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Kommentar: Die CDU ist noch da, aber zu alter Stärke muss sie erst wiederfinden

Dietmar Brück kommentiert.

Jens Weber

Lange war gerätselt worden, wie Julia Klöckners erster großer Auftritt nach der Niederlage bei der Landtagswahl ausfallen würde. Würde Klöckner als nachdenkliche Oppositionsführerin, also deutlich reflektierter und selbstkritischer ans Rednerpult gehen? Oder erst recht angriffslustig, um ein Signal des politischen Selbstbehauptungswillens auszusenden? Würde die geschlagene Klöckner überhaupt die Kraft aufbringen, um die Finger wirkungsvoll in die offenen Flanken des Ampelkompromisses zu bohren?

Dietmar Brück zur Aussprache im Mainzer Landtag

Die Antwort lieferte die Debatte zur vorangegangenen Regierungserklärung von Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) bereits nach einer halben Stunde. Julia Klöckner sezierte den Koalitionsvertrag wie eh und je. Im Ton blieb sie moderat, aber in der Sache unbeirrt. Die Regierungserklärung Dreyers bezeichnete sie als Regierungsverklärung. Und auch die AfD knöpfte Klöckner sich vor. Jeglichen Annäherungsversuchen der Rechtskonservativen erteilte sie eine brüske Absage.

Daran tat sie gut. Denn die AfD machte bereits in ihrem ersten parlamentarischen Auftritt deutlich, wo sie steht. Fraktionschef Uwe Junge warnte mit Blick auf die Flüchtlinge von einem „massenhaften Import von Analphabeten und Sozialfällen“. Er verurteilte eine Politik, in der „ein ungebildeter marokkanischer Migrant“ wichtiger als ein deutscher Rentner sei. Derartige Töne hat man in Deutschland schon oft von rechtspopulistischen oder rechtsextremen Parteien gehört. Nur eben nicht im Mainzer Landtag.

Bemerkenswert auf der Seite der Ampelkoalition: Redner von SPD, FDP und Grünen gaben sich viel Mühe, Gemeinsamkeiten zu betonen. Jeder eigene Redebeitrag wurde im Ampellager demonstrativ beklatscht. SPD-Fraktionschef Alexander Schweitzer sprach davon, dass sich Leistung lohnen und Deutschland sein Aufstiegsversprechen einlösen muss. Schöner hätte es kein Liberaler ausdrücken können. Und FDP-Fraktionschef Thomas Roth machte gleich die CDU für den Aufstieg der AfD verantwortlich.

Dieses Bollwerk dürfte es den Christdemokraten schwer machen, zu alter Stärke zurückzufinden. Klöckner wurde von SPD und Grünen lange gefürchtet. Nun wird sie im besten Fall noch respektiert. Wollen Klöckner und die CDU erneut zum Machtfaktor werden, liegt ein steiniger Weg vor ihnen.