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Mainz
Letzter Vorhang in der Neutorschule

Voll bei der Sache, die Darsteller des Stücks "Die zertanzten Schuhe". Foto: Michael Bellaire

Mainz -  "König, du kannst jetzt auch tanzen, du bist frei." ruft Magda Brandsdörfer aus der ersten Reihe des kleinen Theatersaales. Auf der Bühne steht Maurice Konrad, 10 Jahre, einer der Darsteller und gleichzeitig Regisseur des Stückes "Die zertanzten Schuhe.". Er probt die Schlussszene.

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Mainz – „König, du kannst jetzt auch tanzen, du bist frei.“ ruft Magda Brandsdörfer aus der ersten Reihe des kleinen Theatersaales. Auf der Bühne steht Maurice Konrad, 10 Jahre, einer der Darsteller und gleichzeitig Regisseur des Stückes „Die zertanzten Schuhe.“. Er probt die Schlussszene. Um ihn herum stehen Tim Himmelstein, Kim Pietrzak, Lorenz Köster, Angelique Herdt und Lara Schneider, alle in bunten Kostümen der Prinzen und Prinzessinnen.

Seit März probt das siebenköpfige Laienensemble im Alter von sieben bis 15 Jahren bereits das Märchen. Am Sonntag war Premiere. Es geht um die Töchter des Königs, deren Schuhe jeden Morgen zertanzt vor den Betten stehen. Der König möchte das Geheimnis lüftet und beauftragt einen Prinzen Wache zu halten. Doch auch dieser verschläft die Nacht. Erst einem einfachen Schuster gelingt es durch Mithilfe der Schwester des Königs, den Prinzessinnen auf die Schliche zu kommen. Als Dank darf er die jüngste von ihnen heiraten.

„Beim Theaterspielen kann man seine Gefühle und seine Träume ausleben“, findet Lorenz Köster, einer der Darsteller. Und bei einigen reicht es sogar zur Verwirklichung des Lebenstraums. Das Volkstheater wurde mit seinen Kursen zur Schauspielerei und zum Stimmtraining schon mehrmals zum Sprungbrett für nationale und internationale Schauspielkarrieren.

„Aus den Amateuren wurden Profis. Und Amateur ist nicht negativ gemeint, vielmehr leitet es sich vom Wort “amore„ ab, lieben.“ sagt Magda Brandsdörfer. Die Deutsch-Rumänin begann selbst als Amateur, wurde dann jedoch zum Profi. Die Liebe zum Theater ist geblieben. Vor 25 Jahren beschloss sie sich deshalb, in Mainz das Volkstheater zu gründen.

„Vom Volk für das Volk“ lautet die Devise, und in den vergangenen 25 Jahren hat das Volk tatsächlich viel von dem Theater gehabt. Mit ungefähr 300 Schauspielern wurden viele Inszenierungen aufgeführt, einige Interessierte besetzten die Nischen der Maskenbildnerei, der Musik, der Technik.

„Das Theater ist ein Begegnungsort für Jung und Alt, für alle sozialen Gruppen, für jeden, der Spaß an der Schauspielerei hat.“ berichtet Frau Brandsdörfer.

Seit einiger Zeit stellt sich jedoch die Frage, wie lange dieses Angebot noch bereitgestellt werden kann. Die derzeitigen Räume sind in der ehemaligen Neutorschule in der Neutorstraße untergebracht. Die Stadt hat allerdings entschieden, dass das Gebäude abgerissen werden soll. Selbst zahlreiche Unterschriftenaktionen und Demonstrationen konnten das Vorhaben nicht stoppen. Eine Übergangslösung sind die Räume der St. Ignatz-Gemeinde. Doch auf Dauer ist auch das keine Lösung, der Platz reicht eben nicht für die vielen Requisiten, Kostüme und Bühnenbilder. „Das ist voll doof, dass wir hier raus müssen“, sind sich alle Darsteller einig.

Das findet auch Magda Brandsdörfer. Doch sie wird nicht aufgeben. Trotz fehlender Unterstützung von der Stadt und immer größeren Schwierigkeiten, die Kurse anbieten zu können, wird sie versuchen, auch im nächsten Jahr Kurse zu geben. Und sie hofft, dass auch ihre Geschichte und die Geschichte des Volkstheaters so gut endet, wie das Märchen „Die zertanzten Schuhe“ und dass es am Ende heißt „ Ihr könnt tanzen, ihr seid jetzt frei (von allen Sorgen)“. Sonja Winkelmann