Duchroth
Lese am Duchrother Kaiserberg: Wo Wein noch reine Handarbeit ist
Weinlese Selbstversuch

Eine reiche Ausbeute für einen Vormittag: Unsere Redakteurin Denise Bergfeld war bei der Weinlese am Duchrother Kaiserberg dabei. Gemeinsam mit Winzer Wolfgang Weinmann, dessen Familie und polnischen Erntehelfern pflückte sie eine Wagenladung voller Trauben, die zu rund 1000 Flaschen Wein verarbeitet werden.

Lukas Ondreka

Duchroth - Die Weinlese am Duchrother Kaiserberg ist noch reine Handarbeit. An dem steilen Hang würde ein maschineller Vollernter versagen. Wenn der Winzer Wolfgang Weinmann zur Lese bittet, sind neben der Familie auch polnische Erntehelfer zur Stelle. In diesem Jahr hilft sogar der Oeffentliche Anzeiger mit – wenn auch nur für eine Stunde.

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Duchroth – Schnipp, schnipp, schnipp. Fast geräuschlos fallen die Weintrauben hinab in meinen Eimer. Sie fallen weich auf ein Bett aus reifen Früchten und gesellen sich zu Ihresgleichen. Mein Eimer ist fast voll, die Sonne scheint mir ins Gesicht. Mir wird warm. Es ist ein Herbsttag wie aus dem Bilderbuch. Schritt für Schritt arbeite ich mich langsam den Duchrother Kaiserberg hinauf. Dabei arbeite ich gebückt, denn die meisten Trauben hängen unten in Kniehöhe.


Es ist ein anstrengendes Geschäft. Vier polnische Erntekräfte, die Tochter, der Schwiegersohn und zwei Enkelkinder helfen Winzer Wolfgang Weinmann bei der Lese. Ich bin für eine Stunde dabei. Heute ist der Weiße Burgunder dran. Es ist ein passabler Jahrgang, meint der Winzer. Auch wenn er in diesem Jahr rund 50 Prozent weniger Ertrag hat als in den Vorjahren. Denn die Weinstöcke haben in diesem Jahr weniger Blüten ausgebildet.

Mit den polnischen Erntehelfer mitzuhalten, schlage ich mir gleich aus dem Kopf. Sie sind viel schneller und geübter als ich. Immerhin kommen sie schon viele Jahren nach Duchroth. Einer von ihnen ist seit 28 Jahren dabei.


Vier Hektar Land mit Wein beackert Winzer Weinmann. Das ist die Fläche, die der 59-Jährige noch gemeinsam mit seiner Familie bewältigen kann. Früher waren es mal 5,5 Hektar. Die Flächen, auf denen er in Duchroth Wein anbaut, sind seit Generationen im Familienbesitz. Rund drei Wochen dauert die Zeit der Weinlese jedes Jahr. An einigen Lagen, wie am Duchrother Kaiserberg, kann der Winzer keine Maschinen einsetzen. Denn der Weinberg ist zu steil für einen Vollernter.


Der Saft der Weintrauben läuft mir nach einer Viertelstunde bereits die Hände hinunter, meine Finger sind klebrig. Manche Trauben sind dunkel gefärbt, fast schon rötlich, und mit einer Schimmelschicht überzogen. Sie sehen krank aus und unappetitlich. Doch gerade diese Trauben gehören zu den erlesensten Früchten. Denn die sogenannte Edelfäule lässt sie zwar krank aussehen, doch im Inneren steigt dadurch die Zuckerkonzentration. Sie schmecken dann ganz besonders süß.

Ich ziehe die Blätter an den Rebstöcken auseinander. Oft verstecken sich hinter ihnen Trauben, die man sonst übersehen würde. Doch es sollen keine reifen Früchte hängen bleiben. Deshalb gehen die Erntehelfer zum Schluss die Reihe nochmal ab. Meine Ausbeute kippe ich in den Traubenwagen, der gegen Mittag bis über den Rand gefüllt ist. Aus dieser Ladung wird der Winzer rund 800 Liter Most und daraus rund 1000 Flaschen Wein keltern. Die Ausbeute eines Vormittags.


Sein Weingut hat Wolfgang Weinmann 1967 von seinem Vater übernommen. Damals war er 16 Jahre alt. Seine Kinder sind mittlerweile erwachsen und haben andere Pläne. Ein wenig Wehmut klingt schon in des Winzers Stimme, wenn er sagt: „Wenn ich einmal aufhöre, wird es den Weinberg wahrscheinlich nicht mehr geben.“ Aber damit hat er sich mittlerweile abgefunden, zumal es auch anderen Kollegen in seiner Heimat so geht. Eine Überlebenschance haben am Ende nur Spitzenlagen und solche, in denen Maschinen zum Einsatz kommen, mutmaßt er.


Ich gehe am Ende natürlich nicht leer aus. Mein Lohn für eine Stunde freiwilliger Leiharbeit: eine Flasche Weißen Burgunders von 2009. Ein Wein, an dessen Hang ich die Trauben selbst gelesen habe. In dem schwingt natürlich eine ganz persönliche Note mit. Na dann, zum Wohl!

Denise Bergfeld