Koblenz
Kommentar: Die Landes-CDU verliert ein politisches Talent

Nachrichtenchefin Birgit Pielen

Jens Weber

Überraschend ist die Nachricht, dass es Marlon Bröhr auf die bundespolitische Bühne zieht, nicht. Der 46-Jährige ist ein politisches Naturtalent – das hat er früh bewiesen. Weil die CDU ihn, den Zahnarzt aus Mönchengladbach, 2006 bei der Wahl des Bürgermeisters in der Verbandsgemeinde Kastellaun nicht aufstellen wollte, trat er als parteiloser Einzelkandidat an – und gewann die Urwahl haushoch gegen den CDU-Kandidaten.

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Nachrichtenchefin Birgit Pielen

Jens Weber

Birgit Pielen zur Entscheidung von Marlon Bröhr

Seit Mai 2015 ist Bröhr Landrat des Rhein-Hunsrück-Kreises, gewählt mit 68,8 Prozent Zustimmung. Sein nächstes Ziel war die Staatskanzlei in Mainz – Bröhr wäre gern Spitzenkandidat der CDU im Landtagswahlkampf geworden. Doch die Partei machte dem ehrgeizigen Politaufsteiger einen Strich durch die Rechnung. Die Landes-CDU einigte sich im Vorstand schon im Sommer 2019 auf den Spitzenkandidaten. Und der heißt seitdem Christian Baldauf.

Bröhr rebellierte erneut, schimpfte über Altherrenentscheidungen und verkrustete Parteistrukturen – scheiterte aber mit seiner Kampfkandidatur im November 2019. Während Baldauf satte 80 Prozent Zustimmung erhielt, musste sich Bröhr mit knapp 20 Prozent der Delegiertenstimmen zufriedengeben. Innerhalb einer Partei ohne große Netzwerke Karriere machen zu wollen, funktioniert nicht. Seine One-Man-Show scheiterte. Offensichtlich hat Bröhr aus dieser Niederlage gelernt und seine bundespolitischen Ambitionen früh vorbereitet. Heißt: Er hat die Christdemokraten im Wahlkreis 200 nicht überrumpelt, sondern sich diskret den notwendigen Rückhalt in den drei Kreisverbänden Rhein-Hunsrück, Cochem-Zell und Bernkastel-Wittlich geholt. Deshalb gibt es auch keinen offenen Widerstand gegen seine Ambitionen.

Bröhr ist ein Querdenker, das mag nicht immer einfach für eine Partei sein. Aber Bröhr kann Wahlen gewinnen. Und das ist ein unschlagbar gutes Argument. Für die Landes-CDU ist der Schritt bedauerlich, weil die Partei damit ein großes politisches Talent verliert.

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