Koblenz. Der 45-Jährige hatte nie eine Freundin – seine einzige Bezugsperson ist seine Mutter. Er lebte völlig zurückgezogen. Aber: Er besaß in Deutschland und Tschechien ein illegales Waffenarsenal – Handgranaten, Maschinenpistolen und Sturmgewehre.
In seiner Wohnung in Koblenz-Neuendorf hortete er rund fünf Kilogramm Schwarzpulver und Plastiksprengstoff. Die Chemikalien lagerten unter anderem in der Küche zwischen Gläsern mit eingekochten Früchten. Laut Gutachtern war dies gefährlich – für den Mann selbst, für seine Mutter und die übrigen Bewohner des Mehrfamilienhauses.
Illegales Arsenal des 45-Jährigen war für Nachbarn gefährlich
Jetzt hat das Landgericht Koblenz den nicht vorbestraften Mann wegen Verstößen gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz, das Waffen- und das Sprengstoffgesetz zu zweieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Der Oberstaatsanwalt hatte drei Jahre Haft gefordert, die Verteidigerin des Mannes eine Bewährungsstrafe. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Montag, 9.15 Uhr: Ein Wachtmeister führt den Angeklagten in Gerichtssaal 108. Der Mann trägt Handschellen, seine Blicke sind schüchtern, seine Schritte unsicher. Er späht von der Anklagebank in den Saal, sucht seine Mutter. Als er sie entdeckt, wirkt er etwas sicherer. Zu Prozessbeginn erklärt seine Anwältin, dass die Anklagevorwürfe zutreffen.
Der Mann kaufte sich zwischen 1989 und 2010 auf Ausstellungen und in Geschäften große Mengen Schwarzpulver und illegale Waffen. Aber warum? Seine Erklärung: „Mir gefällt das. Ich bin Sammler.“ Mit seiner ungewöhnlich hohen Stimme ergänzt er noch: „Waffentechnik und Chemie begeistern mich.“
Der Mann ist völlig auf seine Mutter fixiert. Er lebt seit 45 Jahren mit ihr zusammen. Er hat keinen Schulabschluss, keinen Beruf, verdiente nie eigenes Geld. Er leidet laut dem Direktor des Nette-Guts in Weißenthurm, Wolfram Schumacher-Wandersleb, an einer kombinierten schizoid-abhängigen Persönlichkeitsstörung. Er hat große Schwierigkeiten, Freude, Ärger oder Zuneigung zu zeigen. Und er glaubt, dass über ihm ein Fluch liegt, der sein Leben zerstört hat. Das Gericht stufte den Mann wegen seiner Erkrankung als vermindert schuldfähig ein. Dadurch fiel das Urteil milder aus.
Sprengstoff zwischen Einweckgläsern gelagert
Im Oktober 2010 hatten Polizisten und Feuerwehrleute die 60-Quadratmeter-Wohnung in Neuendorf durchsucht. Das Waffenlager des Mannes war enorm, ebenso das Chaos, in dem er und seine Mutter hausten. Ein Polizeisprecher sagte später: „Alles war von oben bis unten voller Müll.“
Den Großteil der sichergestellten Waffen lagerte der Mann auf einem Bauernhof in Tschechien – darunter vier Panzerabwehrgranaten und ein deutsches Maschinengewehr aus dem Zweiten Weltkrieg.
War der Mann eine Gefahr für die Allgemeinheit? Gutachter Schumacher-Wandersleb verneint das: „Er ist nicht der Typ, der morgen einen Anschlag vorhat.“
Von unserem Redakteur Hartmut Wagner