Rheinland-Pfalz Kommentare
Kommentar: Der neue Nationalpark ist im Hunsrück-Hochwald angekommen

Kurt Knaudt

RZ

Proteste gab's nur gegen immer mehr Windräder im Umfeld. Der Nationalpark Hunsrück-Hochwald aber ist in der Region angekommen: Das ist die wichtigste Botschaft der Eröffnungstage. Dass am Samstag und am Sonntag mehr als 20.000 Menschen und damit deutlich mehr als erwartet mitfeierten, ist ein ermutigendes Signal. Wir sind Nationalpark: Dieses von Stolz durchdrungene Gemeinschaftsgefühl ist bei immer mehr Menschen spürbar. 

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Die Kritiker und Gegner leisten anders als bei der Windkraft allenfalls noch passiven Widerstand. Ein Zeichen für die steigende Identifikation ist auch, dass die am Schutzgebiet gelegenen Orte ganz heiß darauf sind, Nationalpark-Gemeinde zu werden. Es ist viel in Bewegung. Hinter den Kulissen geht es allerdings noch zu sehr zu wie in einem Taubenschlag: Es fehlt noch die klare Linie – und die große Vision. Das könnte eine Modell-Ökoregion sein.

Man wird sich die Worte der Ministerpräsidentin merken

Viele sind bereit, sich zu engagieren. Aber sie brauchen Unterstützung vom Land. Das Hauptproblem: Es ist (zu) wenig Geld da. Die Verantwortlichen aus der Region werden genau hingehört haben, als Ministerpräsidentin Malu Dreyer beim Festakt versicherte, dass die gesamte Landesregierung hinter dem Mehrgenerationenprojekt steht – und sie zu gegebener Zeit daran erinnern. Allerdings kann ein Nationalpark seine Wirkung ökologisch wie wirtschaftlich nicht auf Knopfdruck entfalten, wie Dreyer zu Recht betonte. Dringlich ist jetzt vor allem ein ÖPNV-Konzept für Besucher – eine große Herausforderung, auch weil dabei die Verkehrskonzepte von zwei Ländern und vier Landkreisen auf einen Nenner gebracht werden müssen.

Landes-CDU macht sich in ihrer Abwehrhaltung unglaubwürdig

Auffällig: Die Landes-CDU machte sich rar. Ihre Abwehrhaltung ist widersprüchlich: Während der Bundestag 2007 mit Stimmen der CDU die Biodiversitätsstrategie zur Erhaltung der Artenvielfalt beschlossen hat – und dazu gehören zwingend Nationalparks -, kämpft die christdemokratische Opposition in Rheinland-Pfalz aus machtpolitischem Kalkül gegen das Schutzgebiet. Noch dazu mit angreifbaren Argumenten: Der Naturschutz brauche keinen Nationalpark, behauptet ihr Vorkämpfer Michael Billen gegen alle naturschutzfachlichen Erkenntnisse. Die CDU macht sich so bei diesem Thema selbst unglaubwürdig. Widersprüchlich wird das Bild auch dadurch, dass viele CDU-Vertreter vor Ort ebenso wie die Saar-CDU das Schutzgebiet begrüßen – und mitfeierten.

So viel positive überregionale Aufmerksamkeit wie am Pfingstwochenende hat die Region, die ansonsten bei Rankings stets ganz hinten landet, wohl noch nie erhalten. Sie spielt jetzt in der Champions League des Naturschutzes mit. Die große Hoffnung ist, dass sich das mit gezielter Regionalentwicklung auch wirtschaftlich positiv auswirkt. Im Soonwald und im Pfälzerwald, die anfangs auf der Poleposition standen, werden sich hingegen inzwischen viele ärgern, eine solche Chance voreilig und leichtfertig vergeben zu haben.