Skeleton: Beim Weltcuprennen in Winterberg muss die Pilotin aus Brachbach liefern - Vorfreude auf das Heimspiel mit Fans
Keine Zeit zu hadern: Skeleton-Pilotin Lölling muss beim Heimspiel liefern
Drei Rennen, keine Platzierung unter den Top-Acht: Auch wenn die Saison bislang alles andere als wunschgemäß läuft, zieht sich Jacqueline Lölling nicht zurück, sondern stellt sich auch den kritischen Fragen. Foto: BSD/Viesturs Lacis
BSD/Viesturs Lacis

Winterberg/Brachbach. Drei von acht Weltcuprennen liegen hinter Jacqueline Lölling. Ihrem großen Ziel, den Olympischen Winterspielen im Februar in Peking, ist die Skeletonpilotin aus Brachbach aber noch keinen Schritt nähergekommen. Nach einem elften und einem 21. Platz in Innsbruck-Igls und Platz neun in Altenberg kann es heute (ab 14.30 Uhr) auf ihrer Heimbahn in Winterberg eigentlich nur besser werden. Doch der Druck ist groß.

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Vergangene Woche in Altenberg fehlte die Winzigkeit von drei Hundertstelsekunden, um wenigstens Achte zu werden und einen ersten Teil der Olympianorm zu erfüllen. Wer im neuen Eiskanal von Yanqing für Deutschland um Medaillen kämpfen will, muss zuvor im Weltcup dreimal unter die besten Acht kommen oder zweimal aufs Podium fahren. Löllings Teamkollegen Tina Hermann (Achte in Igls, Siegerin in Altenberg) und Hannah Neise (Vierte in Altenberg) sind da schon weiter, während die 26-Jährige weiter wartet, dass auch bei ihr der Knoten platzt.

„Die Enttäuschung war natürlich groß, mal wieder“, sagt Lölling mit Blick zurück auf das Rennen in Altenberg, wo sie im zweiten Lauf noch um eine Position nach hinten rutschte. „Aber ich habe trotzdem versucht, die positiven Dinge rauszuziehen. Ich habe bei der Auswertung gesehen, dass ich in der Bahn abschnittsweise die Schnellste war und mein Start eine bessere Platzierung verhindert hat.“

Es ist diese schwierige Gemengelage, mit der die Silbermedaillengewinnerin der Winterspiele 2018 von Pyeongchang aktuell umgehen muss. Enttäuschung auf der einen Seite und das Wissen, „dass es geht“, wie Lölling findet. „Wenn man mit drei Hundertsteln an einem Baustein für die Quali vorbeischrammt, dann ist das noch mal bitterer und ärgerlich.“ Jetzt gelte es aber, nicht zu lange zu hadern und über die letzten Rennen nachzudenken. „Dazu ist einfach keine Zeit“, betont die Erfolgspilotin der vergangenen Winter. „Jetzt bin ich mit vollem Fokus in Winterberg und versuche auch hier, dass es noch mal besser wird.“

Der große Knackpunkt wird der Start bleiben. Zwar hat Lölling auf der längeren Bahn in Winterberg die Chance, den Rückstand durch ihre fahrerische Klasse wettzumachen. Doch der Abstand zur Spitze war in den ersten drei Rennen größer denn je, weshalb Pilotin und Trainerteam nach dem verpatzten Saisonstart den Entschluss fassten, aktiv gegenzusteuern. Mit Erfolg? „Umstellung und Veränderung machen einen nie direkt schneller“, erklärt Lölling. Sie müsse geduldig sein, wenngleich die Zeit langsam knapp werde. „Da bin ich ehrlich. Jetzt muss was passieren. Trotzdem bin ich noch zuversichtlich und habe ein gutes Gefühl bei dem, was wir machen.“ Am Start habe sie zwar nicht die frischesten Beine, auch aufgrund des erhöhten Trainingspensums, doch sie und ihr Team hätten noch mal alles ausgewertet und an ein paar Schrauben gedreht.

„Hoffentlich wird’s hier besser“, sagt Lölling. Das dürfte auch davon abhängen, wie die bisher stets so erfolgsverwöhnte 26-Jährige mit der Gesamtsituation umgeht. „Natürlich wird man im Kopf nicht entspannter“, sagt sie. „Das ist kein Geheimnis.“ Sie müsse zu ihrer „Lockerheit und Entspanntheit“ kommen, „das ist zusätzlich ein Schlüssel neben meiner Startzeit.“ Vielleicht seien es auch zwei Punkte, die zusammenhängen.

„Wenn der Start nicht besser wird, werde ich nicht lockerer. Wenn ich nicht lockerer werde, wird der Start nicht besser“, mutmaßt Lölling. „Deswegen sind das die Punkte, auf die ich mich konzentriere.“ Wichtig ist vor diesem Hintergrund, dass in Altenberg fahrerisch ein positiver Trend zu erkennen war. Sie habe gesehen, „dass es auf der Bahn klappt, dass mein Material stimmt, dass ich Höchstgeschwindigkeiten fahren kann“, betont die Brachbacherin. „Das ist auf jeden Fall ein gutes Zeichen.“ Dementsprechend groß scheint die Zuversicht zu sein für das anstehende Schlüsselrennen.

„Auf meiner Heimbahn erwarte ich, dass es einen Schritt nach vorne geht, dass ich da entspannt bleibe“, sagt Lölling, die sich nicht nur auf den Eiskanal freut, den sie besser kennt als jeden anderen, sondern auch auf das, was in Winterberg neben der Bahn geschieht. „Ich bin voller Vorfreude, weil ich weiß, dass Fans zugelassen sind und dass sich da innerhalb kurzer Zeit hoffentlich nichts mehr ändern kann“, sagt sie. „Ich freue mich sehr auf heimische Unterstützung, auch wenn sie auf Abstand ist und ich da niemanden nah sehen kann. Das wird man trotzdem ganz deutlich merken und hoffentlich die Anfeuerung am Start spüren.“

Nach mehr als eineinhalb Jahren, in denen die Corona-Pandemie auch den Skeletonsport verändert hat, sei es „ungewohnt, noch mal Zuschauer an der Bahn zu sehen“, meint Lölling zugleich. „Doch dass das genau hier beim Heimweltcup klappt, ist für mich eine sehr, sehr schöne Vorstellung.“ Gute Voraussetzungen also, um im vierten von acht Weltcuprennen dem großen Ziel, den Olympischen Winterspielen im Februar in Peking, endlich einen Schritt näherzukommen.

Von unserem Redakteur Marco Rosbach