man muss Umbaumöglichkeiten und Rückbau in Betracht ziehen.“
„Wir wollen dauerhaft dem Fass ohne Boden einen Boden geben“, sagt Eveline Lemke.

Die Pressekonferenz ist jetzt vorbei, Kollegen holen sich jetzt noch O-Töne der Minister.